Brandschutz im Schnellgang

Problemlöser im Tunnelbau

Deutsches Ingenieurblatt 07-08 / 2022

In den beiden Tunnelröhren der L530 – direkt unter dem Rathaus Lüdenscheid verlaufend – sollte der Brandschutz verbessert und eine neue Betriebstechnik installiert werden. Ein massiver Eingriff in die Verkehrsinfrastruktur der Stadt Lüdenscheid, denn in beiden Richtungen ist die L530 derzeit zu jeder Tages- und Nachtzeit stark frequentiert. Grund hierfür ist die Totalsperre der A 45 bis zur Fertigstellung der sich noch im Bau befindlichen neuen Talbrücke Rahmede. Durch die zweiröhrige Tunnelröhre wird derzeit die A 45-Bedarfsumleitung geführt – eine deutliche zusätzliche Verkehrsbelastung.

Baubeginn war im November 2018. Zu dem Zeitpunkt war dem Bauherrn, dem Landesbetrieb Straßen.NRW (Regionalniederlassung Südwestfalen) noch nicht bekannt, dass alles noch deutlich komplizierter werden würde. Die Gesamtplanung der Sanierung wurde dem Ingenieurbüro IMM Maidl & Maidl – Beratende Ingenieure (Bochum) übertragen. Geplant war, die zwei voneinander getrennten, jeweils zweispurigen Tunnelröhren nacheinander zu sanieren, um den Verkehrsfluss aufrecht zu erhalten. Der Gegenverkehr sollte jeweils über die andere Tunnelröhre umgeleitet werden. Diese massive Verkehrsstörung zeitlich zu minimieren hatte von Beginn an oberste Priorität. Kurz nach Baubeginn, im Mai 2019, bestätigte sich der Verdacht, dass beim Bau der Tunnelröhren asbesthaltige Materialien verwendet worden waren. Asbest fand sich bei einigen Spachtelungen, des Weiteren wurde er als Beton-Abstandshalter sowie für verlorene Schalungen verwendet. In Folge dessen wurden die Tunnelportale verschlossen, der geplante Fertigstellungstermin der südlichen Tunnelröhre für den Sommer 2022 war fortan Makulatur.

Standard und Bestmarke
Einbau von Unterdruckschleusen, Abtrag von asbesthaltigen Materialien, Dekontaminierung: Dies alles sind Standardschritte einer Asbestsanierung und waren zusammen mit dem Entrosten der Bewehrungen beziehungsweise deren kompletten Ersatz die zeitlich umfangreichsten Arbeiten. Für die komplette Brandschutzertüchtigung veranschlagte der Landesbetrieb Straßen.NRW etwa ein Jahr pro Tunnelröhre. Erheblich Zeit wiedergutgemacht werden konnte mit der Applikation des Brandschutzputzes „maxit ip 160“: Gut fünftausend Quadratmeter in knapp vier bis fünf Wochen ist eine beeindruckende Marke.

Nur wenige Putze sind als Tunnelbrandschutz geeignet. Für die Vollbrandphase werden gemäß der Rijkswaterstaat-Kurve extrem hohe Temperaturen von bis zu 1350 °C zu Grunde gelegt und auch die meistens geforderte Feuerwiderstandsdauer von bis zu 3 Stunden ist eine hohe Anforderung, die nur von wenigen Brandschutzputzen erfüllt werden. In Lüdenscheid galt zudem eine Beschränkung der maximalen Temperatur auf der Betonoberfläche von 350 °C. Die Bauverantwortlichen entschieden sich in enger Abstimmung mit der beauftragten Hörnig Bauwerkssanierung GmbH letztlich für den vorgenannten „maxit ip 160“-Brandschutzputz von Maxit.

Ökologische und brandschutztechnische Bestnoten
Der maxit ip 160 ist ein mineralischer Brandschutzputz mit CE-Kennzeichen, bestehend aus Zement, Kalkhydrat, Perlite, Vermiculite und Zuschlagsstoffen. Das für den Brandschutz maßgeblich verantwortliche Vermiculit ist ein eher selten vorkommendes Schichtsilikat aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Auf seine gekrümmte Form als Granulat nimmt der Name direkt Bezug. Er stammt von dem lateinischen Wort ‚vermis‘ ab: Wurm. Als leistungsfähiger Ersatz von Asbest übertreffen Vermiculite dessen Brandschutzfähigkeit deutlich und sind zugleich ökologisch absolut unbedenklich. Maßgeblich für die zu erreichende Begrenzung der Oberflächentemperatur an der Betonoberfläche ist in hohem Maße auch die aufgebrachte Putzstärke. Hier hat man mit dem ip 160 alle Optionen: Denn ab einer einlagigen Schichtstärke von 5 mm kann dieser in mehreren Lagen bis zu einer Stärke von 40 mm problemlos mehrlagig aufgebracht werden. Dies war auch eines der ausschlaggebenden Argumente für dieses Putzsystem. Bis zu 40 mm wurden im Spritzputzverfahren aufgetragen. Die ausreichende Haftung am Putzgrund gemäß DIN 18550 beziehungsweise DIN 4102-4 wird beim Brandschutzputz ip 160 über eine mineralische Haftbrücke, den „maxit multi 280“, gewährleistet. Für Tunnelbauten gelten auf Grund der extrem hohen Brandlasten und Sicherheitsaspekte zusätzliche Regelungen. Maßgeblich – auch in Deutschland – ist die Richtlinie für „Schutzschichten für den erhöhten Brandschutz für unterirdische Bauwerke“ von der ÖBV (Österreichische Bautechnik Vereinigung). Dieser Richtlinie zufolge muss im Deckenbereich ab einer gewissen Schichtstärke zusätzlich eine Bewehrung angebracht werden. In Lüdenscheid wurde dementsprechend ergänzend zur Haftbrücke eine 50 x 50 mm Edelstahlbewehrung als Putzträger integriert.

In einem Arbeitsgang
Vom Vorteil für den mehrlagigen Aufbau von 40 mm war, dass beim ip 160 die Schichten sehr schnell ansteifen, sodass weitere Lagen noch am gleichen Tag aufgetragen werden konnten. Alle Sanierabschnitte einschließlich des Filzens wurden jeweils an einem Tag komplett fertiggestellt. Das Einsparen von zusätzlichen Rüstzeiten reduzierte die Kosten erheblich und beschleunigte den Arbeitsprozess deutlich. Dies waren zwei wesentliche Anforderungen seitens des Bauträgers.

Besonders vorteilhaft für die Brandschutzsanierung des Tunnels in Lüdenscheid war das geringe Gewicht beziehungsweise die Masse des ip 160. Eine geringe Masse reduziert die Wärmeleitfähigkeit des Brandschutzputzes deutlich, bei gleichzeitig geringem Gewicht der Deckenschale. In Brandschutzprüfungen der MFPA Leipzig wurden hierzu Beton-Äquivalenzwerte ermittelt: So ersetzt der „maxit ip 160" bei einer Putzdicke von 40 Millimetern und einer Brandbeanspruchung von 240 Minuten insgesamt 14,4 Zentimeter des deutlich schwereren Betons. Dünnwandig und den Konturen folgend, werden durch die Applikation des ip 160 Brandschutzputzes die ursprünglichen Raumgeometrien beziehungsweise hier der Tunnelquerschnitt, auf Grund der dünnen Schale kaum verändert.

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