„Es gibt keine Alternative zur Digitalisierung. Auch nicht auf dem Bau.”1 – Ungeklärt bei dieser Aussage ist, wie sich die Digitalisierung in der Bauausführung entwickeln kann und welche Auswirkungen sie auf Faktoren wie die Produktivität hat. An diesem Punkt setzt deshalb die Entwicklung eines Modells zur Untersuchung der Wirkungsweise der Digitalisierung auf die Produktivitätssteigerung in der Bauausführung von Großprojekten an, welche durch eine wissenschaftlichen Studie vorgenommen wurde. Im folgenden Artikel werden zum einen die Entwicklung sowie die Aussagekraft des Modells beschrieben. Zum anderen finden die Hemmnisse einer Digitalisierung in der Bauausführung genauere Betrachtung.
Die Digitalisierung ist ein allgegenwärtiges Thema in allen Branchen und Bereichen des sozialen Lebens. Nach Einschätzung von Industrieunternehmen, die zum Einfluss des technologischen Fortschritts befragt wurden, wirkt sich diese insbesondere auf eine Steigerung der Produktivität und Senkung der Betriebskosten aus. Betrachtet man die Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigem im Baugewerbe, so ist diese in den vergangenen zehn Jahren um 2,3 % gestiegen.
Demgegenüber steht eine Steigerung von 5,2 % im verarbeitenden Gewerbe und sogar 6,7 % improduzierenden Gewerbe. Entsprechend lässt sich daraus ein Handlungsbedarf in der Bauausführung ableiten, was auch laut einer Umfrage von GfK Enigma von 82 % der befragten Unternehmen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit für notwendig erachtet wird.
Ein erster Schritt stellt die unter dem Akronym BIM (Building Information Modeling) bekannt gewordene, software gestützte Methode zur Optimierung der Planung und Ausführung dar. Jedoch ist die Branche trotz hoher Erwartungen an die Veränderung aktuell noch weit von einer durchgängigen Umsetzung in der Planung von Projekten entfernt. Wie bereits vielfach beschrieben, stellt BIM in der Planung vereinfacht dargestellt eine digitale Abbildung des Projekts mit großer Informationstiefe dar. Erst auf dieser Basis ist eine weitere Verwendung der digitalen Daten in der Bauausführung sinnvoll. Grund dafür sind die Einsatzfelder einer visuellen Unterstützung und die Automatisierung von Arbeitsabläufen in der Produktion, welche auf Informationen aus dem 3D-Modell aufbauen und diese weiterverarbeiten.
Besonderheiten in der Bauausführung
Die Baustellenfertigung hat Prozessstrukturen, die sich von der stationären Industrie unterscheiden, weshalb ein direkter Vergleich und Übertrag der Digitalisierung zur Effizienzsteigerung nicht möglich ist. Gegenüber einem weitestgehend standardisierten, durchgängigen Prozess, der sich von der Entwicklung bis zur Fertigung erstreckt, ist die Bauausführung sehr kleinteilig organisiert. Neben einer Trennung von Planung und Ausführung erfolgt zumeist eine getrennte Beauftragung einzelner Leistungen in der Produktion. Dies ist zum einen auf die Spezialisierung der Unternehmen als auch die überwiegende Unikatfertigung von Bauobjekten zurückzuführen. Dadurch ergibt sich bereits bei einer einzelnen Projektrealisierung eine Vielzahl von beteiligten Unternehmen. Die Komplexität der Schnittstellen sowie die damit verbundene Koordination werden schematisch in Abbildung 1 gezeigt.
Die kleinteilige Struktur stellt ein Hemmnis für die Entwicklung in der Branche dar. Eine fachliche Trennung ist historisch entstanden und hat durch die zunehmende Verkürzung der Projektlaufzeit zugenommen. Bei Großprojekten ergeben sich dadurch meist über 50 verschiedene Auftragnehmer, deren Zusammensetzung bei jedem Bauprojekt unterschiedlich ist.
Diese Vielzahl von Schnittstellen stellt ein schwieriges Umfeld für Richtlinien, Daten und Prozessstandards dar, die in Verbindung mit neuen Technologien erforderlich sind.
Der zweite hemmende Umstand entsteht durch die wichtige Trennung von Planung und Ausführung, welche durch die Vergabeordnung für Bauleistungen vorgegeben ist und dem Bauherrn eine neutrale Beratung bei der Realisierung des Projekts ermöglichen soll.6 Dieses Vorgehen hat sich zur Risikominimierung und wirtschaftlichen Projektrealisierung bewährt, beinhaltet jedoch auf der anderen Seite Hürden in Verbindung mit der Digitalisierung.
Zum einen gibt es durch die Trennung Informationsverluste zwischen den einzelnen Phasen (Abbildung 2). Diese entstehen beispielsweise beim Übergang von Medienträgern oder mangelndem Informationsverhalten der eingebundenen Personen, was in der stationären Industrie nicht in diesem Umfang vorkommt. Zum anderen erschwert die Trennung in gewissem Maß eine optimierte Ausführungsvariante dort, wo Rückmeldungen zur Planung kaum möglich sind. Dieser Nachteil erstreckt sich im Weiteren auf Innovationen, welche zumeist nicht über ein Bauprojekt hinaus strategisch genutzt werden.
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