Liebe Leserinnen und Leser,
„Berlin und Bauplanung“, so schrieb kürzlich ein Kollege einer großen Tageszeitung, „passt zusammen wie Currywurst und Champagner“. Überhaupt vergeht keine Woche, in der nicht neue Überlegungen angestellt werden, wer an welcher Stelle Fehler gemacht hat. Unterm Strich waren es dann meist „die Politiker“ oder „die Planer“. So einfach es mit den Schuldzuweisungen ist, so kompliziert ist der tatsächliche Sachverhalt. Selbst Ingenieure, die mit den Schwierigkeiten und unerwarteten Problemen an Bauprojekten vertraut sind, tun sich schwer mit einer klaren Beurteilung.
In dieser Ausgabe des DIB beschreibt der Präsident der Berliner Baukammer, Dr.-Ing. Jens Karstedt, am Beispiel des BER, welche Faktoren Probleme bei großen Infrastrukturmaßnahmen begünstigen. Das Manuskript einer bislang nicht gehaltenen Rede, in dieser Ausgabe als Artikel überarbeitet, verzichtet auf Schuldzuweisungen und Spekulationen. Es enthält aber einen deutlichen Appell an seine Kollegen, politischer zu werden.
Das deckt sich mit der Aussage des Bundeskammerpräsidenten Hans-Ullrich Kammeyer, der beim Parlamentarischen Abend der BIngK die Zurückhaltung der Ingenieure in der Politik thematisierte. So streitbar Ingenieure in der Sache sein können, so freundlich sind sie häufig im Umgang mit politischen Entscheidungsträgern. Gut vorstellbar, dass Termine mit Ingenieuren gerne wahrgenommen werden, denn Eskalation braucht keiner zu fürchten. Die spontane Reaktion auf eine für den Berufsstand unbefriedigende Nachricht war auch im Februar erst einmal sehr ruhig. Sachlich wurde danach beim Parlamentarischen Abend über die neuste Entwicklung in Sachen HOAI mit Politikern und Mitarbeitern der Ministerien gesprochen. Damit ist das Thema für die Ingenieure aber nicht abgeschlossen, sie werden den Dialog fortsetzen. Die Ingenieure sind sich der Bedeutung des Berufsstandes für die wirtschaftliche und politische Entwicklung des Landes durchaus bewusst. Sie können ihr Engagement selbstsicher ausweiten. Und unsere Gesellschaft ist auch darauf angewiesen, dass Ingenieure sie aktiv politisch mitgestalten.
Susanne Klingebiel-Scherf
sks@deutsches-ingenieurblatt.de
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