Ein offenes Haus, das die Vergangenheit bewahrt, aber auch zur Begegnung einlädt – das war die Grundidee für das neue Stadtarchiv in Oberviechtach. Umgesetzt wurde es als monolithische, aus Leichtbeton gegossene Skulptur. Sie bietet ideale konservatorische Bedingungen für die Archivierung, greift bewusst die örtliche Architektursprache auf und ist ein lebendiger Teil der Stadt.
Stadtarchive spielen im Leben der Stadt und ihrer Einwohner oft nur eine untergeordnete Rolle. Dass das auch ganz anders geht, zeigt das neue Stadtarchiv im oberpfälzischen Oberviechtach: Es ist als interaktives und dynamisches Haus konzipiert, das einerseits die Historie und die Erinnerungen der Menschen speichert, andererseits gezielt zur Wissensvermittlung beiträgt. „Das neue Archiv sollte ein schützendes und offenes Haus zugleich sein, das die Vergangenheit bewahrt, gleichzeitig die Bürger und Besucher aber auch einlädt“, erläutert Peter Brückner von Brückner & Brückner Architekten, die Anfang 2018 mit dem neuen Stadtarchiv beauftragt wurden.
Blähton dämmt, speichert und reguliert
So wegweisend wie das Konzept des Stadtarchivs ist auch die baulich-materielle Ausformung des Gebäudes – mit 50 Zentimeter starken Außenwänden aus Leichtbeton: „Es ist eine monolithische, aus Liapor-Leichtbeton gegossene Skulptur“, macht Brückner deutlich. Der besondere Baustoff übernimmt dabei gleich mehrere Aufgaben. So schützt die große Masse der Außenhülle das Innere und sorgt für die erforderliche Wärmedämmung des Gebäudes. Verantwortlich dafür sind die im Leichtbeton enthaltenen Liapor-Blähtonkugeln und insbesondere ihr luftporendurchsetztes Inneres. Dadurch wirkt das Material sowohl hochwärmedämmend als auch wärmespeichernd. Gleichzeitig gewährleistet die Außenhülle auch einen stabilen, homogenen Temperatur- und Feuchtehaushalt und bietet damit die besten Voraussetzungen für die zukunftssichere Lagerung der Archivalien. Auch dieser Vorteil geht zurück auf die Blähtonkugeln: Sie können Wasserdampf aufnehmen und wieder abgeben, regulieren so die Luftfeuchtigkeit und sorgen für ein stets ausgeglichenes Raumklima.
Holz im Stein
Äußerlich orientiert sich das Stadtarchiv Oberviechtach an den vielen im Stadtbild allgegenwärtigen hölzernen Scheunen, die ihrerseits ja selbst Speicher- und Lagerorte für unterschiedlichste Güter darstellen. Auch an der Stelle des Stadtarchivs stand ein derartiges Gebäude, dessen Geometrie und Volumen sich im Neubau widerspiegeln. Übernommen wurde auch die typische Holzstruktur der Scheunenflächen. Und für diese Fassadengestaltung bot der verwendete Leichtbeton ebenfalls gute Voraussetzungen. Zum Einsatz kam eine Holzschalung aus unterschiedlich dimensionierten Brettern, die sich in Länge und Breite an die örtlichen Stadel anlehnen. Die Brettstruktur zeichnet sich heute in der hellen Fassade des Archivs deutlich sichtbar ab.
Zufrieden mit dem Baustoff
Insgesamt wurden für das Stadtarchiv Oberviechtach rund 250 Kubikmeter eines LC12/13 verbaut. „Die Umsetzung der Leichtbetonhülle erforderte viel Planungsdisziplin. Auch die Betonage mit den vertikal und horizontal versetzten Schalbrettern war herausfordernd, verlief aber dank der großen Kompetenzen aller Beteiligten problemlos. Wir sind sehr zufrieden mit dem Baustoff“, so das Fazit des Planers. So konnte nach knapp dreijähriger Bauzeit das Stadtarchiv im März 2021 feierlich eröffnet werden und bildet seitdem einen ganz besonderen Ort der Geschichte und der Begegnung.