Die Caspar-Voght-Schule in Rellingen stellte mit Grund- und Gemeinschaftsschule sowie den über die Zeit entstandenen Gebäudeteilen ein nicht zusammenhängendes Konglomerat unterschiedlicher Baukörper ohne zentrales Herzstück dar. Mit Einführung der gymnasialen Oberstufe und der daraus resultierenden Notwendigkeit einer Erweiterung nutzte die Stadt Rellingen die Chance, die bestehenden Gebäude zu modernisieren und über ein neues Zentrum zu einer modernen Lernlandschaft zusammenzuführen.
Das Selbstverständnis der Caspar-Voght-Schule ist von der Vorstellung geprägt, „eine Schule für alle“ zu sein. Sowohl die Gebäudestruktur als auch die fehlende Adressbildung spiegelten diesen Gedanken nicht wider. Und so hatten die Erweiterungs- und Modernisierungsmaßnahmen als übergeordnetes Ziel, dem Verständnis von Schülerinnen und Schülern sowie des Kollegiums als eine Einheit auch architektonisch Ausdruck zu verleihen.
Dabei sollten einzelne Schulbereiche weiterhin klar gegliedert sein.
Neues Gesicht, klare Adressbildung
Um dem kontextuellen Anspruch gerecht zu werden, erfolgte die Ergänzung und damit Fortführung des bestehenden dreigeschossigen Klassentrakts um einen Kopfbau. Der eingeschossige Bestandsbau wurde um die gleiche Tiefe zur Aufnahme der neuen Aula als gemeinsamer Eingangsbereich erweitert und in der Verlängerung ein dreigeschossiger Gebäuderiegel errichtet. Dieser nimmt die Schulverwaltung sowie die Unterrichtsräume der Oberstufe auf. Straßenbegleitend angeordnet, verleiht dieser Riegel der Schule entlang des Schulwegs ein neues Gesicht und erzielt die vorher fehlende klare Adressbildung.
Nicht nur in Höhe und Dimensionierung orientieren sich die neuen Gebäude am Bestand, sondern auch in ihrer äußeren Erscheinung. Rotes Klinkermauerwerk prägt das Erscheinungsbild und steht für die Werthaltigkeit des Gebäudes. Fensterbänder mit anthrazitfarbenen Blindfeldern gliedern die neuen Baukörper im Rhythmus der Geschosse. Über Filtermauerwerk im Bereich der Treppenhausfenster – ein Thema, das als Klinkerkunst an anderen Stellen der Fassade wieder aufgenommen wird – werden weitere Akzente im Fassadenbild gesetzt.
Neues Herzstück, flexibel und multifunktional
Der neue, lichtdurchflutete Eingangsbereich beherbergt das neue Herzstück des Schulensembles, die Aula. Sie ermöglicht als Verteilzone den Zugang zu allen Schulbereichen. Darüber hinaus dient sie mit einer Bühne der Abhaltung interner Veranstaltung, steht überdies der Gemeinde für externe Events zur Verfügung. Belichtet wird die Aula über ein Membrandach. Die individuell geplante und realisierte Konstruktion besteht aus gebogenen Stahlrohren, zwischen denen sechs 4-lagige, aufgeblasene EFTE-Folienkissen spannen, und überdeckt einen Bereich von 8 x 18 Metern. Akzentuiert eingesetzte hölzerne Akustikverkleidungen, Holzparkett im Bühnenbereich sowie vereinzelte Sitzbänke aus Eichenholz im Bühnenvorbereich setzen warme Akzente im zentralen Schulbereich.
Hier sorgt das großzügige Dachelement (überspannte Fläche von 8,5 m x 18,25 m) für eine optimale Belichtung. Es besteht aus sechs rechteckigen pneumatischen Elementen, als Mehrkammersystem realisiert. Mit einem Aluminiumklemmprofil sind diese thermisch getrennt am Stahl-Primärtragwerk befestigt. Die Druckluftsammelleitung wird konstruktiv in der Fußpunktlinie der Tagkonstruktion geführt. Von dort werden die Drei-Kammer-Kissen (vier Folienlagen) mittels Flexschläuchen mit Luft versorgt. Einen sommerlichen Wärmeschutz gewährleistet eine dichte Bedruckung mit silbernen Hexagonen. Das Tragwerk besteht aus sieben U-Stahlrohrrahmen aus gebogenem Stahlrohr. Auf die ursprünglich geplanten Druckstäbe wurde durch den Einsatz von Stahlrohrverbindungen in den Rahmenecken verzichtet. Am Haupttragwerk dienen Ösen zur möglichen Nachrüstung einer Verdunklungsanlage. Ferner wurde eine Rauch- und Wärmeabzugsanlage integriert. Der Wärmeabzug ist programmierbar und durch Schlüsselschalter in der Aula aktivierbar. Ein Stützluftgebläse befindet sich auf dem Flachdach. Die Verkleidung des Fassadensockels erfolgte mit 200 mm starken Dämmpaneelen, innen weiß, außen in der Farbe Anthrazit.
Lernfördernd, atmosphärisch und bedürfnisorientiert
Im Zuge der Erweiterungsmaßnahmen wurden auch die Fachräume der Gemeinschaftsschule baulich und technisch modernisiert, teilweise auch neu arrangiert, und Maßnahmen zur Verbesserung der pädagogischen Arbeit in der Grundschule ergriffen. Ziel der umfangreichen Sanierungsmaßnahmen war es auch hier, eine Umgebung zu schaffen, die den pädagogischen Zielstellungen – auch vor dem Hintergrund sich verändernder Lehr- und Lernkonzepte – entspricht und über viele Jahre Bestand hat.
Das ursprüngliche Entwurfskonzept hat sich über die gesamte Planungs- und Bauphase als robust und auch den geänderten Anforderungen während des Planungsfortschritts gewachsen erwiesen. So konnte das vorgeschlagen Gebäudeensemble auch die deutliche Erhöhung der Mensa-Kapazitäten und den Tausch eines ganzen Geschosses in der Zuordnung der Nutzungen kompensieren.
Die Erweiterungs- und Modernisierungsmaßnahmen der Caspar-Voght-Schule stellten das größte Bauprojekt der Gemeinde Rellingen der vergangenen Jahrzehnte dar.