Beim Planen von Strategieworkshops für ihr Unternehmen sollten Mitarbeiter sehr sorgfältig und strukturiert vorgehen – unter anderem, weil die Erwartungen der Teilnehmer an solche Workshops meist verschieden sind.
Die Strategieentwicklung gilt als die Königsdisziplin der Unternehmensführung – entsprechend hoch und vielfältig sind in der Regel die Erwartungen an einen Strategieworkshop. Deshalb läuft derjenige, der mit der Vorbereitung und Durchführung eines solchen Workshops betraut wird, Gefahr, zum „Insecure Overachiever“, also unsicheren Überleister, zu werden – wenn er zum Beispiel den Anlass beziehungsweise Grund sowie das Ziel des angedachten Strategieworkshops nicht kennt.
Meist ist der Anlass für einen Strategieworkshop, dass mehrere Entscheider im Top- Management eines Unternehmens – zum Beispiel aufgrund gewisser Markt- oder Unternehmensdaten oder technologischer Entwicklungen – das diffuse Gefühl haben: „Wir müssen etwas tun bzw. verändern, damit wir mittel- und langfristig den gewünschten Erfolg haben.“ Doch unklar ist ihnen, was getan werden muss, weshalb sie nicht unmittelbar zur Maßnahmenplanung übergehen, sondern zunächst einen Strategieworkshop anberaumen.
Warum soll der Workshop stattfinden?
Hierfür kann es vier Gründe geben.
Grund 1: Das Unternehmen hat keine Strategie aus der sich eine Maßnahmenplanung ableiten ließe.
In diesem Fall steht eine konstituierende Strategiearbeit an. Sie besteht in der Regel daraus, dass zunächst eine Vision für das Unternehmen entwickelt wird, nebst konkreten Entwicklungszielen. Hieraus kann dann die Strategie abgeleitet werden. Darauf aufbauend kann die strategische (Maßnahmen-)Planung erfolgen.
Grund 2: Die bestehende Strategie soll überprüft und gegebenenfalls modifiziert werden.
Solche Reviews sind in vielen Unternehmen ein fester Bestandteil des strategischen Planungsprozesses. In ihnen wird in der Regel die Stimmigkeit der Kausalkette „Strategie – Zieldefinition – Aktivität – Ergebnis“ überprüft. Die Reviews sind also fokussiert auf die Erfolgskontrolle, um anhand des ermittelten Erfüllungsgrads die weitere Strategieumsetzung steuern zu können. Bleibt beispielsweise das Ergebnis trotz erfüllter Aktivitäten hinter den Erwartungen zurück, wird – abhängig von den Ursachen – entweder
- die Strategie nachgebessert oder gar neu formuliert oder
- die Zieldefinition verändert oder
- der Aktivitätenplan überdacht.
Grund 3: Die aktuelle Strategie soll weiterentwickelt werden.
Das Weiterentwickeln einer Strategie ist typischerweise eine Reaktion auf aktuelle oder prognostizierte Ereignisse im Unternehmensumfeld Es geht dabei oft um neue Produkte und Dienstleistungen oder Vertriebskanäle und Akquisitionen innerhalb des aktuellen Geschäftsmodells.
In diesem Fall stehen grundlegende Entscheidungen an: Strategische Hypothesen – zum Beispiel über die Marktentwicklung oder technische Entwicklung – werden durch Analysen und Expertenmeinungen gestützt oder verworfen, um hierauf basierend die nötigen Entscheidungen zu treffen. Voraussetzung hierfür ist das Beschaffen und professionelle Aufbereiten belastbarer Daten und Informationen und das Vermitteln von Entscheidungssicherheit in einer unsicheren Situation.
Grund 4: Es geht überhaupt nicht um die Strategie.
Diese Situation ist besonders häufig, wenn die Betriebsergebnisse rückläufig sind und/ oder die Entscheider das diffuse Gefühl haben: „In unserer Organisation läuft etwas grundsätzlich schief.“ Dann wird schnell davon gesprochen, man brauche eine (neue) rategie, wie man zum Beispiel „die Gewinnmarge wieder steigern“ oder „... mit der Digitalisierung umgehen“ könne. Doch eigentlich sind die Akteure nur auf der Suche nach einer schnellen Lösung für ein nur bedingtverstandenes Problem – um zum Beispiel in naher Zukunft bei den Eignern des Unternehmens nicht selbst am Pranger zu stehen. Dann werden im Hauruck-Verfahren oft Aktivitäten, Initiativen oder Projekte aufgesetzt, die „nebenbei“ erledigt werden sollen. Faktisch soll sich im Unternehmen jedoch wenig ändern.
Den konkreten Auftrag klären
Sobald der Grund für einen angedachten Strategie-Workshop bekannt ist, kann eine strukturierte Auftragsklärung erfolgen. Leitfragen hierfür sind unter anderem: Ziel der Veranstaltung
- Welche Ziel-/Interessengruppen gilt es zu bedenken?
- Welches Signal soll gesendet werden?
- Welches Ergebnis ist erreichbar, plausibel und relevant?
Gesetzter Rahmen
- Welche Personen sollten eingeladen werden?
- Wann soll der Strategieworkshop stattfinden?
- Welche Datenbasis muss beim Workshop vorliegen?
- Welche Aktivitäten sind hierfür intern oder extern nötig?
- Wie kommt es zur Budgetierung, Freigabe der dadurch anfallenden Aktivitäten und Kosten?
Notwendige Abstimmungen
- Wer muss im Vorfeld in die Planung eingebunden werden?
- Welche Erwartungen haben die avisierten Teilnehmer an den Workshop?
- Wie läuft die Kommunikation zu den Beteiligten, die nicht am Workshop teilnehmen?
Den Strategieprozess öffnen?
Die Tragfähigkeit strategischer Entscheidungen hängt stark von der Qualität der zugrundeliegenden Informationen und Denkmodelle ab. Das bedeutet: Die Workshop-Planer sollten über den Tellerrand hinaus schauen und – sofern möglich – den Strategieentwicklungsprozess an bestimmten Stellen für Einflüsse von außen öffnen. Dies beginnt in der igenen Organisation, indem man nicht nur Leute beteiligt, die per Funktion oder politischer Bedeutung involviert werden müssen.
Fragen Sie sich: Welche Personen sollten am Workshop teilnehmen, damit die angestrebten Ziele erreicht werden?
Meist empfiehlt es sich in den mit der Strategieentwicklung verbundenen Meinungsbildungs- und Entscheidungsfindungsprozess folgende Personengruppen mehr oder minder stark einzubinden:
- Entscheider – also die Personen, die in der Organisation letztendlich qua Funktion das Sagen haben,
- Wissensträger – also die Personen in der Organisation, die bezogen auf die Fragen, die bei der Strategieentwicklung tangiert werden, ein fundiertes Fach- und Erfahrungswissen haben (zum Beispiel bezogen auf die Bedürfnisse der Zielkunden, vorhandene T-Struktur, usw.),
- Experten – also externe Berater, die zum Beispiel ein fundiertes Know-how über die (voraussichtliche) künftige technologische Entwicklung und/oder Marktentwicklung haben,
- Multiplikatoren – also die Personen in der eigenen Organisation, die, nachdem die strategischen Entscheidungen getroffen und verkündet sind, diese zum Beispiel im Betriebsalltag an die Mitarbeiter kommunizieren und diese als Mitstreiter gewinnen müssen.
Unternehmen verfahren oft – gerade wenn strategische Entscheidungen aufgrund von Versäumnissen in der Vergangenheit getroffen werden müssen – nach der Maxime der Geheimhaltung. Dann werden häufig Berater damit beauftragt, fehlende Perspektiven, Wissen oder Methoden unter Wahrung der Verschwiegenheit einzubringen, um Mängel zu beheben. Dies ist zwar sinnvoll. Keinesfalls sollten die Entscheider jedoch vergessen, Vertreter der eigenen Organisation in die Strategiearbeit einzubinden, da sie – anders als externe Experten beziehungsweise Berater – die Stärken und Schwächen des Unternehmens zum Beispiel im Bereich Innovation, Kundenorientierung und Produktentwicklung kennen. Zudem tragen beispielsweise die Wissensträger in der Organisation die strategischen Entscheidungen viel stärker mit, wenn Vertreter von ihnen in den Prozess involviert waren.
Neutrale Workshop-Moderatoren engagieren?
Nahezu unverzichtbar sind neutrale, externe Berater jedoch, wenn es um das Moderieren des Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesses geht, der allen strategischen Entscheidungen zugrunde liegt. Denn aufgrund ihrer beruflichen Biografie und Funktion in der Organisation haben die Personen, die an den Strategieworkshops teilnehmen, meist eine unterschiedliche Sicht auf das Problem. Das heißt, sie schätzen das, was nötig, sinnvoll und zielführend ist, unterschiedlich ein, weshalb sie auch zu unterschiedlichen Schlüssen gelangen. Entsprechend wichtig ist eine neutrale Person, die den Meinungsbildungsund Entscheidungsprozess moderiert, so dass an dessen Ende strategische Entscheidungen stehen, die von allen Beteiligten, soweit möglich, mitgetragen werden – selbst wenn das Top-Management letztendlich das Sagen hat.