Ältere Menschen haben es oft schwerer als die jüngere Generation, sich in einer Stadt selbständig und sicher zu bewegen. Sie haben besondere Bedürfnisse und sind in vielerlei Hinsicht eingeschränkt: Das Sehund Hörvermögen lassen nach, weite Wege zurückzulegen und sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden, wird zunehmend anstrengend. Für die Teilhabe am sozialen Leben ist die Mobilität im Alter daher ein wesentlicher Faktor. Vom Einstieg in öffentliche Verkehrsmittel über die Verfügbarkeit geeigneter Plätze in den Fahrzeugen bis hin zum Ausstieg und der Orientierung am Zielort sind mobilitätseingeschränkte Menschen Herausforderungen ausgesetzt. Mithilfe technischer Lösungen, die eine motorische und sensorische Erleichterung für ältere Menschen darstellen, möchte das Projekt UrbanLife+ diesen besonderen Anforderungen gerecht werden.
Zusammenarbeit für lebenswerte Stadtquartiere
Das 6,2-Millionen-Euro-Projekt ist aus dem Wettbewerb „Innovationen für Kommunen und Regionen im demografischen Wandel“ (InnovaKomm) entstanden und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Verschiedene Projektpartner aus Wissenschaft, Sozialwesen, Wirtschaft und Verwaltung arbeiten seit November 2015 an der Realisierung von Urban- Life+. Neben den Universitäten Hohenheim, Leipzig und der Universität der Bundeswehr München sind die Sozial-Holding Mönchengladbach sowie das Projektmanagement und Beratungsunternehmen Drees & Sommer am Forschungsvorhaben beteiligt. Gemeinsam entwickeln sie digitale Lösungen, die älteren Menschen die Teilnahme am alltäglichen Leben im öffentlichen Raum erleichtern sollen. Was abstrakt klingt, beinhaltet ganz konkrete Ideen: Es geht um Ampeln, die ihre Grünphase bei Bedarf verlängern und Sitzbänke, die sich den Anforderungen von Senioren individuell anpassen und schnell erreichbar sind. Sogenannte Informationsstrahler geben älteren Menschen Informationen und Orientierung. Straßenlaternen passen ihre Beleuchtung dem Sehvermögen der Passanten an und Sensoren weisen auf Gefahren an Straßenübergängen und Kreuzungen hin. Als Pilotvorhaben dienen zwei Stadtquartiere in Mönchengladbach.
Zusammenspiel von Mensch und Technik
Mithilfe von Mensch-Technik-Interaktion (MTI) sollen sich die Senioren dort künftig sicher und barrierefrei in der Stadt bewegen können. Um passende MTI-Lösungen zu entwickeln, analysierten Projektpartner bereits verschiedene Daten und Informationen über städtebauliche Objekte und verschafften sich einen genauen Überblick über das Stadtmobiliar. Mittels GIS-Systemen (Geographical Information Systems) erfassten die Drees & Sommer-Entwicklungsmanager beispielsweise alle Straßenlaternen und Sitzbänke in den Mönchengladbacher Stadtquartieren mit ihren Geokoordinaten sowie bestimmten Merkmalen: Wie hoch ist die Sitzhöhe der Bank? Hat sie eine Lehne? Wie viele Leute finden darauf Platz? Mittels Scantechnik wurden die Quartiere digital vermessen. Auch typische Wegenetzwerke im öffentlichen Raum – vom Seniorenheim zum nächsten Bäcker oder Arzt etwa – haben die Berater analysiert und dargestellt. Damit können die Partner aus Forschung und Entwicklung weiterarbeiten.
Safety-Atlas als Leitfaden für künftige Stadtquartiere
Aus all den im Rahmen des Projekts gewonnen Daten ist eine große Datenbank entstanden. Die darin gespeicherten Informationen werden unter anderem zur Erstellung von Geländemodellen genutzt. Sie geben wichtige Hinweise auf die Barrierefreiheit der öffentlichen Wege und dienen als Grundlage für die Weiterentwicklung der Stadtmobiliare. UrbanLife+ ist auf fünf Jahre angelegt. Am Ende soll neben den Prototypen für anpassungsfähige Beleuchtungen und Sitzbänke ein von Drees & Sommer erstellter Safety-Atlas entstehen. Er wird Stadtplanern und MTIEntwicklern zeigen, wie sie Stadtquartiere im Zuge des demografischen Wandels gestalten können. Denn mit dem Abschluss des Projekts Ende 2020 sollen nach Mönchengladbach auch viele weitere Städte von dem Forschungsprojekt am Niederrhein profitieren, um älteren Menschen den Alltag im öffentlichen Raum zu erleichtern.