Mit der Einführung der digitalen Planungsmethode BIM im Büro des Bauingenieurs, Fachplaners oder im Architekturbüro eines Projektarchitekten stehen alle Planungspartner vor neuen Aufgaben. Denn die Implementierung von BIM erfordert einerseits veränderte Arbeitsprozesse und andererseits eine offene Kommunikation und Zusammenarbeit wichtiger Partner wie Projektentwickler, Bauherr, Fachingenieur oder Projektarchitekt. Deren Kollaboration ist wichtig für ein erfolgreiches Projekt, das von BIM-Koordinatoren und BIM-Managern strukturiert, koordiniert und gesteuert wird.
Deutschland ist, anders als oft behauptet, mit der Einführung digitaler Planungsmethoden keineswegs „hinten an“. Denn gern wird bei diesem pauschalen Urteil übersehen, dass der Planungs- und Bausektor bei uns stark segmentiert ist und historisch bedingt äußerst heterogen – anders als beispielsweise in UK oder Skandinavien, wo Planungs- und Bauleistungen seit jeher oft über Generalunternehmer und in deren Planungsabteilungen abgewickelt werden. Vor allem die Umsetzung eines Projekts als Closed BIM-Planung (alle Planer greifen auf eine Softwarefamilie zurück und nutzen nur diese im Planungsprozess) ist unter diesen Umständen schnell möglich – wenn auch nicht mehr zeitgemäß. Aktuelle Entwicklungen im globalen Maßstab gehen verstärkt in Richtung Open BIM, das für einen offenen Planungsprozess steht und jedem Planungspartner unter anderem maximale Freiheit beim Einsatz der eigenen Softwarelösungen gibt.
Der BIM-Manager als Gesamtkoordinator
BIM bietet die Chance und Notwendigkeit – ausgehend vom Status quo – andere Wege in der Planung zu gehen. Wichtige Komponenten für jedes erfolgreich durchgeführte Projekt sind hierbei die klare Zuordnung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten bei den Planern und die Kenntnis des Gesamtprozesses sowie klare Zielvorgaben durch den Auftraggeber. Das ist nicht neu. Allerdings jedoch die damit verbundenen Aufgaben. Neben den jeweiligen Projekt-Teams mit deren Projektleitern auf der Seite des Fachplaners, der Ingenieure und Architekten, kommt im BIM-Prozess der BIM-Koordinator und BIM-Manager hinzu. Die Aufgabenfelder dieser beiden relativ neuen Berufsfelder „überlappen“ sich in verschiedenen Bereichen. In der BIM-Planungslandschaft gibt es darüber hinaus erprobte und erfolgreiche Szenarien, in denen die Planungspartner bereits gut zusammenarbeiten (Abb. 2).
Jörg Benning ist strategisch als BIM-Manager im Frankfurter Architekturbüro Holger Meyer mit der BIM-Implementierung betraut und erarbeitet sowie analysiert solche Szenarien. Für ihn liegt die planerische Gesamtkoordination im BIM-Projekt eindeutig beim Architekten: „Die inhaltliche Projektkoordination, fußend auf den in der HOAI festgeschriebenen Leistungsphasen, hat er seit jeher inne. Die technische Koordination nach der BIM-Methodik – hier fließen die Zuständigkeiten ineinander – sollte er ebenfalls übernehmen. Doch steht dahinter ein verändertes Honorarmodell mit anderen Vertragsgrundlagen als bisher.“
Breites Aufgabenspektrum im Planungsprozess
Das konkrete Arbeitsfeld eines BIM-Managers variiert mit den individuellen Büro- und Projektstrukturen. Agron Deralla beispielsweise, BIM-Manager bei AllesWirdGut in Wien, ist in erster Linie BIM-Spezialist. Ob seine Aufgaben die eines BIM-Managers oder -Koordinators sind, hängt vom jeweiligen Projekt ab. Als BIMManager definiert er die grundlegenden Modellierungsrichtlinien. Er legt die Struktur zur Benennung von modellbasierten Bauteilen, notwendige Zeichenrichtlinien, Austauschstandards für den IFC- und BCF-Austausch über die im Büro eingesetzte BIM-Planungssoftware Archicad sowie andere Programme (die spezifische Planungssoftware der Fachplaner, Modelviewer oder Modelchecker) fest. Darüber hinaus bestimmt Agron Deralla die Detailtiefe der BIM-Planung (LOD), die Intervalle für den Informationsaustausch (Arbeitssitzungen am Planungsmodell) mit den Planungspartnern sowie die Ansprechpartner im Projekt. In der technischen Umsetzung nutzt AllesWirdGut eine in Archicad erstellte Teamwork-Datei, die in Graphisofts BIMcloud liegt. Unabhängig von der verwendeten Cloud-Lösung (nicht jedes Büro arbeitet mit dem gleichen Anbieter) liegen die Vorteile ihres Einsatzes auf der Hand: die dezentrale und gleichzeitige Bearbeitung der BIM-Planung von verschiedenen Standorten und durch die verschiedenen Planungspartner wird deutlich einfacher (Abb. 3).
In der Teamwork-Datei von AllesWirdGut sind die Modellierungsrichtlinien hinterlegt und ist beispielhaft gezeigt, wie die Zuordnungsstruktur aussehen soll. Alle Mitarbeiter haben darauf Zugriff. Jeder ins Projekt involvierte Fachingenieur nutzt darüber hinaus eigene Regeln und Richtlinien, mit denen er modelliert. Daher ist es sinnvoll, in einem BIMAbwicklungsplan (BAP) festzulegen, wie der übergreifende Datenaustausch erfolgt und wie hoch der Informationsgehalt der Fachmodelle bei ihrer Übergabe ist. Hierfür sind vorab Koordinierungs-Treffen wichtig, bei denen alle Beteiligten an einem Tisch sitzen. In diesen Terminen werden gemeinsam wichtige Parameter erarbeitet und fixiert.
Fließende Grenzen zwischen BIM-Manager und BIM-Koordinator
Die Arbeitsaufgaben des BIM-Managers Agron Deralla ähneln denen eines Projektleiters, sind aber umfassender und weitreichender. So liegen die Prüfung und die Koordinierung der Fachmodelle mit den Planungen der Fachingenieure ebenfalls in seiner Hand. Das sind Projektleistungen, die oftmals ein BIM-Koordinator als externer Dienstleister übernimmt. In der momentanen Situation, in der digitale Planungsmethoden erst allmählich Einzug in die Büros halten, ist eine eindeutige Abgrenzung zwischen dem BIM-Manager und dem BIM-Koordinator jedoch schwer. Wer sich ernsthaft mit BIM und digitaler Planung auseinandersetzt, stellt schnell fest: hierzu gehören neue Fähigkeiten, die sowohl eine übergreifende Koordinierung als auch ein projektbezogenes, internes BIM-Management umfassen. Und selbst die begriffliche Definition des BIM-Managers oder BIM-Koordinators ist nicht eindeutig. Verschiedene Quellen umreißen Einsatz- und Arbeitsbereiche sowie Anforderungen unterschiedlich.
Verschobenes Leistungsspektrum im BIM-Planungsprozess
Wie aber gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Planungspartnern, den Fachingenieuren, im Büroalltag? Jörg Benning von Holger Meyer Architekten aus Frankfurt arbeitet mit mehreren Fachingenieuren in konkreten BIMProjektplanungen: „Wir haben bisher zwei TGA-Fachpartner, die beim Thema BIM sehr gut aufgestellt sind. Sie stoßen aber immer wieder auf das Problem, dass Planungsleistungen nach dem klassischen Leistungsbild der HOAI vergeben werden. Das geht bei BIM nicht, denn die Haustechnik erst mit der Ausführungsplanung in der Phase 5 zu planen ist unmöglich. Sie muss bereits in der Vorentwurfsphase mitgedacht werden.“
Dieses Vorziehen von Planungsleistungen in frühere Projektphasen ist ein bekanntes BIMPhänomen. Die bauteilorientierte Planung, für die BIM steht, geht früh im Planungsprozess von exakt definierten Dimensionen zum Beispiel für die Lüftungstechnik aus. Bei öffentlichen Auftraggebern kommt ein weiteres Problem hinzu: Sie wählen die Fachplaner meist nach dem günstigsten Angebot aus. Ob hier das Verständnis für einen anderen BIM-Planungsablauf vorhanden ist, bleibt damit dem Zufall überlassen. Jörg Benning: „Wenn der Bauherr vorab festlegt, was er von seinem Planer erwartet, klappt das. Aktuell werden oft BIMZertifikate gefordert. Da gibt es aber gute und schlechtere. Wichtiger wäre es also, BIM-Referenzprojekte abzufragen.“
Kommunikation. Koordination. Kollaboration.
Tragwerksplaner und Elektroplaner, so das Fazit von BIM-Manager Jörg Benning, sind ebenfalls weit fortgeschritten im Umgang mit den digitalen Planungsmethoden und der 3D-BIM-Planung. Auch, wenn hier die Einschränkung gilt: Es finden in BIM-Projekten immer nur Ingenieure und Architekten zusammen, die an BIM Interesse haben und damit bewusst planen wollen. Die Uninteressierten folgen dem Aufruf zum BIM-Diskurs nicht. Insofern ist eine solche Einschätzung stets subjektiv. Nichtsdestotrotz: Die Kommunikation und vor allem die Kollaboration der Planungspartner in einem BIM-Projekt bedeuten eine neue Planungskultur. Bereits vor dem Projektstart finden beispielsweise Termine statt, in denen die Softwarelösungen, mit denen die Planungspartner arbeiten, abgeglichen werden. So gibt es 3D-Beispielmodelle, die in solchen Arbeitssitzungen in die verschiedenen Programme der Fachingenieure und Architekten importiert, exportiert und ausgetauscht werden. Hier zeigt sich schnell, ob die Übergabe eines IFC-Modells reibungslos klappt, welche Exporteinstellungen für einen reibungslosen Austausch nötig und welche Standards bei der BIM-Modellierung anzulegen sind. Neben dem Export ist aber ebenso die Qualität der IFC-Schnittstelle beim Import wichtig. Die Programme am Markt sind hierbei nicht alle gleich gut. Denn der Import einer IFC-Datei erfordert eine sauber programmierte IFC-Schnittstelle. Die gelieferte Datei muss also einerseits aus Software A fehlerfrei exportiert werden und die eigene Planungssoftware B muss sie fehlerfrei importieren.
Transparenter Datenaustausch durch offene Austauschformate
Die Arbeitsweise nach der BIM-Methode bedeutet eine hohe Qualität bei der Planungskoordination, die sich jedoch früh im laufenden Projekt auszahlt (Abb. 4 und 5). Hier sind auch zukünftig Programmentwickler und Hersteller von Planungssoftware gefordert. Sie sollten den Informationsaustausch mit Open BIM langfristig fördern und den offenen Informationsaustausch weiter vereinfachen. Um BIM flächendeckend und für die anstehenden Projekte im Bau- und Infrastrukturbereich einzusetzen, gehört jedoch noch mehr: Die Ingenieure und Architekten sind dazu aufgerufen, BIM in ihre Büros zu implementieren. Denn digitale Planungsmethoden können sie dabei unterstützen, ihre Projekte auch in Zukunft effizient und fehlerfrei umzusetzen.