Mit einem Verkehrsaufkommen von mehr als 150.000 Fahrzeugen pro Tag zählt die A7 im Hamburger Stadtgebiet nördlich des Elbtunnels schon lange zu den meistbefahrenen Straßen Deutschlands. Bereits 2007 wurde daher ein Ausbau des Autobahnabschnitts auf zehn bis zwölf Fahrstreifen beschlossen. Da die Verkehrsbelastung allerdings nicht nur jene betrifft, die daran teilnehmen, sondern vor allem auch die Anwohnerinnen und Anwohner, soll im Zuge des Ausbaus gleichwohl der Lärmschutz maßgeblich verbessert werden (Abb. 1). Zu diesem Zweck erhält die A7 in Hamburg bis 2028 drei neue Lärmschutzdeckel – in Schnelsen, Stellingen und Altona. Gleichzeitig wird damit die zuvor durch die offenen Fahrbahnen versiegelte Fläche als Grünfläche in Form von Kleingärten, Blühwiesen und Parkanlagen für Stadt und Umwelt zurückgewonnen und eine grüne Verbindung zwischen den getrennten Stadtteilen hergestellt. In diesem wegweisenden Infrastrukturprojekt bildet der rund 2.230 Meter lange Lärmschutzdeckel Altona als letzte Ausbaustufe den krönenden Abschluss. Für dessen Planung und Bau zeichnet ein Konsortium aus HOCHTIEF Infrastructure GmbH und Implenia verantwortlich. Die Genehmigungs- und Ausführungsplanung (LP 4 und 5) obliegen dabei im Wesentlichen einer Planungsgemeinschaft aus HOCHTIEF Engineering GmbH und KREBS+KIEFER Ingenieure GmbH.
Tunnelbauwerk mit Variationen
Das Großprojekt Deckel Altona umfasst umfangreiche Baumaßnahmen, die sich nicht auf den Lärmschutzdeckel allein beschränken. Neben der Errichtung von circa 4.500 Metern Verbauwand sind vorbereitend drei Brücken abzubrechen und an deren Stelle neue Überwege in die Tunnelzellen zu integrieren. Für die Betriebs- und Verkehrstechnik müssen Verkehrszeichenbrücken neu bzw. umgebaut und zwei Betriebsgebäude sowie 14 Flucht- und Betriebstreppenhäuser errichtet werden. Über den Lärmschutzdeckel hinausgehend soll zudem im nördlichen Anschlussbereich noch eine etwa 700 Meter lange Lärmschutzwand die Belastung für die Anwohnenden weiter reduzieren.
Ein besonderer Aspekt, den es bei der Planung zu berücksichtigen gilt, ist der hohe Grundwasserstand im Bereich zwischen Elbtunnel und S-Bahnbrücke. Momentan wird dieser noch für den aktuellen Betrieb der Autobahn durch eine Brunnenanlage abgesenkt, die das Wasser ungenutzt in die Elbe abschlägt. Um die Betriebskosten zu senken, ist hier ein geschlossener Tunnel mit kombinierter Pfahlplattengründung vorgesehen. Neben letzterer verfügt der Lärmschutzdeckel auch in anderen Bereichen über diverse weitere Variationen in den Gründungen, die teils als zweireihige Großbohrpfähle mit Pfahlkopfbalken hergestellt werden. Gleichsam variieren die Decken, die hauptsächlich schlaff bewehrt in Ortbeton, aber auch vorgespannt oder mit Halbfertigteilen und Ortbetonergänzung hergestellt werden.
Parametrische Modellierung variierender Querschnitte
Mit der Ausführungsplanung für den erwähnten geschlossenen Bereich des Tunnels wurde HOCHTIEF Engineering betraut. Die beiden Richtungsfahrbahnen – Hannover und Flensburg – sind durch eine Tunnelmittelwand getrennt (Abb. 2). In beiden Tunnelröhren verlaufen jeweils vier Fahrbahnen samt zusätzlichen Abbiegespuren und Seitenstreifen. Eine besondere planerische Herausforderung besteht hier in einer korrekten, BIM-Abwicklungsplan-konformen Ausarbeitung des Bauwerks mit seinen vielfach changierenden Querschnitten bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Gradientenverlaufs und diverser Details der entsprechenden Stationierungen (Streckenkilometer). Aufgrund von Installationen an den Deckenunterkanten wie Lichtsignalen, Verkehrszeichen, Lüftern etc. variiert die lichte Höhe des Tunnels. Die Auf- und Abfahrten der Autobahn führen wiederum zu Tunnelverbreiterungen. Gleichsam erfordern Technik- und Sicherheitseinrichtungen in den Wänden Nischen bzw. Ausbuchtungen zur Aufnahme elektrischer Anlagen, Notrufsäulen, Hydranten für Löschwasser usw. sowie Durchbrüche für Fluchttüren.
Um ein entsprechendes rechnerisch korrektes 3D-Modell mit allen erforderlichen Details ohne erheblichen Mehraufwand generieren zu können, entschieden sich die Ingenieur:innen für eine parametrische Modellierung in Allplan Bridge. Mithilfe des Programms lassen sich Querschnittsveränderungen – wie Decken- und Rampenaufweitungen oder Nischen in Mittel- und Außenwänden – mittels parametrischer Querschnitte und den dazugehörigen Variationstabellen entlang einer Achse erstellen (Abb. 3). Die Stationierungen werden dabei aus den in Allplan Bridge eingelesenen Achs- und Gradientendaten ermittelt. Die parametrischen Querschnitte werden mit all ihren Variationen entlang dieser Achsen berechnet und schließlich zu einem 3D-Körper verbunden. Da sich in Allplan Bridge mehrere Achsen und Gradienten einlesen und den entsprechenden Querschnitten zuordnen lassen, konnten auch die unterschiedlichen Gradientenverläufe der Fahrbahnen bei der Modellierung berücksichtigt werden.
Brit Krumrey, Senior Design Engineer bei HOCHTIEF Engineering, sagt: „Allplan Bridge eignet sich nicht nur für die Erstellung von 3D-Brücken, sondern für sämtliche 3D-Streckenbauwerke, die an eine Trassierungsachse gebunden sind. In unserem Fall haben wir die Tunnel-Querschnitte parametrisch erstellt und konnten somit die spezifischen Merkmale des Tunnels in Abhängigkeit vom Verlauf der Gradiente und in den entsprechenden Stationierungen herausarbeiten.“
Weiterverarbeitung mit Allplan Engineering und Open BIM
Im Anschluss an die parametrische Modellierung des Tunnels in Allplan Bridge samt Sohle, Wänden, Decken sowie jeglichen Nischen, Durchbrüchen, Arbeits- und Blockfugen wurde das noch unvollständige Modell in Allplan AEC weiterbearbeitet. Dabei wurden weitere Bauteile und Details wie Bohrpfähle, Dichtwände aus Spundwandprofilen (Sohlunterkante), Ankerschienen (Wände und Decken), querende Leerrohre (Sohle) sowie sämtliche Fugenbänder und -bleche ergänzt. Das so erzeugte Gesamtmodell des Tunnels diente anschließend mitunter der automatischen Ableitung der Schalpläne (Bohrpfahlgründung, Sohle samt Entwässerungsleitungen, Schächte, Außen- und Mittelwände sowie Decken inklusive aller Einbauteile). Der direkte Datenaustausch mit den externen Planungsbeteiligten – z. B. bezüglich der Anschlusstunnelblöcke oder der Entwässerungsleitungen – erfolgte softwareunabhängig in OPEN BIM über die IFC-Schnittstelle.