Die Inbetriebnahme managen

green BUILDING 01/2020 (#95)
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IC (Germany) GmbH
Planung
Gebäudetechnik
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Wenn Gebäude ohne hydraulische Einregulierung und Datenpunkttest in Betrieb gehen, weil „am Ende die Zeit fehlt“, dann bleibt die Anlagen-Performance unter ihren Möglichkeiten und häufig auch weit entfernt von dem, was ausgefeilte Planungskonzepte ursprünglich vorgesehen hatten. Nutzerkomfort und Energieeffizienz kommen unter die Räder.

Die Ursachen hierfür sind sehr vielschichtig und es wäre zu kurz gegriffen, alles auf die Planungs- und Baubeteiligten zu schieben. Denn komplexe Gebäude erfordern maßgeschneiderte und übergreifende Prüfszenarien für die Inbetriebnahme. Die primäre Aufgabe eines solchen Inbetriebnahmemanagements ist die durchgängige funktionale Qualitätssicherung im Projekt. Dieser Steuerungsprozess dient insbesondere dazu, zusätzlich zur Funktionalität der Einzelgewerke das zielgerichtete Zusammenwirken der Anlagen sicherzustellen. 

Bauherrn- und Nutzeranforderungen im Fokus
Für den Projekterfolg ist zunächst wesentlich, dass die projektspezifischen Bauherrn- und Nutzeranforderungen klar und transparent definiert sind. Monitoring-Konzepte setzen darauf auf und beschreiben, wie die Einhaltung dieser Anforderungen im laufenden Betrieb überprüft und Optimierungspotenziale identifiziert werden können. Im Vordergrund stehen dabei häufig die Themenfelder Energie, Versorgungssicherheit und Komfort.

Der Bearbeitungsstatus der vorliegenden Planung und ihre Vereinbarkeit in Bezug auf die Anforderungen der späteren Inbetriebnahme sollte im Rahmen von Planungsreviews im 4-Augen- Prinzip überprüft werden, um bereits frühzeitig Probleme und Fehlerquellen zu erkennen und zu beheben. Zusätzlich können so Optimierungspotenziale im Hinblick auf einen energieeffizienten Anlagenbetrieb identifiziert werden. 

Systemübergreifende Betrachtung als Schlüssel
Während der Planungsphase sollten ferner die funktionalen Wechselwirkungen und Abhängigkeiten der geplanten Anlagen aus der Perspektive des zukünftigen Anlagenbetriebs analysiert und in einer Gewerkebeziehungsmatrix dargestellt werden. Durch eine anlagenspezifische Zuordnung von Planern, Errichterfirmen, Prüf-Sachverständigen etc. werden die Verantwortlichkeiten der beteiligten Projektakteure dargestellt und es wird deutlich, wer mit wem zusammenarbeiten muss. Damit wird eine transparente und übergreifende Grundlage für die Steuerung des Inbetriebnahmeprozesses geschaffen. 

Zur Vorbereitung der Vergabe sind die Ausschreibungsunterlagen gezielt im Hinblick auf Inbetriebnahmeleistungen zu überprüfen. Mitwirkungspflichten der Errichtergewerke für eine gewerkeübergreifende Inbetriebnahme, für die Schulung des späteren Betreibers und für die Übergabe der Bestandsunterlagen sind zu ergänzen. Insbesondere ist es wichtig, die Zuordnung von Betreiberpflichten während der Inbetriebnahmephase klar zu regeln. 

Essentiell für die Terminsteuerung der Inbetriebnahme ist es, die einzelnen Prozessschritte der Inbetriebnahme mit ihren gegenseitigen Abhängigkeiten frühzeitig in einem Inbetriebnahme-Terminplan abzubilden und dabei die relevanten Meilensteine für die Verknüpfung mit dem Bauzeitenplan zu definieren. Dies schafft die Voraussetzung für einen systematischen und strukturierten Inbetriebnahme-Prozess. 

Entsprechend der Gebäudekomplexität und den Anforderungen des späteren Betreibers sollten Bedarf sowie Intensität von Schulungen und Einweisungen bereits im Rahmen der Ausschreibungen definiert werden. Bei Bedarf können Schulungsmaßnahmen der Errichterfirmen durch das Inbetriebnahmemanagement begleitet und ergänzt werden. Als eine Art „Drehbuch“ für eine gewerkeübergreifende Inbetriebnahme werden schließlich Szenarien und Prüfvorgaben für anlagenübergreifende Funktionstests und Probebetriebe entwickelt. Hier wird das dynamische Zusammenspiel der Anlagen in einem möglichst weiten Bereich von Betriebszuständen über komplexe Testprozeduren abgefahren. Diese funktionale Qualitätssicherung schafft die Voraussetzung für einen effizienten Anlagenbetrieb – bereits vom ersten Tag der Nutzung an.

Sicherung der Kosten, Termine und Qualitäten
Für den Bauherrn ergibt sich durch das Inbetriebnahmemanagement folgender Nutzen:

  • Nachweis der Gesamtfunktionalität: Zusätzlich zur Funktionalität der Einzelgewerke wird auch das zielgerichtete Zusammenwirken der Anlagen vor der Abnahme nachgewiesen und dokumentiert. Das ist eine Voraussetzung für ein funktionierendes Gebäude und für zufriedene Nutzer – vom ersten Tag der Nutzung an.
  • Energie- und Betriebskosteneinsparung: In der Planungsphase werden Optimierungspotenziale im Hinblick auf einen energie- und kosteneffizienten Anlagenbetrieb identifiziert. Die funktionale Qualitätssicherung trägt entscheidend dazu bei, zeit- und kostenaufwändige Korrekturen über „Versuch und Irrtum“ in den ersten Betriebsjahren zu vermeiden und dadurch Betriebskosten zu senken.
  • Terminrisiken und terminkritische Pfade werden frühzeitig identifiziert.
  • Betreiber- und Nutzerperspektive: Durch die klare Zuordnung von Betreiberpflichten werden Betreiberrisiken im Zeitraum zwischen baulicher Fertigstellung und Übergabe an den Nutzer reduziert. Die Einbeziehung des späteren Betreibers in den Inbetriebnahmeprozess sowie die klare Definition von Schulungsabläufen und -inhalten hilft dabei, einen reibungslosen Übergang in den Regelbetrieb zu realisieren.

Matthias Domke, Partner, Alpha IC Daniel Genzler, Senior Berater, Alpha IC
Das Thema Inbetriebnahmemanagement  beschäftigt Alpha IC schon lange: Das Büro war bereits vor der Einführung der VDI-Richtlinie 6039 und dem Beginn der Marktverbreitung von IBM in Deutschland tätig und ist Mitautor des AHO-Leistungsbilds „Technisches Inbetriebnahme- Management“ (Schriftenreihe Nr. 19). Mit Prüfszenarien, Methodenkenntnis und fundierter Erfahrung aus einer Vielzahl von Projekten steht Alpha IC seinen Kunden als unabhängiger Inbetriebnahme-Manager zur Seite.

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