Im baden-württembergischen Neuhausen auf den Fildern entstand ein neues Multifunktionsgebäude für das thyssenkrupp Aufzugwerk. Auf einer Bruttogrundfläche von 16.500 Quadratmetern wurde im Dezember 2015 der „Elevatorcampus“ mit einem Showroom für Ausstellungen, Produktpräsentationen und Veranstaltungen aller Art eröffnet.
Der Neubau in Form eines Quaders wurde gegenüber des bestehenden thyssenkrupp- Werks errichtet. Im Westen des Baugrundstückes bleibt dabei Raum für mögliche zukünftige Erweiterungen. Das beauftragte Architekturbüro Kaspar Kraemer aus Köln arbeitete bei diesem Projekt nach einem durchgängigen BIM-Workflow. Das Unternehmen setzt seit 2012 auf digitales Planen und Bauen nach er BIM-Methode und hat die IT-Systeme „ArchiCAD“ von Graphisoft sowie „iTWO 5D“ vonRIB Software implementiert. Mehr als zehn Planerarbeiten gleichzeitig mit den Softwareprogrammen. Unter Leitung von BIM-Manager Oskar Molnar wurde bei Kaspar Kraemer Architekten n integrierter BIM-Prozess für alle Phasen – von der Modellierung bis hin zur Kostenübergabe und Übergabe in die Ausschreibung – geschaffen.
Projektleiter sind verantwortlich für das BIM-Modell
Alle Projekte des Architekturbüros, von Neu-, Um- und Anbaumaßnahmen bis hin zu Sanierungen, werden nach der BIM-Methode geplant. Zusätzlich zur visuellen 3D-Planung erantworten die Planer/Projektleiter die Übergabe aller relevanten Projektinformationen für die Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung (AVA). Auf diese Weise sind sie in der ge, sowohl eine visuelle alphanumerische als auch eine logische Kontrolle der Kosteninformationen vorzunehmen. Der integrierte BIMWorkflow auf Basis neu definierter Standards für das Planungsbüro bildet das Fundament für diese durchgängige Planung mit ArchiCAD und RIB iTWO 5D. Die dadurch eingesparte Zeit, die in der Vergangenheit für eine meist umständliche Ermittlung von Zahlen benötigt wurde, können die Ingenieure nun für den Entwurf selbst oder für elementare Projektdetails sinnvoll nutzen. Ein Großteil der Kostenelemente ist mithilfe des BIM-Workflows leicht und direkt rmittelbar. Die restlichen Kostenelemente, für ie die Planer des Büros noch klassische Methoden utzen, betreffen lediglich Informationen wie Baugruben oder Gerüste. Alle anderen Elemente einer Maßnahme sind fester Bestandteil des BIM-Workflows.
Baumaßnahmen virtuell durchspielen
Aus diesem Grund schätzen Bauherren die Zusammenarbeit mit dem Büro und deren konzeptuelle Arbeitsweise mit BIM-Modellen. „Wir arbeiten nicht nach einem klassischen, extern vorgegebenen Projekthandbuch, sondern stets auf Basis unserer eigenen BIM-Standards“, erklärt BIM-Manager Oskar Molnar. „Nur so funktioniert die durchgängige Integration der in unserem Hause eingesetzten Programme vollkommen lückenlos.“ Eine wichtige Rolle in der Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber spielt auch stets die Präsentation der Kosten. Molnar: „Mit Balkendiagrammen in RIB iTWO 5D können wir große Positionen einer Baumaßnahme mit den Bauherren virtuell durchspielen. Dies ist wesentlich anschaulicher als nackte Zahlen. Unsere vorgegebene Struktur erlaubt es, Varianten einer Maßnahme direkt in der AVA abzubilden und die Einsparungen durchzuspielen. Gemeinsam mit dem 3D-Modell können.
Grundlage für BIM-Standards
Der Grundstein für diese durchgängige Planung wurde innerhalb der unternehmenseigenen Standards von Kaspar Kraemer Architekten gelegt: ein Bürohandbuch für die modellorientierte Arbeitsweise inklusive Kosteninformationen. Es enthält zum Beispiel Codierungen für alle verwendeten Bauteile, zum Beispiel Betonwände oder Stahltüren oder Indizes für die Dokumentation. Damit das Arbeiten mit diesem Handbuch für die Planer überschaubar bleibt, enthält es nur so viele Informationen wie nötig. Während der Gesamtcontent, der mit jedem neuen BIM-Projekt weiter wächst und ausgebaut wird, zum Beispiel sämtliche Türen enthält, die das Büro für die Planungnutzt, beschränkt sich das Handbuch zunächst nur auf die Information, dass es sich bei einem Element um eine Tür mit bestimmten Mindestinformationen (Attributen) handelt. Alle Attribute, beispielsweise verschiedene Typen von Holztüren, werden schließlich in der AVA abgegriffen und mit den zugehörigen Preisen versehen. Spezielle Zusatzblätter in Form von Microsoft-Excel-Tabellen werden bei bestimmten Bauherrenwünschen zusätzlich für die Umsetzung hinzugezogen und im Content implementiert. Nicht nur der Gesamtcontent, sondern auch das Handbuch, mit dem das Büro arbeitet, wird mit jedem neuen Projekt ktualisiert und ist damit stets auf dem neuesten Stand.
Eigeninitiative der Mitarbeiter gefordert
„Durch die Verantwortung, die wir unseren Mitarbeitern mit auf den Weg geben, haben wir den Grundstein dafür gelegt, dass sie sich intensiv mit der BIM-Materie beschäftigen“,berichtet BIM-Manager Molnar. Um Kosteninformationen zu erhalten, die den Vorgaben der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) entsprechen, waren die Projektleiter gefordert, sich in die integrierten IT-Systeme ArchiCAD und iTWO 5D einzuarbeiten. „Inzwischen arbeiten sie schon intensiv am Content mit und haben die Vorzüge der Softwarelösung schnell selbst erkannt.“ Eine solche Eigeninitiative der Mitarbeiter ist nach Angaben des BIM-Managers unerlässlich, damit der Umstieg von einer klassischen zur modellorientierten Arbeitsweise funktioniert. Bei Kaspar Kraemer Architekten hat dieser rund eineinhalb Jahre gedauert. Die Mitarbeiter sind zunächst mit einzelnen Bauteilen gestartet. Inzwischen ist der Content, den sie konsequent pflegen und ergänzen, gewachsen und umfangreich geworden. Dabei kamen alle Informationen dazu aus realen Projekten, getreu dem Büromotto: „So wenig Theorie wie nötig, so viel Praxis wie möglich.“ Oskar Molnar abschließend: „Durch d se fortschrittliche Denk- und Arbeitsweise ist es uns auch mit unserer überschaubaren Anzahl an Mitarbeitern möglich, Projekte zu stemmen, die sonst nur größeren Planungsbüros vorbehalten sind.“