Interpretation eines Fassadenklassikers

Gestaltungsvielfalt mit Klinkerriemchen

bauplaner 6/2021
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Energie, Umwelt, Betriebssicherheit

Immer häufiger sieht man Klinkerfassaden – mittlerweile bis weit in den Süden Deutschlands. Sie verbinden das traditionelle Design von Backsteinfassaden mit heutigen Standards der Wärmedämmung. Klinkerriemchen bieten außerdem eine große Bandbreite an Gestaltungsmöglichkeiten bei Mischfassaden aus Putz- und Klinker.

Die Baulandschaft in Deutschland ist vielfältig. Auch die gestiegenen energetischen Ansprüche an Neubauten und Bestandsobjekte schränken die Gestaltungsfreiheit nicht ein. Während bisher bei wärmegedämmten Fassaden überwiegend Putz als Oberfläche eingesetzt wurde, setzt sich ein weiterer Trend durch: Klinkerriemchen – in Kombination mit Putz oder vollflächig, inklusive einer Wärmedämmung nach aktuellem Energiestandard. Klinkerriemchen erregen Aufmerksamkeit durch ihre natürliche Mineralität und ihre handwerkliche Ausstrahlung. Sie teilen die Substanz Ton sowie Form, Farbe und Oberflächenbeschaffenheit mit dem „großen Bruder“ Backstein, sind jedoch deutlich schlanker. Im Feuer gebrannt, werden Riemchen besonders widerstandsfähig. Mit Klinkerriemchen bekleidete Fassaden sind robust und erfordern nur geringen Pflegeaufwand. Auf einem Wärmedämmverbundsystem aufgebracht, sind die schlanken Keramikelemente für den Laien nicht mehr von einer monolithischen Klinkerkonstruktion zu unterscheiden.

Neben einer ganzheitlichen Gestaltung mit Riemchen werden häufig Putzfassaden mit Klinkerflächen kombiniert. Dadurch entsteht ein Kontrast zwischen freien Putzstrukturen und geometrischen Fugenrastern. Die Form von Riemchen ist in den meisten Fällen rechteckig, wobei die Maße variieren. So wirkt zum Beispiel ein Dünnformat (240 x 52 mm) schlank und breit, ein Normalformat (240 x 71 mm) orientiert sich an den Maßen eines Backsteins und das Reichsformat (240 x 65 mm) bedient das Mittelfeld. Sonderformate wie Dreiecke sind eine Seltenheit, technisch aber möglich. Entsprechend der Nachfrage hat sich auch das Angebot von Klinkerriemchen entwickelt. Einige Hersteller, darunter Saint-Gobain Weber, bieten eigene Kollektionen mit vielfältigen Oberflächenstrukturen und Farben an. Eine breite Auswahl an naturnahen Farbtönen wie Grau, Braun, Ziegelrot und Ocker ist erhältlich. Die meisten Kollektionen sind nicht streng einfarbig, vielmehr changieren die Farben einzelner Riemchen und lockern so das geometrische Flächenbild auf. Glatt oder leicht bis stark strukturiert – auch die Oberfläche trägt zur Wirkung in der Fläche bei. Raue, matte Oberflächen wirken rustikal und vermitteln in Kombination mit einer naturnahen Farbe den Charme der Backsteinarchitektur. Auffällig sind dagegen glasierte Riemchen, die nicht nur durch ihren Glanz auf sich aufmerksam machen, sondern meist auch durch kräftige Farben wie Blau, Gelb, Grün oder Schwarz.

 

Verlegen mit System
Nicht allein das Spiel von Farben und Oberflächenstrukturen entscheidet darüber, wie die Klinkerriemchen in der Fläche wirken. Planer und ausführende Betriebe können auch mithilfe des Mauerverbands bestimmen, ob die Klinkerfassade eine ruhige oder lebhafte Ausstrahlung hat. Für die „Köpfe“ in den Verbänden, deren Name sich aus den Stirnseiten von Backsteinen ableitet, können die Klinkerriemchen passgenau zugeschnitten werden. Die Alternative ist ein ganzes Riemchen – „Läufer“ genannt. Werden Läufer und Köpfe in den Reihen abgewechselt, redet man von einem Blockverband. Bei einem Läuferverband werden die Reihen jeweils um einen halben Läufer versetzt angebracht. Das gleiche gilt für den Kopfverband, der ausschließlich aus Köpfen besteht. Eine zufällige Anordnung von Köpfen und Läufern bezeichnet man als wilder Verband, bei dem im Vergleich zu den anderen Verbänden kein sich wiederholendes Muster zu erkennen ist. Außerdem ermöglichen Riemchen, Muster wie Mosaike und Ornamente zu realisieren.

Bei Sanierungsarbeiten muss zunächst sichergestellt sein, dass der Untergrund tragfähig sowie ausreichend eben und trocken ist. Außerdem ist es wichtig, dass die Fachhandwerker stets nur die für das jeweilige System zugelassenen Produkte verwenden und sich an die beschriebenen Vorgehensweisen halten, um eine Gewährleistung beanspruchen zu können. Das heißt konkret: Von Klebe- und Armierungsmörtel, dem Dämmmaterial über Dübel, Armierungsgewebe und Kleber bis hin zu den Klinkerriemchen müssen alle Bestandteile eines Wärmedämmverbundsystems genau aufeinander abgestimmt, geprüft und bauaufsichtlich zugelassen sein.

 

Harte Schale mit warmem Kern
Je nach Gebäudetyp und Brandschutzanforderung kommen verschiedene Dämmstoffe zum Einsatz. Für das Anbringen von Klinkerriemchen sollte ein Mineralwollsystem gewählt werden. Unabhängig vom Aufwand der geplanten Gestaltung ist es erforderlich, dass der ausführende Fachhandwerksbetrieb sich zur Vorgehensweise und den Systemprodukten informiert. Das WDVS wird nach der Vorgabe des Herstellers an der Außenmauer angebracht und mit einer Armierungsschicht versehen. Die Dämmplatten müssen im Mauerwerk verdübelt werden, damit eine optimale Standsicherheit gewährleistet ist. Bei WDVSystemen mit keramischen Belägen erfolgt die Verdübelung grundsätzlich durch das Armierungsgewebe. Dazu wird zunächst das Armierungsgewebe eingebettet und die Dübel durch die noch feuchte Schicht gesetzt und anschließend mit Armierungsmörtel überzogen, damit eine ebene Fläche entsteht. Sobald die Armierungsschicht ausgehärtet ist, kann die Oberfläche gestaltet werden. Zur Verklebung der Klinkerriemchen wird ein Klebemörtel genutzt, der als Bestandteil des WDV-Systems zugelassen sein muss und sich durch seine hohe Klebkraft und Elastizität auszeichnet. Befestigt werden die Verblender im kombinierten Verfahren „Buttering Floating“. Hier wird der Klebemörtel mit einer Zahnkelle sowohl auf der Armierungsschicht als auch auf der Rückseite der keramischen Beläge aufgetragen. In das Klebemörtelbett gedrückt, lässt sich das Riemchen noch im Raster ausrichten. Nach der vom Hersteller angegebenen Trockenzeit kann die Fläche verfugt werden. Die Wahl des Fugenmörtels trägt als zusätzlicher Gestaltungsfaktor zum Gesamtbild der Fassade bei. So kann neben einer kontrastarmen oder -reichen Farbe auch die Struktur der Körnung oder die Tiefe der Fuge die Fläche beeinflussen.

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