Nachverdichtung auf dem Land

green BUILDING 01/2020 (#95)
IC (Germany) GmbH
Licht + Gebäude

Ein Neubau bildet das Herzstück eines kleinen Wohnensembles, welches derzeit im oberfränkischen Kronach reaktiviert wird. Planer und Bauherren in Personalunion waren die Architektin Miriam Lebok und der Diplomingenieur Michael Bender.

Mit dem kompakten Wohnhaus wird ein über mehrere Jahre leerstehenden Altbau auf dem Familiengrundstück ersetzt, das nun fit ist für eine Neu-Nutzung durch mehrere Generationen. Die Idee von großzügigem, offenem Wohnen mit Holz, in gesundem Raumklima, bei bester Akustik und mit ästhetischem Design konnte mit dem Komplettsystem aus individuell konfigurierbaren Brettsperrholzbauteilen für Wand, Decke und Dach perfekt umgesetzt werden.

Zurück zu den Wurzeln
Miriam Lebok und ihre Schwester kennen das Leben in der Großfamilie aus ihrer eigenen Kindheit. Anfang der 1970er- Jahre bauten die Eltern im Kronacher Stadtteil Neuses den Dachstuhl der Schreinerei des Großvaters zur eigenen Wohnung um, die Großeltern selbst lebten im Wohnhaus gleich nebenan. Rund 40 Jahre später entschließen sich beide Schwestern nach Jahren in der Großstadt, mit ihren Familien in die Heimat zurückzukehren und die damit verbundenen Vorteile aktiv zu nutzen. Miriam Lebok ist beruflich in das Architekturbüro ihres Vaters eingestiegen. Michael Bender nimmt dafür sogar wochenweises Pendeln an seinen Arbeitsort in Kauf, wo er an der Technischen Universität im Fachbereich Architektur arbeitet. Während die inzwischen leerstehende Schreinerei auf den Ausbau zur Wohnetage für die Familie der Schwester wartet, nahmen Miriam Lebok und Michael Bender 2017 den Abriss des alten Wohnhauses in Angriff, um an fast gleicher Stelle ihr eigenes Domizil made of Ligno zu realisieren.

Mit seiner archaischen Form, dem steilen Satteldach ohne Dachüberstand und der vertikalen Fichtenholzverschalung präsentiert sich das kompakte Gebäude als gestalterische Melange aus typischem Wohnhaus und charakteristischer Scheune der Region. Ein Dachgarten auf der zwischengestellten, halb eingegrabenen Garage verbindet den Neubau mit dem ehemaligen Werkstattgebäude als gemeinsame „social platform“. 

Gebäude made of Ligno:
Weit mehr als Holz!

„Wäre es baurechtlich möglich sowie technisch und wirtschaftlich sinnvoll gewesen, wir hätten das alte Haus auch gerne erhalten, erweitert und gestalterisch neu interpretiert“, gibt Michael Bender zu. Mit der Entscheidung für ein modernes Holzhaus in Brettsperrholz-Bauweise ist die Familie heute aber sehr zufrieden: „Wer mit Lignotrend-Bauteilen baut, bekommt weit mehr als Holz“, sagen die Planer. „Die Angebotspalette beinhaltet auf BSP-Rippenelementen basierende optimierte Bauteillösungen, mit denen sich sicher und ökologisch planen und bauen lässt. Das für den Einsatz nötige Knowhow liefert Lignotrend gleich mit.“ 

Klimaholzhaus stellt als Komplettsystem, bestehend aus individuell konfigurierbaren Massiv-Holzbauelementen von Lignotrend, eine eigene Marke dar. Sie steht für eine moderne, diffusionsoffene Gebäudehülle, gebaut mit viel Holz. Der Neubau in Kronach wurde vollständig aus den tragenden Massivholzbauteilen für Wand, Decke und Dach konstruiert und hat das betonierte Untergeschoss als Basis. Innen sind die Bauteile in großen Teilen bereits mit einer hochwertigen Sichtholzoberfläche ausgestattet.

„Mit unserem Entwurf wollten wir bewusst den konstruktiven Grenzbereich dessen ausloten, was mit einem industrialisierten Baukasten-System in massiver Brettsperrholzbauweise möglich ist“, erklärt Miriam Lebok. „Für die Umsetzung eines möglichst etagenübergreifend offenen Grundrisses waren besonders groß dimensionierte Bauteile nötig. Beispielsweise acht Meter hohe Wandbauteile und tragende Dachbauteile mit einer Länge von zwölf Metern. Doch für Lignotrend als Hersteller waren weder die Produktion noch die logistische Abwicklung auf der Baustelle problematisch. Das Fachberater-Team hat uns bei all unseren Fragen stets unterstützt.“ Flexibilität und Weite im Grundriss Der kompakte Grundriss von 8,5 x 12,4 m trennt die Hauptnutzräume im Süden strikt von der Nebenraum- und Erschließungszone im Norden. Fließende Übergänge der im Split-Level-Prinzip angeordneten Räume nutzen das vorhandene Platzangebot von insgesamt knapp 170 m2 clever und kreativ: So beherbergt das Erdgeschoss Küche, Essbereich und Wohnebene im offenen Raumverbund, darüber sind zwei Kinderzimmer mit Schlafgalerie sowie das Elternschlafzimmer und ein Bad angeordnet. Unter dem Dach bleibt genügend Platz für eine Arbeitsgalerie.

Eine filigrane weiße Stahltreppe verbindet die Halbgeschosse miteinander, wobei das „Treppenhaus“ von seiner spröden Funktion als reine Erschließungszone entbunden und stattdessen zum gleichberechtigten Teil des offenen Wohnens wird: Windfang und Diele sind dank Einbauschränken – eingebettet in die Brettsperrholz-Wandkonstruktion – zugleich Abstellraum und Garderobe, Flur und Treppenanlage werden als Bibliothek- und Musikzone genutzt. 

Die Flexibilität des Grundrisses spiegelt sich an der Fassade in einem lebhaften Fensterbild unterschiedlicher Formate und Brüstungshöhen wider. „Wir haben die Fenster strikt nach dem Prinzip „Wie und wo können sie dem Raum innen Gutes tun?“ platziert, erläutert Miriam Lebok. So gibt es Fenster, deren tiefe Laibungen als Sitzbank dienen und auch große, bodentiefe Fenster, die in den Kinderzimmern sogar zum Hineinliegen einladen. 

Gute Raumakustik und hohe Designqualität
Das helle Holz der Schwarzwälder Weißtanne, das Lignotrend für die Sichtseiten seiner Wand-, Deckenund Dachelemente in astfreier Form verwendet, prägt das innenarchitektonische Design des Hauses. Obwohl im Erdgeschoss sowohl an Decken wie auch an den Wänden eingesetzt, verleiht es den Oberflächen einen zurückhaltend unaufdringlichen und doch natürlichen Charakter. Der anthrazitgraue Sichtestrichboden im EG und der Linoleumbelag in gleicher Färbung in den Individualzimmern stellen einen reizvollen Kontrast zu den lebendigen, hellen Holzoberflächen dar. 

Mit ihrer trittschalldämmenden Füllung und dem speziell auf Dämmung von Gehgeräuschen abgestimmtem Aufbau mit Unterlagsboden sorgen die Geschossdecken made of Ligno für gute Ruhequalität im Haus. Die Akustikprofilierung an den Deckenbauteilen trägt außerdem dazu bei, dass die Raumakustik im offenen Erdgeschoss trotz hohem Anteil schallharter Flächen wie Fenster und Böden als besonders angenehm empfunden wird. „Das bemerken auch unsere Gäste, die uns immer wieder auf die gute Raumakustik im großen Wohn- und Essbereich ansprechen“, bestätigt Miriam Lebok. In den oberen Etagen wurde indessen zugunsten geschlossener Holzoberflächen in Weißtanne auf ein Akustikprofil an den Decken- und Dachuntersichten verzichtet. Die den Kinderzimmern zugewandten Seiten der Lignotrend-Wände wurden mit Gipskarton belegt, um hier eine kreative Wandgestaltung mit Farbe und Tapete zu ermöglichen.

Zertifizierte Nachhaltigkeit
Die Nachhaltigkeit der Holzkonstruktion mit all ihren Vorteilen für Raumklima und Akustik setzt sich in der Wahl einer weitestgehend autarken Energieversorgung fort: Eine Wärmepumpe nutzt die Potenziale des Grundwassers unter dem Grundstück künftig für alle drei Wohneinheiten in einer Art „kleinem Nahwärmenetz“. Die elektrische Energie dafür wird unter anderem von der Photovoltaikanlage auf dem Dach des neuen Klimaholzhauses erzeugt. Die Wärmeübertragung erfolgt im ganzen Haus über eine Fußbodenheizung. Um im Haus so wenig Technik wie möglich einsetzen zu müssen, wird die physikalische Kaminwirkung des offenen Treppenhauses zur natürlichen Entlüftung des Hauses im Sommer über Fenster im Dach genutzt. 

Aus beruflichem Interesse sehen Miriam Lebok und Michael Bender ihr Zuhause ein Stück weit auch als „Versuchsobjekt“, mit dem sie auch in Zukunft eine aktive Auseinandersetzung über regenerative Baumaßnahmen und Technologien pflegen und deren Chancen und Grenzen kritisch überprüfen wollen. Ein Baustein dieser selbst auferlegten Evaluation war die Teilnahme am neuen Bewertungssystem Nachhaltiger Kleinwohnhausbau (BNK), bei dem das Gebäude 82,83 Prozent der erforderlichen Nachhaltigkeits-Kriterien erreichen und mit dem exzellenten Gesamtergebnis, der Note 1,4, ausgezeichnet werden konnte. Die Zertifizierung dient als objektiver Nachweis der Nachhaltigkeits-Qualitäten von Gebäuden und kann gleichzeitig auch anderen potenziellen Bauherren bei der Investitionsentscheidung für das eigene Klimaholzhaus dienen.

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