WIB-Brücken hochwertig abbilden und wirtschaftlich bemessen

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Im Brückenbau für Schiene und Straße stehen deutschlandweit Investitionen in Milliardenhöhe an. Bereits im vergangenen Jahr hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die Gelder für dasStraßennetz und die zugehörigen Brückenbauwerke kräftig aufgestockt.

4,1 Milliarden Euro wurden 2019 für die Erhaltung von Straßen und Brücken bereitgestellt, etwa 1,4 Milliarden davon für die Erhaltung bestehender Brücken. Und es soll künftig noch weit mehr Geld in die Brückenerhaltung fließen. Die Prognose: Der jährliche Anteil soll innerhalb eines Jahrzehnts von weniger als 25 Prozent im Jahr 2011 auf mehr als 37 Prozent im Jahr 2022 ansteigen. Speziell für kleine Brücken werden seit 2017 in jedem Jahr etwa 100 Millionen Euro gesondert bereitgestellt. Ein wichtiger Aspekt bei der Sanierung ist immer auch der Verkehr, der trotz Baustellen so flüssig wie möglich bleiben soll, um die gesamtwirtschaftlichen Kosten im Rahmen zu halten.

Nicht immer aber immer öfter …

Einbetonierte Stahlträger als „Walzträger-in-Beton“ – kurz WIB-Träger – gelten als wirtschaftliche Lösung im Brückenbau, um dem aktuell hohen Sanierungsbedarf von Bahn- und Straßenbrücken im gesamten Bundesgebiet sinnvoll entgegenzuwirken. Die Nachfrage nach finanzierbaren Lösungen für Bestandsmaßnahmen, insbesondere bei kleineren Brücken, die sich außerdem schnell umsetzen lassen, steigt bei öffentlichen Einrichtungen und Kommunen gleichermaßen. Eine Sanierung oder auch der Ersatzneubau erfordern oft kurze Bauzeiten bei bestenfalls minimaler Beeinträchtigung des laufenden Verkehrs. Dafür eignet sich bei kleineren und mittleren Spannweiten die WIB-Brücke – ein Brückentyp, der auch in der Vergangenheit schon oft für kleinere Bahnbrücken zum Einsatz kam. Rund 20 Prozent aller Eisenbahnbrücken in Deutschland im Stützbereich von 10 bis 20 Metern sind aktuell bereits als WIB-Brücken ausgeführt. Tendenz steigend. Von Vorteil ist, dass sich die einmal erstellten Unterbauten oft erneut für die Realisierung weiterer Ersatzneubauten einsetzen lassen. Auch das spart Zeit und Geld und kann die Wirtschaftlichkeit einer solchen Maßnahme nochmals steigern.

Günstiges Tragverhalten mit gerissenen Querschnittszonen

Eine WIB-Brücke lässt sich wesentlich schneller ausführen als beispielsweise eine vergleichbare Betonverbund- oder Stahlverbundbrücke. Brücken dieses Konstruktionstyps können auf einfache Weise mit handelsüblichen Bauteilen und -stoffen realisiert werden. Gleichzeitig entfällt bei dieser Art Brücke der lange Planungsvorlauf, der stets einkalkuliert werden muss, wann immer Fertigteilelemente verbaut werden sollen. Weitere Vorteile in der Ausführung des eher einfachen Bauwerkstyps ergeben sich, weil auf Lehr- und Schalungsgerüste verzichtet werden kann. Bei einem engen terminlichen und monetären Rahmen wird die WIB-Brücke daher immer mehr favorisiert und kommt somit auch bei Straßenbrücken verstärkt zum Einsatz.
WIB-Brücken können in der Regel mit einer hohen Schlankheit L/h von 25 bis 30 hergestellt werden und zeichnen sich trotzdem durch eine hohe Steifigkeit aus. Durch diese höheren Steifigkeiten treten geringere Verformungen auf. Im Vergleich zu dem üblichen Stahlverbund gibt es bei Rahmenbrücken ausschließlich gerissene Querschnitte. Bei Einfeldträgern reißt der Betonquerschnitt im Feldbereich unten auf, während bei Rahmen- und Mehrfeldbrücken der Betonquerschnitt auch im Stützbereich oben aufreißt (Abb.1). Das Verhalten einbetonierter Stahlträger hängt dementsprechend stark von dieser Rissbildung ab. Das hat spezielle Anforderungen bei Nachweisen aller Art zur Folge. Grundlage der Berechnung ist analog zum Stahlverbund das Gesamtquerschnittsverfahren. Die Reduktionszahlen können wahlweise nach DS 804 Anlage 8, DIN EN 1992-1-1 oder Ec(t)-Verfahren berechnet werden. Im ungerissenen Bereich wird der Verbundquerschnitt in einen äquivalenten Stahlquerschnitt transformiert, während im gerissenen Bereich die Zustand-II-Querschnittswerte durch die Lage der plastischen Nulllinie bestimmt werden. Der zugbeanspruchte Teil des Betonquerschnitts wird hingegen vernachlässigt.

Ausführung einer kommunalen Brücke in WIB-Bauweise

Das Ingenieurbüro Stefan Kleffel im thüringischen Rippershausen-Solz hat aktuell für die Überführung der Hasel in Dillstädt/Schwarza eine Entwurfsstatik für eine schiefwinklige WIB-Brücke aufgestellt. Die Spannweite dieser integralen Brückenlösung beträgt 12,40 Meter. Die variable Breite liegt bei 6,50 bis zu 9,13 Metern. Der Überbau aus C35/45 besteht aus neun einbetonierten Stahlträgern jeweils mit einem HEM 400-Profil und dem Material S355. Die Längsträger sind in die Endquerträger eingespannt, die wiederum auf tiefer gegründeten Bohrpfählen lagern. Als Verkehrsbelastung wurde ein Lokalverkehr der Kategorie 4 angesetzt (Abb. 2). „Mit diesem Auftrag der öffentlichen Hand haben wir die zwischenzeitlich dritte WIB-Brücke geplant“, berichtet Fachingenieur Stefan Kleffel. „Das Bauwerk war aufgrund des unterführten Flusses vom Start weg als dieser Brückentyp vorgesehen, da wir mit einer anderen Konstruktion die durch den unterläufigen Fluss erforderliche geringe Querschnittshöhe so nicht hätten realisieren können. Das Hochwasserpotenzial des Gewässers machte einen Bau von Traggerüsten besonders schwierig, weshalb eine Stahlbetonbrücke prinzipiell ausgeschlossen werden musste. Wäre unsere Wahl auf Spannbeton gefallen, hätten wir den vorgegebenen Kostenrahmen der beauftragenden Gemeinde nicht einhalten können“, führt der Experte weiter aus.

Erfolgreiche Realisation in Zusammenarbeit mit lokalen Bauunternehmen

Bei Auftragsarbeiten wie diesen schätzt der Ingenieur diese Brückenvariante ganz besonders. Sie bietet nicht nur eine hohe Tragfähigkeit bei kleinen Querschnitten, sondern auch die Bauausführung lässt sich bei einer WIB-Brücke ohne allzu großen Aufwand und vor allem zügig durchführen. „Bei dieser Brücke haben wir lediglich die Längsträger aufgelegt und nach Einbau einer konstruktiven einfach zu verlegenden Bewehrung direkt einbetoniert“, so Stefan Kleffel. Ein großer Vorteil besteht darin, dass auch lokale Bauunternehmen in Maßnahmen wie diese involviert werden können, wie in Dillstädt auch geschehen. Da die WIB-Brücke weder einen umfassenden Stahlbau noch das Schweißen von Querträgern oder komplette Auflagerkonstruktionen erfordert, können sich auch Baufirmen an den Ausschreibungen beteiligen, die dieses hochspezifische Fachwissen nicht mitbringen. Die Folge: Die Projekte lassen sich mit lokalen Unternehmen abwickeln. „Auch auf Stahlbauunternehmen können wir bei diesem Bauwerkstyp verzichten, denn die Träger kann man – vom Korrosionsschutz abgesehen – quasi von der Stange kaufen“, ergänzt er mit einem Schmunzeln.

Kleinere Firmen im Aufwind

In der aktuellen Zeit sind WIB-Brücken eine gute Wahl, denn insbesondere kleinere bundesdeutsche Bauunternehmen sind im Corona-Jahr 2020 stärker in den Fokus gerückt. Dafür sprechen auch die klaren Auftragszuwächse dieser Firmen, die für Hochbauprojekte bereits seit dem flächendeckenden Lockdown im Frühjahr zu verzeichnen sind. Aufgrund der Grenzschließungen war es schlichtweg nicht möglich, größere Unternehmen aus dem europäischen Ausland, etwa aus Polen, Tschechien oder Rumänien, miteinzubinden. Ähnlich sieht es jetzt aus, da immer mehr Länder zu Risikogebieten werden und daher eine Termintreue über Ländergrenzen hinweg oftmals nicht mehr gewährleistet werden kann.

Zeitabhängiges FE-Modell

Die FEM-Berechnung des Gesamtbauwerks wurde in fünf Bauzuständen durchgeführt, einschließlich einer Berücksichtigung der sekundären Effekte:

  • N0-Bauzustand
  • NP-Langzeit Bauzustand zeitabhängig
  • N0-Kurzzeit Bauzustand
  • NPT-Bauzustand zeitabhängig sekundär
  • NS-Bauzustand Schwinden sekundär

Die Bemessung der Verbundträger erfolgte für alle Grenzzustände der Tragfähigkeit elastisch und plastisch; die Bemessung von Ermüdung und Gebrauchstauglichkeit schließt die Verformungen im Zustand II mit ein (Abb. 3).

Integrale Bauweisen bieten zusätzliches Einsparpotenzial

Berechnung und Bemessung der WIB-Brücke wurden zunächst in klassischer Art und Weise von Hand durchgeführt. Durch die Verfügbarkeit des neuen Brückenmoduls
„PONTIstahlverbund WIB“ besteht nun die Möglichkeit, eine integrale Brückenbauweise auch für WIB-Brücken mit finiten Elementen in einem Gesamtmodell abzubilden. Eine nachträgliche Bemessung der kommunalen Brücke als integrales Gesamtmodell mit dem neuen PONTI-Modul zeigte noch weiteres Einsparpotenzial, welches durch eine Handrechnung nicht erfasst werden kann. WIB-Brücken lassen sich damit auch mit einem komplexen Tragwerksmodell hochwertig abbilden und wirtschaftlich bemessen. Stefan Kleffel abschließend: „Die Software PONTI von RIB, auf die unser Büro seit vielen Jahren vertraut, bietet uns stets eine enorme Arbeitserleichterung. Wir arbeiten nicht nur wesentlich genauer, sondern sind auch deutlich schneller.“

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