Wenn Vorhaben der Koalition in eine Sackgasse geraten, ist die letzte „Instanz“ der Koalitionsausschuss. Dort scheiterte am vergangenen Dienstag die von der Kanzlerin bereits angekündigte Steuererleichterung für Maßnahmen im Bereich der energetischen Gebäudesanierung. Das milliardenschwere Programm wurde vorerst gestoppt. Weiterhin können hingegen Handwerkerleistungen („haushaltsnahe Dienstleistungen“) steuerlich geltend gemacht werden. Bereits im Dezember hatten Bundesregierung und die Länder vereinbart, den Austausch von Fenstern, alten Heizungsanlagen sowie den Einbau von Wärmedämmung zu fördern. Teil der damaligen Vereinbarung war ein Kompromiss: der Bonus für Dienstleistungen sollte verringert werden und nur noch für Beträge oberhalb von 300 Euro steuerlich geltend gemacht werden können. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer setzte sich letztlich mit seinem Veto gegen diese Abschmelzung durch. Nun gibt es Überlegungen, die Mittel für das Zuschussprogramm der KfW-Bank zu erhöhen.
Die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, Barbara Ettinger-Brinckmann, sieht in diesem Rückwärtsgang auch eine Chance, dass nämlich die politischen Maßnahmen, die das Ziel der CO²-Reduktion verfolgen, neu überdacht werden. „Ohnehin wären die Effekte der steuerlichen Anreize sehr wahrscheinlich relativ gering geblieben“, so die Vertreterin aller deutschen Architekten, „dagegen wäre es an der Zeit, ein wirklich tragfähiges Konzept zu entwickeln. Die politischen Ziele im Bereich des Bauens im Hinblick auf die Energiewende sollten nun endlich auf die „Straße gebracht“ und zwingend mit denen zur Stärkung der Baukultur, sinnvoll verknüpft werden“. Die Bundesregierung habe sich doch der Förderung der Baukultur ebenso verpflichtet wie der Umsetzung der Energiewende. So sei es nur folgerichtig, in der anstehenden Gesetzgebung für die Realisierung von energetischen Sanierungen die Verpflichtung qualifizierter und zugleich unabhängiger Berater vorzusehen, die eine qualitätvolle Planung sicherstellten. „Die Zeit ist reif dafür, die in zahlreichen fachkundigen Gremien gewonnenen Erkenntnisse zur Bewältigung der Energiewende nun in einen Aktionsplan einfließen zu lassen. Qualifizierte Architekten planen energetische Sanierungen produktunabhängig – und immer im Hinblick auf Synergien von Kosten und Nutzen und die Nachhaltigkeit“.
Konkret, so der Vorschlag Ettinger-Brinckmanns, solle die Politik bei ihrer steuerlichen Betrachtung der energetischen Sanierung ihr Augenmerk auf die Differenz zwischen den KfW-geförderten Kosten und den tatsächlich anfallenden Ausgaben lenken: Mit den KfW-Krediten sei immer nur ein Teil der tatsächlich auf der Baustelle entstehenden Kosten abgedeckt. „Darüber hinaus entstehen regelmäßig weitere Ausgaben, die nicht KfW-förderfähig sind. Diese steuerlich zu begünstigen würde die Motivation privater Investoren erhöhen und ist sicher auch politisch wie gesellschaftlich konsensfähig.“ Die Politik könne ihre selbst gesetzten Ziele allerdings nicht erreichen, ohne entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen. „Wir werden es ohne stärkere Anreize, gerade für private Investoren, nicht schaffen. Diese Anreize dürfen nicht mit der Gießkanne, sondern müssen zielgenau eingesetzt werden. Die Maßnahmen müssen ebenso fachlich angemessen wie wirtschaftlich vertretbar sein und einen Beitrag zur Bauqualität darstellen“.