Steildächer überzeugen bei 12 von 16 Entscheidungskriterien
Die Entscheidung, das eigene Haus mit einem Steildach oder einem Flachdach abzuschließen, wurde bisher primär von ästhetischen Überlegungen bestimmt. Während das Steildach in Deutschland eine lange Tradition hat, gilt das Flachdach häufig als moderner. Dabei eröffnet das traditionelle Steildach deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten als ein Flachdach. Nicht nur mit rund 50 Dachziegelarten in verschieden Größen, Formen, Farben und Funktionen bedienen Hersteller wie z.B. ERLUS individuelle Vorlieben. 14 Hauptdachformen – vom Sattel- über das Walm- bis hin zum Pultdach – und unterschiedlichste Arten von Dachaufbauten, wie z.B. Gauben oder Dachflächenfenster, sorgen für zusätzliche Kreativität bei der Dachkonzeption. Nicht zuletzt spielt die Farbe des Daches als fünfte Fassade des Hauses eine entscheidende Rolle in der Gesamtkonzeption des Bauwerks. Aufgrund dieser Vielfalt können sich Ziegeldächer harmonisch in die jeweils gegebene Landschaft und das bestehende Wohngebiet einfügen. Deshalb wird in vielen kommunalen Bebauungsplänen oder Gestaltungssatzungen das Steildach als Dachform ausgewiesen.
Langfristiger Kostentreiber Flachdach
Wenn der Bebauungsplan das Flachdach erlaubt und es der eigenen Ästhetik besser entspricht, sollten zusätzliche Kriterien bei der Wahl des passenden Daches berücksichtigt werden. An erster Stelle stehen dabei für Bauherren die Kosten. In der Anschaffung ist ein Steildach nur geringfügig teurer als ein Flachdach. Betrachtet man jedoch den gesamten Lebenszyklus, summieren sich beim Flachdach langfristig die Zusatzkosten. Denn das Flachdach verfügt über eine teure Unterkonstruktion aus Stahlbetondecken und Schichtaufbauten mit hohen jährlichen Kosten für Wartung und Instandhaltung. So müssen u.a. die verwendeten Abdichtungen häufig erneuert werden. Der Grund: Auf Flachdächern sammelt sich Regenwasser, die Gefahr von Wassereintritt ins Haus steigt und damit das Risiko von Schimmelbildung. Schwere Schneelasten im Winter sind zudem eine hohe Belastung für die Tragfähigkeit des Flachdaches. Die Dachneigung beim Steildach sorgt dafür, dass alle Lasten auf den stabilen Außenwänden liegen, Regenwasser fließt direkt über die Dachrinne ab und schwerer Schnee rutscht in spezielle Schneefangvorrichtungen bis er schmilzt. Diese Witterungsbeständigkeit sorgt dafür, dass das Steildach deutlich seltener gewartet werden muss.
Flachdach macht ein Haus deutlich wartungsintensiver
Innerhalb der durchschnittlichen Lebensdauer eines Hauses von rund 80 Jahren muss das Steildach kein einziges Mal ersetzt werden, während die Abdichtungen auf dem Flachdach im selben Zeitraum gleich mehrmals ausgewechselt werden müssen. Diese Flachdachsanierung ist sehr aufwändig, während beim Steildach einzelne Dachziegel ohne großen Aufwand einfach, schnell und unproblematisch erneuert werden können.
Steildach ist 400 Euro pro Quadratmeter günstiger
Der Forschungsbereich für Industriebau und interdisziplinäre Bauplanung der Technischen Universität (TU) in Wien hat berechnet, dass ein von Beginn an ausgebautes Dachgeschoss unter einem Steildach bei den Baukosten pro Quadratmeter etwa 14 Prozent günstiger abschneidet als ein Flachdach; nach 50 Jahren sind es sogar 16 Prozent. Durch das größere Platzangebot eines ausgebauten Steildaches beträgt laut der TU Wien die Ersparnis gegenüber dem Flachdach innerhalb eines Lebenszyklus mehr als 400 Euro pro Quadratmeter. Aufgrund dieser geringeren Kosten ist das Steildach dem Flachdach vorzuziehen, so das Fazit der Wissenschaftler. Hinzu kommen auch noch günstigere Heizkosten unter dem Steildach aufgrund von einfachen und besseren Dämmmöglichkeiten.
Das Steildach trotzt den Wetterkapriolen
Wetteraufzeichnungen zeigen, dass Stürme im Zuge des Klimawandels kontinuierlich zunehmen. Das Dach ist aufgrund seiner großen Angriffsfläche bei Stürmen, Starkregen oder Hagelschlag immer direkt betroffen. Die häufigsten, aufgrund aufwändiger Reparaturarbeiten teuersten Dachschäden gibt es statistisch bei flachen Dächern aus großflächigen, bahnartigen Werkstoffen. Denn bei ihnen ist eine fachgerechte, punktuelle Schadensbeseitigung nur selten möglich. Je steiler das Dach, desto größer ist der Anpressdruck bei Sturm an der Windseite. Am First wird dieser gebrochen, sodass die Sogkräfte auf der dem Wind abgewandten Seite gering sind. Je flacher die Dachneigung, desto weniger brechen die Windkräfte. Die Folge: Die Sogwirkung ist stärker, die Gefahr, dass das Eindeckmaterial abgehoben wird, steigt. Das Material auf dem Steildach reagiert zudem flexibler bei starkem Wind: Tondachziegel werden durch den Sog nur leicht angehoben und senken sich wieder. Sturmklammern, deren Anzahl je nach Wetterregion exakt berechnet wird, sorgen für deren Fixierung.
Bei Starkregenverhältnissen ist es sinnvoller, den anfallenden Niederschlag nach außen abzuleiten, als ihn in einer Flachdachwanne zu speichern und damit die Konstruktion unnötig statisch zu beanspruchen.
Hitzebildung unter dem Flachdach
Doch nicht nur bei Regen, Sturm, Hagel oder Schnee punktet das Steildach. Auch bei Sonne und hohen Temperaturen hat es Vorteile. Denn Steildächer sind in der Regel zweischalig mit Unterdach, das für einen Entlüftungskanal sorgt, oder mit einem durchlüfteten Dachbodenraum gebaut. In beiden Fällen entweicht die Hitze im Bereich des Firstes, was ein Aufheizen des Raumklimas verhindert. Das einschalige Flachdach heizt sich im Vergleich dazu schnell und stark auf. Nur kostenintensive Zusatzmaßnahmen wie Umkehrdächer, eine Begrünung oder Kies können dem entgegen wirken.
Aufstockung oder Dachraum? – eine Frage der Präferenz
Anhänger des Flachdaches schwören auf die Möglichkeit der Dachnutzung in Form von Dachbegrünung, Dachterrasse, Sonnenkollektoren oder gar eines Schwimmbades. Dachflächen unter freiem Himmel werden de facto nur bei schönem Wetter genutzt. Zudem besteht beim Flachdach die Option, das Haus aufzustocken – falls die Bebauungspläne das erlauben. Eine Aufstockung ist beim Steildach zwar nur bedingt möglich, z.B. durch eine Kniestockanhebung, dafür hat der Hausbesitzer von Beginn an einen zusätzlichen Raum im Dach, den er wetterunabhängig und ganzjährig nutzen kann. Gerade Anhänger von Wohnlichkeit und Gemütlichkeit kommen bei sichtbaren Dachstühlen, Gauben und verwinkelten Zimmerecken auf ihre Kosten und nehmen dafür bewusst in Kauf, im Dachraum weniger Stellflächen zu haben als bei einer vollgeschossigen Flachdach-Aufstockung.
Nutzung von Solarenergie ist auf dem Steildach einfacher
Die Nutzung des Daches als Energielieferant wird heute bereits während der Bauplanung in Betracht gezogen. Sowohl auf dem Steil- als auch auf dem Flachdach können Solaranlagen für die Energieerzeugung befestigt werden. Beim Flachdach lassen sich allerdings nur durch zusätzliche Aufständerungen Solarzellen oder Kollektoren ideal an den Strahlungswinkel der Sonne anpassen. Diese lassen sich jedoch nicht beliebig befestigen, da auflastbasierte Systeme zu punktuellen Lasten auf der Abdichtung führen, was Schäden verursachen kann. Statik und Dachaufbau müssen daher vor der Montage der Solaranlage auf dem Flachdach sehr intensiv überprüft werden. Beim Steildach ist der Winkel zur Sonne aufgrund der Dachschräge grundsätzlich besser. Solarkollektoren und Photovoltaikanlagen lassen sich somit einfacher und schneller auf einem Steildach verlegen. Zudem weisen sie eine wesentlich höhere Regensicherheit auf als aufgeständerte Kollektoren. Letztere schwächen auf Flachdächern die Abdichtung durch ihre Befestigungen oder Auflastungen. Nicht zuletzt fügen sich in die Dachfläche integrierte Solaranlagen harmonischer in das Dach und die Umgebung ein, als aufgeständerte Lösungen.
Positivere Ökobilanz für das Naturprodukt Ton
Beim Flachdach eingesetzte Materialen zur Dichtung wie z.B. Bitumen oder Kunststoffe enthalten nicht selten Schadstoffe und sind nicht recycelbar. Sortenreine Tondachziegeldächer sind dagegen ein Wertstoff und können komplett recycelt werden. Der Naturbaustoff Ton passt optimal zum Naturbaustoff Holz, der für die Sparrenkonstruktion beim Steildach verwendet wird. Dafür bieten Flachdächer durch Dachbegrünung die Möglichkeit, Ausgleichsflächen zu schaffen. Die TU Wien stellte dennoch fest: Im Lebenszyklus von 50 Jahren spart das Steildach im Vergleich zum Flachdach 26,21 Tonnen CO2 ein. 18 Buchen oder 20 Fichten wären notwendig, um diese Menge Kohlendioxid zu binden. Aber wer kann und möchte schon 38 Bäume auf seinem Flachdach pflanzen? Damit hat das Steildach die eindeutig bessere Ökobilanz der beiden Dachvarianten.
Fazit: Steildach schlägt Flachdach
Vergleicht man alle wichtigen Kriterien bei der Wahl eines Daches, überwiegen deutlich die Vorteile des Steildaches. Bei 16 angelegten Kriterien liegt das Steildach bei 12 Kriterien vorne. Lediglich bei der Dachbegrünung und der Geschossaufstockung punktet das Flachdach. In Fragen der Ästhetik gibt es je nach persönlichem Geschmack Argumente für beide Dachformen. Bei allen anderen Kriterien, die Schutz- und Nutzungsfunktionen des Daches, Nachhaltigkeits- oder Kostenaspekte berücksichtigen, bedient das Steildach die Bedürfnisse von Bauherren besser als das Flachdach.