Anliegen der planenden Berufe sollen realisiert werden

Koalitionsvertrag der nächsten Bundesregierung vorgestellt

Politik
Kammer
Mit dem Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ haben die Parteivorsitzenden der CDU/CSU und SPD am 9. April in Berlin ihre politischen Vorhaben für die kommenden vier Jahre vorgelegt. Der rund 140-seitige Vertrag beinhaltet viele Maßnahmen zur Entlastung und Stärkung der Wirtschaft sowie Entbürokratisierung (z. B. Genehmigungsrecht) und schnelleren Digitalisierung (z. B. BIM), von denen mehrere auf Anregung der planenden Berufe aufgenommen wurden. Die Umsetzung in konkrete Maßnahmen will die neue Bundesregierung möglichst zügig beginnen.
Wichtige Punkte für die planenden Berufe im Koalitionsvertrag

 
Entbürokratisierung soll Bautätigkeit ankurbeln

Im Wohnungsbau sollen Investitionen, Steuerentlastungen und Entbürokratisierung die Bautätigkeit ankurbeln. Ein Gesetzentwurf für einen Wohnungsbau-Turbo soll innerhalb der ersten 100 Tage vorgelegt werden. Lärmschutzfestsetzungen sollen erleichtert, das Bauplanungsrecht weiterentwickelt und Nutzungskonflikte zwischen Wohnen, Gewerbe und Landwirtschaft gelöst werden. Baustandards werden vereinfacht, der Gebäudetyp E abgesichert. Normsetzungen durch Selbstverwaltungsorganisationen sollen auf sicherheitsrelevante Maßnahmen beschränkt werden. Die Planungsmethode BIM (Building Information Modeling) wird weiterentwickelt.

 

GEG: Förderprogramme werden zusammengeführt

Der EH55-Standard soll zeitlich befristet wieder förderfähig gemacht werden. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wird technologieoffener, flexibler und einfacher gestaltet. CO₂-Vermeidung wird die zentrale Steuerungsgröße. Die Förderprogramme werden vereinfacht und in zwei Programme für Neubau und Modernisierung zusammengeführt.

 

Sondervermögen wird um Infrastruktur-Zukunftsgesetz ergänzt

Für Investitionen wird eine degressive Abschreibung (AfA) in Höhe von 30 Prozent für die Jahre 2025 bis 2027 eingeführt. Das Sondervermögen Infrastruktur soll Krankenhäuser, Schulen, Brücken und Schienen modernisieren. 100 Milliarden Euro für Länder und Kommunen sowie weitere 100 Milliarden für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) sind vorgesehen. Insgesamt 150 Milliarden Euro werden von 2025 bis 2029 aus Bundesmitteln finanziert. Ein Infrastruktur-Zukunftsgesetz soll Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigen und Projekte rechtlich und verfahrenstechnisch priorisieren.

 

Verkehrsinfrastruktur: Investitionen in die Zukunft

Im Verkehrsbereich wird ein Drei-Säulen-Modell der Finanzierung etabliert: aus Haushaltsmitteln, Nutzerfinanzierung und privaten Kapitalanteilen. Die Autobahn GmbH wird teilweise kreditfähig und erhält die LKW-Mauteinnahmen. Investitionen in Schienennetze werden ausgeweitet, inklusive Regionalstrecken und Großknoten. Ein gesetzlich verankerter Infraplan wird mit verbindlicher Finanzierungszusage versehen. Wasserstraßen, Schleusen und Häfen erhalten eine ausfinanzierte Planungssicherheit.

 

Vergabe: Öffentliche Belange erhalten Vorrang

Im Vergaberecht wird auf Vereinfachung, Beschleunigung und Digitalisierung gesetzt. Schwellenwerte für Direktvergaben werden auf 50.000 Euro, für Start-ups auf 100.000 Euro angehoben. Das Once-Only-Prinzip wird eingeführt, inklusive Doppelerhebungsverbot und Datenpflichten innerhalb der Verwaltung. Der Pakt für Planungs- und Umsetzungsbeschleunigung wird voll umgesetzt, Genehmigungsfiktionen ausgeweitet und neue Rahmengenehmigungen geschaffen. Öffentliche Belange erhalten Vorrang, das Verbandsklagerecht wird reduziert, UVP-Vorprüfungen ausgesetzt, Schwellenwerte angehoben.

 

Aufbau von Planungskapazitäten mit den Kammern

Zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung wird das Planungs-, Bau-, Umwelt-, Vergabe- und Verwaltungsverfahrensrecht grundlegend überarbeitet. Eine europäische Initiative wird gestartet, während der nationale Pakt fortgesetzt wird. Ein einheitliches Verfahrensrecht für Infrastrukturvorhaben soll entstehen. Die verbindliche Stichtagsregelung soll frühzeitig im Planungsprozess greifen. Ersatzneubauten bei Infrastrukturvorhaben sollen vom Planfeststellungsverfahren ausgenommen und die Plangenehmigung zum Regelfall werden. Vorzeitiger Maßnahmenbeginn für Infrastrukturprojekte wird zugelassen.

 

Energie, Klima, Kosten: Dreiklang der Versorgungssicherheit

Im Klimabereich verpflichtet sich die Koalition zum Pariser Klimaabkommen und verfolgt das Ziel der Klimaneutralität bis 2045. CO₂-Reduktion steht im Mittelpunkt. Der European Green Deal und der Clean Industrial Act sollen wettbewerbsfähig weiterentwickelt werden. Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Effizienz werden angestrebt. Dafür werden der Ausbau erneuerbaren Energien und Speicherkapazitäten sowie ein flexibler und effizienter Netzbetrieb forciert. Verbraucher und Unternehmen sollen um 5 Cent/kWh entlastet werden durch Senkung der Stromsteuer, Reduktion von Umlagen und Netzentgelten. Der Ausbau erneuerbarer Energien umfasst Wind-, Solar-, Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie.

 

Impulse für den Mittelstand

Für Mittelstand, Handwerk und Selbstständige sollen flexiblere gesetzliche Rahmenbedingungen, einfachere Vergabeverfahren und schnellere Genehmigungsprozesse geschaffen werden. Auf europäischer Ebene soll eine Anhebung der KMU-Schwelle erreicht werden. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, werden Arbeitsgenehmigungen beschleunigt, Bürokratie und Dokumentationspflichten reduziert, Normen und Standards mittelstandsgerecht vereinfacht und der Zugang zu Innovationsprogrammen erleichtert. Ein sofortiges Moratorium für neue rechtliche Statistikpflichten wird eingeführt, während bestehende überprüft werden. Die Genehmigungsfiktion soll zukünftig allgemein gelten, sofern sie nicht spezialgesetzlich ausgeschlossen wird.
Die Selbstverwaltung der Freien Berufe und berufsständischen Versorgungswerke werden gestärkt. Das Statusfeststellungsverfahren wird reformiert, um Rechtsklarheit für Selbstständige zu schaffen.

 

Fachkräfte gezielt gewinnen

In der Arbeitsmarktpolitik wird die Fachkräftestrategie des Bundes gemeinsam mit den Ländern weiterentwickelt. Deutschland soll für qualifizierte Einwanderung attraktiver werden. Bürokratische Hürden werden durch Digitalisierung und Zentralisierung abgebaut, die Anerkennung von Berufsqualifikationen beschleunigt. Eine digitale „Work-and-Stay-Agentur“ mit zentraler IT-Plattform wird unter Mitwirkung der Bundesagentur für Arbeit eingerichtet. Anerkennungsverfahren sollen innerhalb von acht Wochen abgeschlossen sein. Eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe entwickelt Maßnahmen zur Unterstützung und Umstrukturierung der Zentralstelle für Ausländisches Bildungswesen (ZAB).

 

Staat mit Zukunft: Weniger Vorschriften, mehr Effizienz

Ein Zukunftspakt von Bund, Ländern und Kommunen soll die finanzielle Handlungsfähigkeit stärken. Der Bund übernimmt künftig digitale Vollzugsverantwortung für bestimmte Aufgaben. Hierzu wird das Grundgesetz angepasst. Das Lieferkettengesetz wird abgeschafft und durch ein vollzugsfreundliches Gesetz zur internationalen Unternehmensverantwortung ersetzt. Energieeffizienzgesetze werden vereinfacht. Das geplante digitale Bürokratieportal soll Vorschläge zur Beseitigung von Hemmnissen sammeln.

 

Gründungen innerhalb von 24 Stunden dank digitaler Verwaltung

Im Bereich Wirtschaft und Industrie plant die Koalition die Schaffung eines vollständigen One-Stop-Shops, der alle Anträge und Behördengänge auf einer digitalen Plattform bündelt. Unternehmensgründungen sollen so innerhalb von 24 Stunden möglich sein. Ein Deutschlandfonds mit mindestens zehn Milliarden Euro Eigenmitteln des Bundes, ergänzt durch privates Kapital, soll auf mindestens 100 Milliarden Euro aufgestockt werden. Der Fonds wird als Dachfonds konzipiert, um Finanzierungslücken im Bereich Wachstums- und Innovationskapital, insbesondere für Mittelstand und Scale-ups, zu schließen.

 

Verbesserte Berufsorientierung als Teil der MINT-Förderung

Im Bildungsbereich wird die frühe MINT-Bildung sowie der Wettbewerb „Jugend forscht“ ausgebaut. Die MINT-Förderung soll geschlechtergerecht und inklusiv gestaltet werden, insbesondere zur Stärkung von Mädchen und Frauen in MINT-Feldern. Bei der Berufsorientierung wird die Verzahnung der MINT-Bildung mit digitalgestützter Berufsorientierung, z. B. durch Roadmaps und strukturierte Prozesse, angestrebt. Ziel ist mehr Jugendliche für MINT-Berufe und Studiengänge begeistern.

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