Dom vertraut auf Student der FH Aachen
Der Notre-Dame in Flammen: Für viele Europäerinnen und Europäer war dies ein einschlägiges Erlebnis, vor allem aber auch ein Warnsignal. Denn Schäden an solch ehrwürdigen, historischen Bauten sind trotz Milliardenaufwendungen kaum zu ersetzen. Diesen Umstand und die daraus resultierenden Erkenntnisse nimmt auch die Dombauhütte in Aachen sehr ernst und lässt vom Ingenieurbüro plan Ing aus Aachen ein neues Konzept für die Elektrotechnik im Dom entwickeln. Um den Aachener Dom vor einem Großbrand zu schützen, projektierte Jannik Eiserfey, Student des Studiengangs Smart Building Engineering (SBE) der FH Aachen, im Ingenieurbüro eine videobasierte Branderkennung, die gleichzeitig auch vor Einbrüchen warnen soll. Das für Sakralbauten einzigartige und innovative Projekt mündet schließlich in seiner Abschlussarbeit.
"Bisher ist der Dom lediglich mit einer Brandmeldeanlage in den Dachstühlen gesichert", erklärt Dombaumeister Helmut Maintz. "Der sakrale Bereich ist ungeschützt". Dabei mangelt es dem Dom nicht an leicht entflammbaren Gegenständen: "Altäre, Gestühle, Orgeln und Paramente sind aus Holz oder Textilien, und in unmittelbarer Nähe stehen Kerzen, die eine große Gefahr für einen Brand darstellen", sagt Maintz besorgt.
Damit der Dom in Zukunft optimal geschützt ist, arbeitet der SBE-Student Jannik Eiserfey an einer innovativen Methode, die bisher in Industriehallen eingesetzt wird und in historischen Gebäuden derzeit einzigartig ist: Kameras mit Bilderkennungssoftware und Frühwarnsystem. "Die Künstliche Intelligenz der Kameras kann erkennen, wenn Flammen entstehen oder Rauch aufsteigt. Wenn die Kamera einen Brand ermittelt, verständigt das System automatisch die Feuerwehr", erklärt der 23-Jährige. Damit das funktioniert, benötigt die Anlage jedoch eine gewisse Grundhelligkeit. Durch die Fenster, die für ein einzigartiges Lichtspiel sorgen, ergeben sich im Dom besonders schwierige Lichtverhältnisse. Zusätzlich muss das System lernen, Lichtquellen wie Kerzen, die ordnungsgemäß brennen, nicht als Gefahr einzuordnen.
Eine weitere Schwierigkeit bei der Installation einer solchen Anlage ist, dass der Dom seine Einzigartigkeit behalten soll. "Der Dom ist sehr sensibel. Vieles kann nicht geändert werden, wie beispielsweise der Putz, um Leitungen zu verlegen oder eine Kamera anzuschrauben. Da muss man wirklich um die Ecke denken", erklärt Prof. Dr. Tobias Frauenrath, Professor im Lehrgebiet Automation in der Gebäudetechnik am Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik der FH Aachen und Betreuer des Projektes. "Man kann auch nicht überall Kameras aufhängen und ein Fort Knox aus dem Gebäude machen. Der Dom soll ja seinen optischen Eindruck behalten; die Ausstrahlung darf nicht verloren gehen."
Mit Hilfe eines Planungstools am Grundriss des Doms ermittelt der Student die Positionen der Kameras. Dabei musste er darauf achten, dass diese am besten auf geraden Flächen, wie Vorsprüngen installiert werden, denn das Anbohren ist aufgrund des Denkmalschutzes verboten. Zusätzlich musste sich der Bachelorand Gedanken über die Stromversorgung der Kameras und der Alarmübertragung machen.
Derzeit befindet sich die Anlage noch in der Planungsphase. "Die Kameras müssen lernen, zu unterscheiden, in welchen Situationen es ernst wird und in welchen nur die Sonne in den Dom einfällt," erzählt Eiserfey. Um das System an die spezifischen Umgebungsbedingungen anzupassen, wurden Versuche im Dom durchgeführt, bei denen kleine, kontrollierte Brände gelegt wurden. "Das war sehr aufregend für mich. Es kam heraus, dass die Kameras die Brandentwicklungen zwar registrieren", erzählt der Student, "allerdings müssen in der Bildeinstellung zusätzliche Dinge beachtet werden, damit sie zuverlässig funktionieren können. Daran arbeiten wir gerade zusammen mit der Firma Bosch Sicherheitssysteme GmbH, dem Hersteller der Kamera."
In den ersten Monaten nach der Inbetriebnahme könne es daher auch zu dem einen oder anderen Fehlalarm kommen, aber die Feuerwehr wurde natürlich mit einbezogen und unterstützt das Projekt, erklärt Ralf Wolters, Inhaber von plan Ing aus Aachen. Auch die Feuerwehr wird ihren Nutzen aus der Anlage ziehen können: Sie können zukünftig von den Bildern der Kameras profitieren und bereits bei der Anfahrt zum Dom die beste Strategie zur Brandbekämpfung klären. Anfang Juni sollten die neue Elektrotechnik eingebaut werden, ab Oktober die Kameras im Dom installiert sein.
Für Dombaumeister Helmut Maintz ist die Anlage eine Erleichterung: "Wir hoffen durch diese Brandmeldeanlage eine erhebliche Verbesserung des Schutzes vom Aachener Dom zu erreichen. Das ist ein großer Schritt für das Welterbe!"
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