Ladesäulen in Tiefgaragen sicher nachrüsten

TÜV Süd

greenBUILDING
Media & Communication Systems (MCS) GmbH Thüringen
Videor E. Harting GmbH
zweiB GmbH
Quantum
Gebäudetechnik
Tiefbau und Infrastruktur
Green Engineering: Umwelt, Energie, Mensch
Energie • Klima • Dämmung

Elektrische Sicherheit

Seit der WEG-Reform wird der Ausbau von Lademöglichkeiten für Elektorfahrzeuge gefördert. Um einer Überlastung der elektrischen Infrastruktur vorzubeugen, müssen Fachplaner wissen, welche rechtlichen und technischen Vorgaben gelten und wie sie diese umsetzen.

Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) im Dezember 2020 haben Wohnungseigentümer und Mieter einen rechtlichen Anspruch auf die Errichtung einer Ladesäule in der Tiefgarage oder auf dem Grundstück des Wohnhauses. Bei gemeinschaftlichem Eigentum genügt für einen Beschluss die einfache Mehrheit der Miteigentümer. Auch auf Verlangen des Mieters ist einer Umbaumaßnahme zuzustimmen. Ein Recht auf Selbstvornahme besteht ohne Einverständnis des Vermieters jedoch nicht. In jedem Fall muss die bauliche Änderung unter Wahrung gegenseitiger Interessen zumutbar sein.
Um den Ausbau voranzubringen, sieht der Gesetzgeber einen Zuschuss in Höhe von 900 Euro je Ladepunkt vor. Mit dem Förderprogramm „Ladestationen für Elektroautos – Wohngebäude“ haben laut Bundesregierung Förderbanken seit Ende November 2020 schon mehr als 410.000 Förderanträge bewilligt (Stand Mai 2021). Aktuellen Schätzungen zufolge dürften demnach fünf bis zwanzig Prozent aller Tiefgaragenstellplätze mit einer Ladesäule ausgestattet werden. Darunter fallen bei Neubauten auch entsprechende Vorhaltungen, die eine spätere Verkabelung und Montage ermöglichen.

Technische Herausforderungen

Zu berücksichtigen ist vor allem die kombinierte, maximale Leistungsaufnahme des Wohngebäudes und der Ladeinfrastruktur: Meist werden Elektroautos in den frühen Abendstunden geladen, während leistungsstarke Verbrauchsmittel wie Elektroherde oder Warmwasserbereiter im Betrieb sind. Das kann mitunter zu einer Überlastung der elektrischen Leitungen führen und birgt Brandgefahren.
Einer möglichen Überlastung vorbeugen lässt sich durch ein intelligentes Lastmanagementsystem. Die Spitzen-Leistungsaufnahme des Gesamtsystems Wohngebäude plus Ladesäule wird begrenzt und der Lastkurvenverlauf insgesamt geglättet. Auch kann Strom aus regenerativen Energiequellen wie PV-Anlagen sinnvoll eingebunden werden, was zusätzlich die Energiekosten senken kann – indem der Bezug extern erzeugter Energie minimiert oder der PV-Strom in einem Batteriespeicher zwischengespeichert wird. Vorab sind die Leistungsreserven des Gebäudes zu ermitteln.
 

Normative Vorgaben

Bei Ladesäulen handelt es sich um Niederspannungsanlagen, deren Errichtung die Normenreihe DIN VDE 0100 regelt. Fachplaner müssen vor allem die Anforderungen aus Teil 722 berücksichtigen. Die DIN VDE 0100-722 definiert Rahmenbedingungen, um die Schutzziele der DIN VDE 0100-100 speziell beim Aufbau von Ladepunkten einzuhalten. Beispielsweise sind Maßnahmen zu treffen, die vor elektrischem Schlag und thermische Auswirkungen sowie Überlast und Kurzschluss schützen. So ist etwa die Verwendung eines kombinierten Schutz- und Neutralleiters (PEN-Leiters) unzulässig.
Weitere Anforderungen an die Planung unter Berücksichtigung der notwendigen Schutzmaßnahmen definiert die DIN VDE 0100-443. Demnach sind alle Anschlusspunkte mit einem Überspannungsschutzgerät auszustatten. An Ladesäulen mit Steckdosen oder Fahrzeugkupplungen nach DIN EN 62196 sind zudem Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen einzusetzen. Je nach Hersteller sind sie entweder bereits in der Ladeeinrichtung integriert oder aber in der Versorgungsleitung zu installieren.

Bauliche Anforderungen

Die bauordnungsrechtlichen Grundlagen beschreiben die Garagen- und Stellplatzverordnungen (GaStellV) der Länder. Sie unterscheiden sich in manchen Punkten voneinander, basieren jedoch alle auf einer gemeinsamen Muster-Verordnung. Besondere Vorschriften für Ladeeinrichtungen sind bislang meist noch nicht enthalten. Änderungen kommen aber fortlaufend hinzu.
Enthält die aktuell gültige bayerische Fassung noch keine speziellen Anforderungen an die Installation von Ladesäulen, sieht es in der hessischen Garagenverordnung (GaV) schon anders aus. Hier müssen mindestens fünf Prozent der Stellplätze einen Ladeanschluss haben (Paragraf 2, Abs. 3). Nach Artikel 8 der EU-Richtlinie zur Gebäudeeffizienz sind für neue oder umfangreich renovierte Wohngebäude bei mehr als zehn Stellplätzen für mindestens fünf Prozent der Stellplätze spätere Anschlussmöglichkeiten einzuplanen.

Verantwortlichkeiten und Pflichten

Handelt es sich um öffentlich zugängliche Ladepunkte, muss der Errichter gemäß Ladesäulenverordnung (LSV) vier Wochen vor Beginn der geplanten Installation die Bundesnetzagentur schriftlich informieren. Auch ein Betreiberwechsel oder eine Außerbetriebnahme ist meldepflichtig.
Vor der ersten Inbetriebnahme muss zudem eine Prüfung der elektrischen Anlage erfolgen – durch Elektrofachkräfte gemäß DIN VDE 0100-600. In der Pflicht steht hier der Errichter. Sachverständigen-Organisationen werden bislang nur in Einzelfällen hinzugezogen. Zugrunde gelegt werden dann die Ergebnisse und Messungen aus den Protokollen des Errichters. Um die technische Sicherheit dauerhaft zu gewährleisten, ist die elektrische Anlage zudem nach DIN VDE 0105-100/A1 wiederkehrend zu prüfen. Nach DGUV Vorschrift 3 gilt eine Frist von einem Jahr. Darüber hinaus wird eine wiederkehrende Prüfung der Kommunikation zwischen Ladesäule und Fahrzeug empfohlen, da diese maßgeblich zur elektrischen Sicherheit beiträgt.

Fazit

Bei der Planung von Ladesäulen sehen sich Fachplaner nicht nur mit bauordnungsrechtlichen Anforderungen konfrontiert, sondern auch mit normativen Vorgaben für die elektrische Sicherheit. Bei allen Fragen unterstützt TÜV Süd Industrie Service: von der ersten Analyse der technischen Grundlagen über Risikobeurteilungen und die Netzanalyse bis hin zu Prüfungen während der Errichtung, vor Inbetriebnahme sowie bei wiederkehrenden Prüfungen – damit ein sicherer Betrieb jederzeit gewährleistet ist.
 

Autoren


Alexander Kleinmagd

Abteilungsleiter Elektro- und Gebäudetechnik und Sachverständiger für Explosionsschutz und Elektrotechnik bei TÜV Süd Industrie Service GmbH

Stefan Veit

Leiter für Produkt- und Qualitätsmanagement, Bereich Elektrotechnik, Geschäftsfeld Elektro- und Gebäudetechnik der TÜV SÜD Industrie Service

Kontakt: www.tuvsud.com

Newsletter

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit „Bauplaner News“, unserem 14-tägigen E-Mail-Service, der Bauingenieur:innen und Planer:innen über die neuesten Entwicklungen informiert.

Erhalten Sie aktuelle Nachrichten aus der Branche, Einblicke aus der Bauforschung und Neuigkeiten aus der Industrie direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

Sie können dem Erhalt des Newsletters jederzeit über einen Abmeldelink widersprechen. 

Ihre E-Mail-Adresse wird ausschließlich zur Versendung des Newsletters verwendet und nicht an Dritte weitergegeben.

Die Datenschutzerklärung des Newsletter-Dienstleisters CleverReach finden Sie hier.

Abonnieren Sie jetzt kostenlos den 14-tägigen Newsletter "Bauplaner News": 

 

Ähnliche Beiträge