Brauchen wir eine Approbation für Ingenieure?

Das Ziel: Eine zeitgemäße, eigenverantwortlich organisierte Berufsaufsicht

Deutsches Ingenieurblatt 06/2022
Aus der Branche
Normen und Regelwerke
Die Erbringung freiberuflicher Leistungen ist in Deutschland – je nach Berufsbild – sehr heterogen geregelt. Während im wirtschaftlichen, juristischen oder medizinischen Bereich die berufsständischen Interessenvertretungen in der Mitverantwortung für die korrekte Berufsausübung ihrer Mitglieder stehen, gibt es im Bereich der Ingenieurwissenschaften diese eigenverantwortliche Kontrolle in vergleichbarer Form nicht. Dabei sind die dafür erforderlichen Strukturen durch die etablierten Länderingenieurkammern, alle Körperschaften öffentlichen Rechts, bereits gegeben. Sie mit mehr Kompetenz auszustatten, würde den Staat in sicherheitsrelevanten Bereichen enorm entlasten, ist der Autor dieses Artikels überzeugt.

Wer als Arzt in Deutschland tätig sein will, braucht dafür eine staatliche Zulassung, die sogenannte Approbation. Dabei spielt es keine Rolle, ob er (oder sie) sich als Freiberufler mit einer eigenen Praxis niederlassen oder als angestellter Mediziner in einer Klinik arbeiten will – die Approbation ist in jedem Fall eine unabdingbare Voraussetzung für die ärztliche Berufsausübung. Ein Studienabschluss allein, auch eine medizinische Promotion, reicht dafür nicht aus; er ist nur die notwendige Grundlage dafür, dass die Zulassung auf Antrag erfolgen kann. Weitere Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation sind gesundheitliche Eignung, untadeliges Verhalten im gesellschaftlichen Leben und hinreichende Kenntnis der deutschen Sprache. Zuständig für die Erteilung der Approbation ist stets eine staatliche Stelle, je nach Bundesland zum Beispiel die zuständige Landesdirektion, die örtliche Bezirksregierung oder ein Landesamt. Ist sie erteilt, und nimmt der approbierte Arzt seine Berufstätigkeit auf, wird er zugleich Pflichtmitglied der Landesärztekammer des Bundeslands, in dem er arbeitet.

Die Landesärztekammern sind als Körperschaften öffentlichen Rechts die Träger der berufsständischen Selbstverwaltung der Ärzte in Deutschland; sie vertreten die Interessen der Ärzteschaft, überwachen die Berufsausübung ihrer Mitglieder, fördern die ärztliche Fortbildung und nehmen auch die Facharztprüfungen ab. Es gibt also eine ziemlich klare Aufgabenteilung: Die Hochschulen sorgen für die wissenschaftlich fundierte Berufsqualifikation, die staatlichen Stellen prüfen, ob die darüber hinaus notwendigen Qualifikationen erfüllt sind, und die Kammern sorgen für die fachliche Aufsicht Wer als Arzt in Deutschland tätig sein will, braucht dafür eine staatliche Zulassung, die sogenannte Approbation. Dabei spielt es keine Rolle, ob er (oder sie) sich als Freiberufler mit einer eigenen Praxis niederlassen oder als angestellter Mediziner in einer Klinik arbeiten will – die Approbation ist in jedem Fall eine unabdingbare Voraussetzung für die ärztliche Berufsausübung. Ein Studienabschluss allein, auch eine medizinische Promotion, reicht dafür nicht aus; er ist nur die notwendige Grundlage dafür, dass die Zulassung auf Antrag erfolgen kann.

Zuständig für die Erteilung der Approbation ist stets eine staatliche Stelle, je nach Bundesland zum Beispiel die zuständige Landesdirektion, die örtliche Bezirksregierung oder ein Landesamt. Ist sie erteilt, und nimmt der approbierte Arzt seine Berufstätigkeit auf, wird er zugleich Pflichtmitglied der Landesärztekammer des Bundeslands, in dem er arbeitet. Die Landesärztekammern sind als Körperschaften öffentlichen Rechts die Träger der berufsständischen Selbstverwaltung der Ärzte in Deutschland; sie vertreten die Interessen der Ärzteschaft, überwachen die Berufsausübung ihrer Mitglieder, fördern die ärztliche Fortbildung und nehmen auch die Facharztprüfungen ab. Es gibt also eine ziemlich klare Aufgabenteilung: Die Hochschulen sorgen für die wissenschaftlich fundierte Berufsqualifikation, die staatlichen Stellen prüfen, ob die darüber hinaus notwendigen Qualifikationen erfüllt sind, und die Kammern sorgen für die fachliche Aufsicht über die ärztliche Berufstätigkeit; sie finanzieren sich aus den Beiträgen ihrer Mitglieder.

Die Berufsaufsicht bei Rechtsberufen und Wirtschaftsprüfern
Auch Rechtsanwälte bedürfen, wenn sie in Deutschland beruflich tätig sein wollen, einer Zulassung. Hier sind es die Rechtsanwaltskammern selbst, die diese Zulassung erteilen; sie sind als Körperschaften öffentlichen Rechts die zuständige Aufsichtsbehörde. Anders als bei den Heilberufen richtet sich die regionale Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammern nicht nach den Grenzen der 16 Bundesländer, sondern nach den 28 Oberlandesgerichtsbezirken Deutschlands. Aber auch bei Rechtsanwälten gilt: Jeder Anwalt, ob freiberuflich tätig oder abhängig beschäftigt, benötigt zusätzlich zum erfolgreich abgelegten Zweiten Staatsexamen eine Zulassung.

Wer sie erhält, wird zugleich Pflichtmitglied in der Kammer seines Bezirks. Die zuständige Kammer erteilt nicht nur die Rechtsanwaltszulassung – und entzieht sie auch erforderlichenfalls –, ihr obliegt auch die Überwachung der Einhaltung des Berufsrechts, die Erteilung der Erlaubnis des Führens von Fachanwaltsbezeichnungen, die Interessenvertretung der Kammermitglieder, das Führen eines Rechtsanwaltsverzeichnisses und die Durchführung der Vereidigung neu zugelassener Rechtsanwälte.

Erklärtes Ziel der Kammern ist es zudem, die Unabhängigkeit der Anwaltschaft von staatlicher Einflussnahme zu sichern. Ihre Finanzierung erfolgt über Mitgliedsbeiträge. Als drittes Beispiel für die Strukturen freiberuflicher Tätigkeit in Deutschland sei der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer genannt. Hier übernimmt die bundesweit tätige Wirtschaftsprüferkammer – auch sie eine Körperschaft öffentlichen Rechts – die Aufgabe, auf der Grundlage eines von ihr selbst bundeseinheitlich durchgeführten Examens die Zulassung zur Berufsausübung als Wirtschaftsprüfer zu erteilen. Die gesetzlich geregelten Aufgaben der Wirtschaftsprüferkammer liegen außerdem in der Berufsaufsicht, dem Erlass von Regelungen zur Berufsausübung in Form von Satzungen, in der Bestellung von Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern sowie in der Interessenvertretung ihrer Mitglieder.

Die staatliche Aufsicht über die Kammer liegt in den Händen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Ihre Finanzierung erfolgt über Mitgliedsbeiträge. Auch hier gilt: Jeder in Deutschland tätige bestellte Wirtschaftsprüfer ist Pflichtmitglied der Wirtschaftsprüferkammer – auch wenn er nicht freiberuflich tätig ist, sondern seinen Beruf in abhängiger Beschäftigung ausübt.

Das Zusammenwirken von staatlicher Aufsicht und Selbstverwaltung
Es liegt nicht in der Absicht des Autors dieser Zeilen, die Geduld der Leserin und des Lesers, die ihm bis hierhin gefolgt sind, mit der Darstellung der Strukturen der Berufsaufsicht anderer freier Berufe in Deutschland auf die Probe zu stellen. Aber es kann nicht schaden, sich bewusst zu machen, dass das Nebeneinander von staatlicher Aufsicht und berufsständischer Selbstverwaltung bei Ärzten, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern – und weiteren Berufen – allgemein als selbstverständlich angesehen wird, und dass dies ebenso für die verpflichtende Mitgliedschaft in einer Kammer gilt. Die für diese Berufe behördlich verordnete Kammermitgliedschaft ist Ausdruck des Bestrebens, den Staat von Aufsichtspflichten in Bereichen zu entlasten, in denen er selbst nur über eingeschränkte Fachkompetenz verfügt.

In diesem Sinn ist die Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer, die als Körperschaft öffentlichen Rechts agiert, nicht als überflüssige Regulierungsmaßnahme, sondern im Gegenteil als ein Element der Deregulierung zu verstehen. Die freien Berufe erheben damit den Anspruch, die Qualitätskontrolle über ihre Dienstleistungen selbst zu organisieren, und man darf unterstellen, dass sie dies auch erfolgreich tun. Hinzu kommt der wichtige Aspekt des Verbraucherschutzes. Der Patient, der Klient, der Verbraucher: Sie alle können sich sicher sein, dass der konsultierte Arzt, der juristische Beistand oder der beauftragte Wirtschaftsprüfer unter einer geordneten Berufsaufsicht stehen und man ihren Kompetenzen – in aller Regel – Vertrauen entgegenbringen darf.

Die Ingenieurkammern als organisatorische Basis
Vor diesem Hintergrund ist es schwer einzusehen, dass wir Ingenieure uns mit der Vorstellung so schwertun, eine selbstverwaltete Berufsaufsicht könnte auch für uns eine sinnvolle und erstrebenswerte Vision sein. Zumindest bei am Bau tätigen Ingenieuren, die in der Tragwerksplanung oder im Bereich des Brandschutzes arbeiten, geht es ähnlich wie bei ärztlichen Dienstleistungen schnell um Fragestellungen, die für die Auftraggeber von eminenter Bedeutung sind und unter Umständen sogar die Sicherheit von Leib und Leben der Nutzer betreffen. Warum also sollten bei Ingenieuren andere Standards gelten als bei den zuvor beschriebenen Professionen? Was spricht dagegen, für den Ingenieurberuf ein Berufsausübungsrecht einzuführen, wie es für andere freie Berufe schon längst selbstverständlich ist?

Die organisatorischen Voraussetzungen dafür sind gegeben, denn die Ingenieurkammern existieren ja bereits; in allen Bundesländern sind sie als Körperschaften öffentlichen Rechts etabliert. Die potenziellen Träger einer selbstverwalteten Berufsaufsicht sind somit bereits vorhanden. Gewiss wird es kaum möglich sein, ein bundesweit gültiges Berufsausübungsrecht von heute auf morgen einzuführen, schon allein deswegen, weil das Bauen in Deutschland Ländersache ist. Doch wenn sich die Länderkammern auf eine gemeinsame Grundstruktur für ein Berufsausübungsrecht einigen könnten, sollte es möglich sein, bei jeder anstehenden Gesetzesnovellierung eines Ingenieurgesetzes im Sinn einer Konvergenz derselben einen Schritt in die richtige Richtung zu gehen. Das Projekt „Listenharmo-nisierung“ wäre ein solcher erster Schritt.

Sicherheitsrelevante Aufgaben zuerst
Um die in der Überschrift dieses Artikels aufgeworfene, zugegebenermaßen etwas provokant formulierte Frage zu beantworten: Vielleicht muss es ja nicht gleich die „Approbation für Ingenieure“ sein. Wer ein Getriebe konstruiert, ein Beleuchtungskonzept entwirft oder eine Kalkulation für ein Bauprojekt aufstellt, muss dies auch tun dürfen, ohne sich zuvor einer Fachingenieurprüfung durch eine Kammer unterzogen zu haben oder eine Zulassung zu beantragen. Aber vielleicht könnten sich die am Bau tätigen Ingenieure auf einen Katalog besonders sicherheitsrelevanter Aufgaben einigen, für die eine selbstverwaltete Berufsaufsicht obligatorisch sein sollte, egal ob diese Aufgaben in freier oder abhängiger Beschäftigung gelöst werden. Das wäre auch deshalb sinnvoll, weil die Kongruenz zwischen dem früheren akademischen Grad „Diplom-Ingenieur“ und dem Berufsbild des Ingenieurs infolge der in den letzten Jahrzehnten erfolgten Auffächerung des Studienangebots an den Hochschulen und der fortschreitenden Spezialisierung der einzelnen Ingenieurdisziplinen weniger klar erkennbar ist als früher. Aus der Sicht des Autors wäre dies ein erstrebenswertes Ziel und der Einstieg in die Schaffung einer zeitgemäßen, von Ingenieuren eigenverantwortlich organisierten Berufsaufsicht, die auch europäischen Standards genügt. 

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