Eine Krone für Offenburgs Bizzz

Sonderlösung für Fassade

Deutsches Ingenieurblatt 04/2020
Objekte

Die Stadt Offenburg im Südwesten Baden-Württembergs hat ein neues Highlight. Mit der Eröffnung des Bizzz konnte die große städtebauliche Maßnahme am Kronenplatzareal erfolgreich abgeschlossen werden. Die außergewöhnliche Fassade des Bürogebäudes setzt dabei dem Gelände sprichwörtlich „die Krone auf“. Freyler Metallbau aus Kenzingen hat die auffallende Außenhülle technisch entwickelt und realisiert.

Als erste Idee für das Gebäude sahen der Bauherr und der Projektleiter ein Bauinformationszentrum (Bizzz) vor. Im Zuge des Architekturwettbewerbs entwarf das Architekturbüro Müller + Huber aus Oberkirch einen 2.000 m2 großen, fünfgeschossigen Büroquader mit einer vorgesetzten Fassadenstruktur. Das Bizzz befindet sich in direkter Nachbarschaft zu sehr prominenten Gebäuden – dem Burda Gebäude und dem Burda-Hochhaus. Beide stammen aus der strukturalistischen Architektur der 50er und 60er-Jahre. Dieses wurde von den Planern neu interpretiert und in die heutige Zeit versetzt. Auch die Stadt Offenburg begrüßte das Konzept: Direkt am Stadteingang, an der Hauptzufahrtsstraße gelegen, sollte ein besonderes Gebäude erstellt werden, das mit seiner Neuinterpretation zum Bestehenden passt. Entstanden ist ein Neubau mit einer interessanten Fassade: Dünne, weiße Aluminiumstreben ranken sich rund um das Gebäude und erstrecken sich bis über das oberste Stockwerk hinauf.
Freyler Metallbau wurde bereits zum Zeitpunkt der Planung als Partner hinzugezogen. Ihre Aufgabe war, Antworten auf die Fragen: Wie realisieren wir eine solche Fassade und aus welchem Material soll sie sein?, zu finden. Bei weiteren Bauprojekten auf dem Kronenplatz hatte der Planungs- und Baupartner bereits seine Expertise für Sonderlösungen und Ingenieur-Know-How gezeigt: Das Gesundheitszentrum oder auch das B&B Hotel sind mit Glas-Alu-Fassaden vom Metallbauer ausgestattet.

Gemäß der Statik: Hängen statt stellen

Besonders anspruchsvoll waren die Überlegungen zur Statik. Da die Streben sehr schmal sein sollten, konnte die Fassade nicht aufgestellt werden. Für die filigrane Struktur gab es somit nur eine Lösung: vor den Neubau hängen. Hierfür wurde sie mit ihrer gesamten Gewichtslast jeweils an der obersten Deckenkante mit massiven Stahlträgern rund um das Gebäude herum aufgehängt. Es sollte so wenig Gewicht wie möglich in die oberste Deckenstirn eingeleitet werden, daher entschieden sich die Verantwortlichen für Aluminium. Die Materialausdehnung im Sommer und -abkühlung im Winter galt es ebenfalls zu beachten. Einkalkuliert werden musste auch, dass bei Aluminium etwa 40 mm Bewegungen auszugleichen sind. Hierfür ragen Stahlschwerter aus dem Bodenfundament, an dem die ankommenden Streben angebunden sind und somit ausreichend Bewegungsspielraum haben. Gemeinsam erörterten die Projektpartner auch die Frage, wie die zusammenhängende Fassadenstruktur um die Gebäudeecken herum ausgeführt wird. Hierfür kam die neue Technik des 3D-Drucks zum Einsatz. Anschaulicher als in Skizzen konnten so die Biegungen der Profile dargestellt und verschiedene Ideen ausprobiert werden. Denn je nach Betrachtungsweise verändert sich die Struktur: Vor allem aus der Frontale überzeugt das Filigrane, geht oder fährt man am Gebäude vorbei wirkt sie in der Tiefe präsenter.

Highlight aus Hell und Dunkel bei Tag und bei Nacht

Der hochwertige Bürokomplex selbst ist ein dunkler Glasbaukörper in Betonskelettbauweise. Für die eigentliche Fassade wählte man eine klassische Pfosten-Riegel-Konstruktion, die im Deckenbereich getrennt, eingeschossig angebracht ist. Hochwärmegedämmtes, raumhohes Sonnenschutzglas sorgt für einen rundum freien Blick auf das Kronenareal. Für zusätzliche Sonnenschutzraffstores ist ein Sonnenschutzkasten in der Verblendung vor der Deckenstirn angebracht.
In dieser Unterkonstruktion befinden sich auch die Befestigungselemente des Aluminiumgeflechts. So wurde das optische Erscheinungsbild eines geschlossenen Glas-Kubus sichergestellt. Nur wo sich Treppenhaus und Versorgungsschächte befinden, ist eine dunkle, genietete Alucobondfassade angebracht, die ebenfalls von Freyler Metallbau geplant und ausgeführt wurde. Tagsüber hebt sich dadurch das weiße, vorgesetzte Fassadengeflecht sichtbar vom dunklen Gebäude ab.
Nachts wird es zum absoluten Highlight: Eine in das Geflecht eingearbeitete LED-Beleuchtung bringt die weiße „Krone“ zum Strahlen. Hierfür wurde bereits vorab eine Nut in die Aluminiumprofile eingearbeitet, sodass anschließend die LEDs nur noch eingeklipst wurden. Die Beleuchtung beeinträchtigt damit nicht die filigrane Erscheinung, sondern setzt sie gekonnt in Szene.

Höchstleistung und Präzision auch bei der Bauausführung

Während der Bauphase gab es für alle Beteiligten noch einmal spannende Momente: Der komplexe Aufbau der Fassadenelemente erforderte bereits bei der Vorfertigung im Freyler Werk höchste Präzision. Ähnlich eines Puzzles galt es anschließend die einzelnen Teile des Geflechts auf der Baustelle zusammenzustecken. Mit großem handwerklichem Geschick führten die Monteure die trotz ihrer filigranen Beschaffenheit sehr schweren Elemente zusammen – und das mitten im Winter bei tiefsten Temperaturen. Doch die Höchstleistung bis zum Schluss hat sich ausgezahlt: Innerhalb zwölfmonatiger Bauzeit wurde das Gebäude verwirklicht. Inzwischen haben die Mieter ihr neues Quartier bezogen. Neben einem Deli-Café im Erdgeschoss bewohnen verschiedene Ingenieurbüros und Dienstleister das zum Businessinformationszentrum umbenannte Bizzz. Ein großes 1:50 Modell sowie ein kleineres Modell erinnern beim Architekt und bei Freyler Metallbau auch in Zukunft noch an dieses außergewöhnliche gemeinsame Projekt.

Stefan Gauss
Freyler Metallbau

Technische Daten
Fertigstellung: Juli 2018
Größe Bürogebäude: 2.000 m2
Fassade gesamt:
1.472 m2
Ucw Glasfassade: 1,1 W/m2K
Opake Paneele: 522 m2
Verglasung: Formate:1070 x 2917 mm
Pfosten-Riegel-Konstr.: Raico A-V 56/125
Fassadengeflecht: Objektspezifisch entwickelte Profile

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