Angela Brümmer lebt in Berlin und auf ihrer eigenen Burg in Sachsen- Anhalt. Ihre zierliche Gestalt steht ziemlich im Gegensatz zu ihrer toughen Herangehensweise an schwierige Themen. Bereits heute gilt sie als gefragte Beraterin in Sachen Denkmalschutz, Revitalisierung von Baudenkmalen, von Burgen bis hin zu ganzen Innenstädten. Schon während des Studiums hat die 31-Jährige ihr erstes Unternehmen gegründet, zahlreiche Preise gewonnen und ist regelmäßiger Gast auf Podien. Insgesamt 30 Bauabschnitte hat sie begleitet, darunter waren neun Burgen und Schlösser, aber auch Kirchen, Industriedenkmale und sogar ein Bauhaus-Objekt. Insgesamt ist ein Bauvolumen von weit über 100 Mio. € über ihren Schreibtisch gegangen.
Frau Brümmer, was fasziniert Sie an alten Mauern?
Ich bin da tatsächlich reingewachsen. Meine Eltern haben eine Burg erworben, da war ich zwölf Jahre alt. Seit über zehn Jahren kümmere ich mich um die Erhaltung und Sanierung der Burg. Ich bin der Meinung, dass historische Gebäude erhalten werden sollen. Sie sind landschafts- und stilprägend für ganze Regionen, daher sollten wir alles tun, damit auch kommende Generationen diese Kulturgüter
erleben können.
Sie haben Tourismus studiert. Sind Sie vom Tourismus zu Burgen gekommen oder umgekehrt?
Das ist Hand-in-Hand gegangen und hat sich gegenseitig inspiriert. Mein Schwerpunkt war das Destinationsmanagement und da gibt es viele Anknüpfungspunkte zu meiner jetzigen Tätigkeit. Zudem habe ich dieses Studium gewählt, weil es in der Nähe unserer Familien- Burg angeboten wurde und ich viel vor Ort anpacken wollte. So konnte ich schon früh Theorie und Praxis vereinen. Allein der Gedanke, eine Burg- oder Schlossanlage wieder aufzubauen, überfordert die meisten.
Warum tun Sie das?
Es gibt so viele Facetten. Eine alte Anlage hat einfach immer einen ganz eigenen Charakter. Ich liebe Vor-Ort-Termine. Es ist jedes Mal etwas Besonderes und immer anders. Die Geräusche, die Stimmung, wenn es dunkel wird, das möchte ich nicht missen. Natürlich ist es eine ganz schöne Herausforderung und wahrscheinlich auch eine Überforderung für eine Einzelperson. Aber im Team mit kompetenten Menschen ist es leichter. Am besten ist es, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die bereits ähnliche Projekte angepackt haben und ihr Knowhow mit einbringen.
Wer ist Ihre Kundschaft? Oder anders gefragt: Wie kommen Sie an Ihre Aufträge?
Das passiert auf ganz unterschiedlichen Wegen, ich habe ein großes Netzwerk, das sich stetig erweitert. So sind es beispielsweise Kommunen oder Stiftungen, mit denen wir bereits zusammengearbeitet haben, mal sind es Personen, die von mir gehört haben. Zum Teil engagieren mich Unternehmen, die sich solche Objekte kaufen und diese zum Beispiel als Hotel oder auch als Firmensitz nutzen wollen.
Sie haben schon über 7,5 Mio. Euro an Fördermitteln eingeworben. Wird durch Sie eine Sanierung zum Nullsummenspiel oder spielen die Fördergelder nur eine untergeordnete Rolle?
Nein, die Fördermittel sind wichtig, aber meist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Oft werde ich auch als Beraterin angefragt, wenn es um die Möglichkeiten staatlicher Unterstützung geht. Damit beschäftigen wir uns laufend und kennen die Möglichkeiten und Herausforderungen. Die Fördermöglichkeiten können schon mal ein Argument für oder gegen so ein Projekt sein.
Wo fängt man an, wenn man so ein komplexes Projekt in Angriff nehmen will?
Zu Beginn der Planung sollte immer überlegt werden, wie ein Projekt auf lange Sicht und mit eigenen Mitteln finanziert werden kann. Es sollte Stück für Stück vorgegangen und priorisiert werden. Entweder: „Was ist bedroht und muss vor dem Einsturz gerettet werden?“ oder „Womit können Einnahmen generiert werden?“ Wenn nichts konkret bedroht ist, bietet es sich beispielsweise an, Veranstaltungsräume herzurichten, die dann für Events vermietet werden. Denn nur mit Einnahmen aus der Nutzung trägt sich so ein Projekt langfristig. Der Denkmalschutz wird in den meisten Fällen ein Wörtchen mitreden wollen.
Behindert Sie das bei Ihrer Arbeit?
Nein, im Gegenteil. Alle verfolgen ja dasselbe Ziel, nämlich historische Bauten möglichst gut zu erhalten bzw. wiederherzustellen und hinterher schonend zu nutzen. Daher binde ich den Denkmalschutz gerne von Anfang an in ein Vorhaben ein. Natürlich erhöht eine denkmalgerechte Sanierung manchmal die Kosten, aber falsch zu sanieren, ist die allerteuerste Lösung.
Was ist die größte Herausforderung?
Generell sind das immer die Finanzen. Und spontane Probleme. Da fehlt manchmal eine Zuwegung für einen Kran oder es befindet sich eine Grotte unter einer Kirche – das muss dann erstmal abgestützt werden und fordert Zeit, Geld und Nerven. Daher ist es wichtig, immer flexibel zu sein. In vielerlei Hinsicht.
Haben Sie schon mal den Tipp gegeben „besser abreißen“? Oder auch „abreißen und neu bauen“?
Jein. Manchmal ist es sinnvoll, Teile abzureißen, wenn diese nicht mehr erhalten werden können. Man kann zum Beispiel die Fassade stehen lassen und dahinter völlig neu bauen, sprich: Die Fassade wird in die heutige Nutzung integriert. Oder man lässt Ruinenteile stehen und umbaut sie mit Glas.
Ich finde diese Kombination von Alt und Neu toll. Und es gibt ja bei Burgen kein Baujahr. Sie wurden schließlich über Jahrhunderte immer wieder überformt. Warum also nicht auch etwas aus unserer Zeit einbauen? Wir bekommen jedenfalls regelmäßig sehr gutes Feedback, wenn die Bauherren sich darauf einlassen.
Bei so einem wichtigen Projekt wie einem historischen, prägenden Gebäude wollen doch sicherlich viele mitreden. Hand aufs Herz: Nervt das nicht?
Nein, gar nicht. Das ist ganz wichtig, denn es soll ja gut werden. Daher binde ich immer von Anfang an alle Akteure mit ein, die Anwohner, die Politik, und natürlich die Investoren. Wir haben ein Workshop-Konzept entwickelt, das wir bei größeren Projekten voranstellen. So fühlt sich niemand übergangen, es wird von Beginn an mit offenen Karten gespielt. Tatsächlich klappt die Zusammenarbeit mit Städten, Kommunen oder Unternehmen meist sehr gut, denn diese haben einen festen Kostenrahmen und klar abgesteckte Ziele.