Ulrich Müther – Konstruktion und Bautechnik als Vermächtnis

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Deutsches Ingenieurblatt 01/2024
Aus der Branche
Der Bauingenieur Ulrich Müther (1934–2007) zählt zu den prägenden Persönlichkeiten der ostdeutschen Nachkriegsarchitektur. In den sechziger Jahren spezialisierte er sich wie niemand sonst in der DDR auf die Konstruktion und Ausführung von Betonschalen. Müther folgte damit einem internationalen Trend der Zeit: Die eleganten Schalenbauten, die Ingenieure und Architekten wie Félix Candela in Mexiko, Pier Luigi Nervi in Italien, Eero Saarinen in den USA oder Heinz Isler in der Schweiz errichteten, wurden weltweit wahrgenommen. Vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in anderen Regionen der DDR und im Ausland realisierte Müther, meist in Zusammenarbeit mit Architekten, mehr als 70 markante Solitärbauten.

Interview anlässlich „90 Jahre Ulrich Müther“ mit Prof. Dipl.-Ing. Matthias Ludwig, Leiter des Müther-Archivs an der Hochschule Wismar

Als Ulrich Müther als Bauingenieur in den 60er Jahren begonnen hat seine Schalenbauten zu konstruieren waren Ressourcen knapp und Wohnungsnot sowie Raummangel sollten möglichst schnell behoben werden. Wir müssen heute ähnliche Anforderungen bewältigen, nur dass hinsichtlich der Ressourcen der Nachhaltigkeitsgedanke im Vordergrund steht. Können wir also heute von Müther lernen?

Mit der Bautechnik, die Müther bei Betonschalen angewandt hat, wird momentan nicht mehr gebaut. Dies liegt darin begründet, dass dabei sehr viel von Hand gebaut werden muss, das wäre heute unbezahlbar. Diese handgefertigten Schalenbauten stammen aus den 60er Jahren, aus einer Zeit also, in der man sie mit niedrigeren Lohnkosten und mit viel Zeitaufwand gebaut hat.
Die Betonschalen wurden daher ab den siebziger Jahren im Westen aus ökonomischen Gründen nicht mehr hergestellt. In der DDR und im sogenannten Ostblock konnte man die Methode länger kultivieren, weil in der Planwirtschaft die Lohnkosten keine so gravierende Rolle gespielt haben wie im Westen.

Aber heute spielen ökologische Standards und ressourcenschonendes Bauen eine zentrale Rolle. Da müssen wir natürlich aufhorchen, wenn man mit Betonschalen ein weitspannendes Tragwerk mit nur 4-8 cm Stärke bzw. Dicke bauen kann, wohingegen für ähnliche Traglasten aktuell massive Deckenplatten mit 30cm und mehr konstruiert werden müssen – bei einer ähnlichen Spannweite.
Sollten wir wieder dahin kommen wollen, mit so wenig Zement und Beton zu arbeiten, ist die Konstruktionsmethode natürlich sehr spannend. Allerdings können wir heute aus ökonomischen Gründen nicht mehr diesen großen Schalungsaufwand betreiben. Aber es gibt Überlegungen, diese Problematik durch Fertigteile oder das Betondrucken zu lösen.

So drucken wir an unserer Hochschule Schalenmodelle im 3D-Verfahren, nachdem sie vorher am Computer konstruiert wurden. Es gibt mittlerweile auch großformatige Betondrucker, so dass es vorstellbar ist, solche Schalen auch wieder wirtschaftlich mit dem Werkstoff Beton herzustellen.
 

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