Die Entwicklung der Arbeitsmethodik Building Information Modeling (BIM) schreitet auch in Deutschland weiter voran. Für die erfolgreiche und vor allem sichere Arbeit mit BIM bedarf es nicht nur fachlicher, sondern auch vertrags- und versicherungsrechtlicher Kenntnisse. Gerade hier ist jedoch oft einiges im Unklaren.
BIM-Standardisierung und -Qualifizierung
Mittlerweile haben sich unter Beteiligung von verschiedenen Gremien die Rahmenbedingungen und der Markt für BIM weiterentwickelt.
In der 11 Richtlinienblätter umfassenden Richtlinienreihe VDI 2552 des Vereins Deutscher Ingenieure e. V. (VDI), die in den internationalen Standardisierungsaktivitäten den nationalen Standard für BIM repräsentieren soll, ist im Juni 2018 das Blatt 2 „Begriffe“ als Entwurf erschienen. Das Blatt 2 regelt und erläutert die Begrifflichkeiten, die im Zusammenhang mit der BIM-Methodik Anwendung finden. Auf diese Weise soll die Basis für eine einheitliche Verwendung und ein einheitliches Verständnis geschaffen werden. In alphabetischer Reihenfolge finden sich hier neben Begriffsdefinitionen für die Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA), die Industry Foundation Classes (IFC), Little und open BIM oder die Kollisionsprüfung auch Erläuterungen zu den BIM-Leistungsbildern, wie beispielsweise dem BIM-Koordinator (Informationskoordinator) oder dem BIM-Manager (Informationsmanager).
Im Bereich Qualifizierung gibt es inzwischen zahlreiche private Institutionen, Hochschulen, Kammern etc., die Schulungen und Fortbildungen anbieten. Zum Thema Qualifikation sind die ersten nationalen Standards erarbeitet worden. In Zusammenarbeit mit dem VDI und buildingSMART Deutschland wurde die gemeinsame Richtlinie VDI/BS 2552 Blatt 8.1 entwickelt, die sich der Qualitätssicherung von Aus-, Fortund Weiterbildung widmet und die Rahmenlehrinhalte für die Qualifikation beinhaltet. Die dort aufgeführten Inhalte liefern die Basis für Schulungen zum Thema BIM und sollen Anbieter für Weiterbildung in die Lage versetzen, qualifizierte BIM-Kurse anzubieten und diese durch ein entsprechendes Zertifikat dokumentieren zu lassen.
Aufgrund der Anbindung von buildingSMART konnte darüber hinaus die Spiegelung eines international anerkannten Rahmenlehrplanes zum Thema BIM auch in Deutschland umgesetzt werden.
Die VDI/BS 2252 Blatt 8 ist unterteilt in Blatt 8.1 „Basiskenntnisse“ und Blatt 8.2 „Vertiefung“ (derzeit in Erarbeitung). Schulungsbestandteil des Basiskurses sind die Grundlagen in Form von BIM-Standards und VDI-Richtlinien sowie technisches, prozessuales und rechtliches Grundwissen2 im Rahmen der Basiskenntnisse sollen neben Begriffsbestimmungen auch die Methodik von BIM, Anwendungsformen, BIM-Implementierung im Projekt und Unternehmen sowie Aspekte des Datenschutzes, der Haftung, Vertragsmodelle sowie Entwicklungen und Perspektiven vermittelt werden3. Der Basiskurs ist interdisziplinär konzipiert und auf eine Lernzeit von 2 bis 3 Tage angelegt. Für spätere darauf aufbauende BIM-Professional-Kurse, die sich an vertiefenden Kenntnissen und Fertigkeiten orientieren, muss man voraussichtlich einen längeren Schulungszeitrahmen einplanen. Die inzwischen auch von den Ingenieur- und Architektenkammern angebotenen Fortbildungsmaßnahmen beruhen ebenfalls auf der Grundlage dieser Richtlinie. Neben zahlreichen Weiterbildungsanbietern widmen sich auch mehrere Universitäten im Rahmen der Ausbildung dem Thema BIM und bieten zum Teil ein berufsbegleitendes Zertifikatsstudium BIM an4.
Allgemein anerkannte Regeln der Technik und BIM
Die Leistung muss auch bei BIM-Verträgen mangelfrei sein, was grundsätzlich eine den vertraglichen Vereinbarungen entsprechende Leistung voraussetzt. Fehlt es an einer vertraglichen Vereinbarung, muss die Leistung die übliche Beschaffenheit aufweisen. Bei Bau- und Architektenverträgen – und nun auch bei BIM-Verträgen – wird in diesem Zusammenhang regelmäßig auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik abgestellt. Was aber sind bei BIM-Leistungen allgemein anerkannte Regeln der Technik? Grundsätzlich werden die allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht legal definiert, sondern sowohl von der Rechtsprechung als auch von der Literatur geprägt. Demnach liegt eine technisch anerkannte Regel vor, wenn sie in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig anerkannt ist, feststeht, durchweg bekannt ist und aufgrund der praktischen Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig anerkannt ist5. Für die Beurteilung dieser Frage existieren sog. Konkretisierungshilfen wie beispielsweise technische Regelwerke (u. a. die DIN, ETB, VDI usw.). Zur Bestimmung der allgemeinen Regeln der Technik werden zudem auch überlieferte Herstellervorschriften und Richtlinien herangezogen6.
Vertragliche Vereinbarungen von BIM-Leistungen
Die vorgenannten Grundsätze sind von besonderer Bedeutung, wenn BIM im Bau- oder Architektenvertrag als Leistung vereinbart wird. Wurden keine besonderen Vereinbarungen getroffen, müssen die BIM-Leistungen grundsätzlich so beschaffen sein, dass sie sich für die Verwendung im konkreten Projekt eignen. In der Folge müssen die Ziele sowohl des Projekts als auch der BIM-Leistungen klar definiert werden.
Mängel im Zusammenhang mit BIM
Anknüpfend an die oben dargestellte vertragliche Vereinbarung stellt die Mängelhaftung bei der Nutzung der BIM-Methode ein Sonderproblem dar. Als Grundsatz ist festzuhalten, dass eine spätere Mängelhaftung regelmäßig ein Spiegelbild der übernommenen werkvertraglichen Leistungspflichten darstellt7. Als zusätzlichen positiven Aspekt der BIM-Methode lässt sich konstatieren, dass aufgrund der technischen Herangehensweise bereits zu einem frühen Zeitpunkt Haftungsproblematiken aller Beteiligten erkennbar sind. Während bei den klassischen Arbeitsabläufen bei Bauvorhaben eine Zuordnung entsprechender Haftungsfälle zum Teil langjährige Aufklärungsprozesse mit sich bringen, ermöglicht die BIM-Methode eine zeitnahe und eindeutige Fehleranalyse.
Unter Bezugnahme auf die bereits getätigten Ausführungen hinsichtlich der vereinbarten Beschaffenheit, kommt im Zusammenhang mit der BIM-Methode dem sogenannten funktionalen Mangelbegriff besondere Bedeutung zu. Mit einem solchen funktionalen Mangel ist gemeint, dass ein Unternehmer bei allem, was er tut, berücksichtigen muss, ob seine Leistung auch dazu führt, dass das Werk am Ende diejenige Funktion erfüllt, die es nach den Vertragsumständen erfüllen soll8. Grundsätzlich haftet der Auftragnehmer auf die Einhaltung der vertraglichen Beschaffenheit. Wie bereits erwähnt haftet er für die Verwendungseignung, wenn eine Beschaffenheit nicht vereinbart ist. Bei der Anwendung der BIM-Methode findet der funktionale Fehlerbegriff besondere Berücksichtigung, da die konkreten BIM-Leistungen im Einzelnen zu definieren sind und zu erwarten ist, dass dies nicht in jedem Fall mit der notwendigen Schärfe geschieht. Rückwirkend ist dann festzustellen, für welchen Zweck genau die BIM-Leistung dienlich sein sollte9. Um Irritationen zu vermeiden, ist es empfehlenswert, die entsprechende Erwartungshaltung der jeweiligen BIM-Leistung im Vorhinein vertraglich zu konkretisieren. Auch wenn im Rahmen dieses Aufsatzes etwaige Problemfelder im Zusammenhang mit BIM aufgezeigt wurden, stellen diese Punkte keine unüberwindbaren rechtlichen Hindernisse dar. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass eine intensivere Anwendung von BIM auch zu entsprechenden Regelwerken führen wird.
Versicherungsschutz und Vertragsgestaltung
Mittlerweile hat sich auch der Versicherungsschutz für Leistungen rund um das Thema BIM entwickelt. Nachdem die Verwendung von BIM-fähiger Software sowie die berufliche Tätigkeit im Rahmen von BIM-Projekten in der Regel im Rahmen der Berufs-Haftpflichtversicherung für Architekten und Ingenieure als mitversichert angesehen wurden, wird auch von einigen Versicherern Versicherungsschutz für die Tätigkeit als BIM-Koordinator (Informationskoordinator) und BIMManager (Informationsmanager) angeboten. Dies auch vor dem Hintergrund, dass man auf der Basis eines mittlerweile umfangreicheren Wissens zum Thema BIM die neuen Rollen überwiegend als ergänzendes Rollenverständnis zu den bisherigen Rollen einordnet. Der BIM-Koordinator (Informationskoordinator) ist für die operative Umsetzung der festgesetzten BIM-Ziele verantwortlich. In diesem Rahmen gehört die Datenkoordination und die Qualitäts- und Kollisionsprüfung er Datenmodelle zu seinen Aufgaben. Koordination ist bisher auch schon Bestandteil des Leistungsspektrums eines Architekten/Ingenieurs, sodass dies als Erweiterung/Ergänzung seines bereits bestehenden Berufsbildes angesehen werden kann. Soweit ein Architekt oder Ingenieur diese Rolle wahrnimmt, wird dies bei einigen Versicherern auch als mitversichert angesehen.
Differenzierter müssen die Aufgaben des BIM-Managers (Informationsmanager), der für den Projektmanagementprozess verantwortlich ist, betrachtet werden. Die Abnahme und Freigabe der BIM-Fach- und -Teilmodelle hinsichtlich Qualität und Informationsinhalt gehört ebenso zu seinen Aufgaben wie z. B. die Erstellung der Bedarfsermittlung in Form der Auftraggeber-Informations-Anforderung (AIA), die vergleichbar mit dem bisherigen Lastenheft sind. Eine weitere Aufgabe -die Erstellung des vorvertraglichen BIM-Abwicklungsplans (BAP), der Informationen liefert, wie die am Projekt Beteiligten die Anforderungen umsetzen sollen, entspricht dem bisherigen Pflichtenheft. Soweit derartige Aufgaben als Informationsmanager erbracht werden, wird diese Tätigkeit von einigen Versicherern im Rahmen der Berufshaftpflichtversicherung abgedeckt. Planerleistungen werden von dem Informationsmanager hingegen nicht erbracht10.
Soweit weitergehende IT-spezifische Leistungen wie die ITBeratung oder Organisation für BIM-fähige Software zum Leistungsumfang gehören, können diese explizit in den Versicherungsschutz eingeschlossen werden, da diese ansonsten in der Regel im Rahmen der Berufs-Haftpflichtversicherung ausgeschlossen sind.
Fazit
Auch wenn inzwischen viele Fragen rund um das Thema BIM geklärt und weitere Grundlagen geschaffen wurden, gibt es nach wie vor einige wichtige unklare Faktoren z. B. hinsichtlich der Haftung und der Rollenzuweisung. Wichtig ist daher weiterhin im Auftragsfall eine sichere Basis für alle Vertragsparteien zu schaffen. Auch im Hinblick auf eine mögliche Mängelhaftung sollten z. B. die jeweiligen Leistungen vertraglich klar definiert sein. Neben einem ausreichenden Versicherungsschutz spielt vor allem die individuelle Vertragsgestaltung im Hinblick auf die Haftung, Schnittstellen, Rechte etc. eine wichtige Rolle. Es sollte außerdem nicht außer Acht gelassen werden, dass das Thema BIM Auswirkungen auf den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks hat und daher für alle am Bau Beteiligten – nicht nur für den Architekten, sondern z. B. auch für ausführende Unternehmen und den Betrieb – relevant ist. Die modifizierten vertraglichen Anpassungen an BIM stehen somit im Einklang mit weiteren disziplinübergreifenden Neuerungen im Bauwesen.Diese Neuerungen aufgrund von BIM beziehen sich auf die Transparenz, die Effizienz sowie eine neue Art der Kommunikation zwischen den im Baugewerbe beteiligten Personen. Es sollten sich daher alle Gewerke damit beschäftigen.
Dies auch vor dem Hintergrund, dass ab dem Jahr 2020 laut Beschluss von Bundesbauministerien öffentliche Bauvorhaben nur noch unter Anwendung von BIM durchgeführt werden sollen.