EuGH kippt deutsche Anforderungen für Bauprodukte

Bericht aus Brüssel

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Die deutsche Praxis, dass Bauprodukte über sogenannte Bauregellisten zusätzliche nationale Genehmigungen haben müssen, auch wenn sie bereits über ein CE-Zeichen verfügen und in anderen Mitgliedsstaaten rechtmäßig vermarktet werden, verstoßen gegen die europäischen Regeln des freien Warenverkehrs. Mit Urteil vom 16.10.2004 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) befunden, dass die Bundesrepublik Deutschland eine Vertragsverletzung wegen Verstoßes gegen die EG-Bauproduktenrichtlinie begangen habe. Sie habe zusätzliche Anforderungen für den wirksamen Marktzugang und die Verwendung von Bauprodukten in Deutschland aufgestellt. Damit muss Deutschland sein bisheriges Verfahren aufgeben, mit dem essentielle Qualitätsanforderungen an Bauprodukte national in Bauregellisten nachgeregelt wurden, wenn entsprechende Anforderungen in diesbezüglich unzureichenden Europäischen Normen fehlen. Die Kommission rügte einen Verstoß gegen die Bauproduktenrichtlinie, weil nach den Bauordnungen der Länder vorgeschrieben sei, an bestimmten Bauprodukten mit CE-Kennzeichnung eine Liste mit Zusatzanforderungen aufzustellen. Sie hat sich dabei darauf beschränkt, drei Beispiele für von dieser Anforderung betroffene Produktkategorien anzuführen. Speziell aufgeführt sind die drei Produktkategorien „Rohrleitungsdichtungen aus thermoplastischem Elastomer“, „Dämmstoffe aus Mineralwolle“ und „Tore, Fenster und Außentüren.“ Insoweit bezieht sich das Urteil auf Bauprodukte, die durch bestimmte harmonisierte europäische Normen abgedeckt sind. Da die Kommission jedoch eine weitere große Anzahl von ähnlichen Beschwerden in Bezug auf die deutsche Behandlung von Produkten erhalten hat, die anderen harmonisierten Normungen unterliegen, könnte sich das Urteil des Gerichts auf das gesamte deutsche System der Bauregellisten auswirken. Die Kommission bemängelte, dass die deutschen Bauregellisten Schwierigkeiten verursachten, weil sie zu langsam und unregelmäßig aktualisiert würden und zusätzliche Voraussetzungen für die Verwendung bestimmter Bauprodukte schafften, die CE-Kennzeichnung aufwiesen. Die deutsche Bauindustrie und das deutsche Baugewerbe befürchten, dass durch dieses Urteil, in dem Deutschland untersagt wird, zusätzliche Qualitätsanforderungen an Bauprodukte zu stellen, die bewährte Qualität von Bauprodukten gefährdet werde. Die Bundesregierung und die Bauaufsichtsbehörden werden aufgefordert, wesentliche Anforderungen an Bauprodukte, die den Schutz von Leben, Gesundheit und Umwelt tangieren, entweder auf europäischer Ebene durchzusetzen oder einen Lösungsweg für eine nationale Regulierung zu finden. Eine Verlagerung dieser Verantwortung auf den Anwender oder den privaten Verbraucher sei undenkbar. Bauschaffende müssten sich auf die Verwendbarkeit von Bauprodukten verlassen können. Gleichzeitig müsse die Bundesregierung den im europäischen Recht vorhandenen Spielraum nutzen und die Nachbesserung lückenhaft harmonisierter europäischer Normen konsequenter als bisher einfordern. Von Seiten der Kommission wurde mitgeteilt, dass man eng mit den deutschen Behörden zusammenarbeiten werde, um das Urteil umzusetzen. Unter der neu verabschiedeten Bauproduktverordnung (BauPVO) (305/2011/EU) sind die Mitgliedsstaaten befugt, Leistungsanforderungen für Bauprodukte festzulegen- allerdings unter der Bedingung, dass die Mitgliedsstaaten nicht den freien Verkehr von CE gekennzeichneten Produkten behindern, denn deren ordnungsgemäße Funktion werde bereits durch harmonisierte europäische Normen gewährleistet. Die neue Bauproduktverordnung sehe eine „gemeinsame technische Sprache“ vor, mit deren Hilfe Hersteller die Leistung und Eigenschaften ihrer Produkte in der EU diskutieren können. Die Sprache basiert auf standardisierten Normen und ersetzt bisherige nationale technische Regelungen. Diese erhöhte Markttransparenz soll Entwicklern, Bauherren, Unternehmen, Architekten- und Ingenieuren helfen, sich verlässlich über die verschiedenen Produkteigenschaften zu informieren, sodass ihre Sicherheitsvorkehrungen bei Bauvorhaben den Anforderungen des jeweiligen Landes entsprechen. Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks hat den Ländern Unterstützung bei der Umsetzung des EuGH-Urteils zu Bauprodukten zugesagt. Sie betonte, dass es keine Zweifel an der Deutschen Zielsetzung geben dürfe, in jeder Hinsicht europarechtskonform vorzugehen. Berücksichtigt werden müsse allerdings auch, dass das Urteil sich auf die alte Bauproduktenrichtlinie (89/106/EWG) bezieht. Inwieweit seine Aussage auch in Bezug auf die seit 1. Juli 2013 geltenden neuen Bauproduktverordnungen gelte, müsse gründlich untersucht werden. Auch ein möglicher Handlungsbedarf auf Bundesebene werde gründlich geprüft.

Aus Brüssel berichtet der Bundesgeschäftsführer der BIngK, RA Thomas Noebel

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