Bereits zum vierten Mal hat die Ingenieurkammer Thüringen einen Schülerwettbewerb durchgeführt, um Schüler für ingenieurtechnische Sachverhalte zu begeistern. Nach den „Türme(n) für Erfurt“ befasste sich der diesjährige Wettstreit mit einer Aufgabenstellung zur Brückenkonstruktion. Erfurt hat neben vielen Türmen im Stadtbild auch über ca. 240 Brücken, die zahlreiche kleine Wasserläufe (ein wichtiger Bestandteil der städtischen Infrastruktur) überspannen.
Teilnehmen durften Teams mit bis zu sechs Mitgliedern unter Leitung eines Lehrers, neun Teams aus Schulen in Thüringen wurden zum Wettbewerb zugelassen. Die Aufgabe war, aus Papier eine leichte und zugleich stabile Brücke zu bauen. Eine „Brücken-Box“ mit sämtlichen Lehr- und Baumaterialien wurde den Teams im Anschluss an eine Einführungsveranstaltung für die Konstruktion zur Verfügung gestellt. Alle Modelle mussten in ein Lichtraumprofil von maximal 140 cm Länge, 25 cm Breite und 50 cm Höhe passen. Während einer Einführungsveranstaltung Ende Januar erhielten die jungen Nachwuchsingenieurev on Prof. Dr.-Ing. Holger Schmidt, Fakultät Bauingenieurwesen/Konservierung und Restaurierung der FH Erfurt, einen interessanten Einblick in die Grundlagen der Statik. Er erläuterte die wesentlichen Unterschiede zwischen Zug- und Druckkräften und gab zahlreiche wichtige Hinweise für eine stabile Konstruktion– unter anderem wie sich gleichmäßige Lastverteilung und symmetrisches Bauen auswirken. Anschließend konnten die Schüler praktische Eindrücke in den Laboren der FH Erfurt sammeln. Mitte März folgte dann eine erste Auswahl: Die zugelassenen Konstruktionen wurden einer Begutachtung unterzogen, dabei fand auch ein Belastungstest statt. Bewertet wurden neben dem Verhältnis von Traglast zu Eigenlast auch visuelle Kriterien wie Kreativität und Gestaltung der Brücke.
Die originellen und mit Begeisterung konstruierten Brücken aus Papier schmückten das Foyer der Fachhochschule. Nach der Prüfung der verwendeten Materialien durch die Jury folgte im nächsten Wettbewerbsabschnitt der Belastungstest. Es war das wichtigste Bewertungskriterium, denn das Verhältnis von Traglast zu Eigengewicht floss mit 70 % in die Gesamtbewertung ein. Die eingereichte Dokumentation und die gegenseitige Bewertung der Schüler auf Kreativität und Qualität machten jeweils 10 % der gesamten Bewertung aus. Gewonnen hat ein Team des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums aus Lengenfeld/Stein: Marc Siegmund, Saskia Tasch, Luisa Oberthür, Armin Wiesenmüller, Dustin Keßler und Stefanie Mehler (alle Klasse 11) wurden von Lehrer Georg Anhalt betreut. Ihre Brücke hielt einer Last von 271 kg bei einem Eigengewicht von 2,1 kg stand. Das entspricht einem Quotienten von Traglast zu Eigengewicht von 129. Platz 2 ging an den Sieger des Vorjahres, die Walter-Gropius-Schule, gefolgt vom Team einer weiteren Erfurter Schule, dem Albert-Schweitzer-Gymnasium, mit Verhältnissen von Traglast zu Eigengewicht von 54 bzw. 77. Weitere zwei Brücken wurden für ihre ansprechende Gestaltung mit dem Kreativpreis des Verbandes Beratender Ingenieure – Landesverband Thüringen ausgezeichnet - die Goetheschule Ilmenau sowie die Walter-Gropius-Schule in Erfurt.
Die Jury, bestehend aus Studierenden, Professoren, Mitarbeitern der Fachrichtung Bauingenieurwesen und dem Vizepräsidenten der Ingenieurkammer Thüringen und Vorsitzender des VBI – Landesverband Thüringen, Herrn Dr.-Ing. Hans-Reinhard Hunger, vergab insgesamt 750 € (davon 500 € von der Thüringer Kammer) an Preisgeldern. Der Schülerwettbewerb als gemeinsame Initiative der Ingenieurkammer Thüringen, des VBI-Landesverband Thüringen und der FH Erfurt hat zum Ziel, den Schülern technische und naturwissenschaftliche Fächer näher zu bringen und Ingenieurtalente zu fördern. Der Wettbewerb konfrontiert die bis zu sechsköpfigen Schülerteams mit bautechnischen Fragestellungen und bietet die Chance, ingenieurtechnische Gesetzmäßigkeiten zu erkunden und kreativ umzusetzen.
Carolin Backhaus, Studentin des 4. Semesters Bauingenieurwesen und Betreuerin beim Wettbewerb „Brücken für Erfurt 2014“ sieht großes Potential in diesen Nachwuchsveranstaltungen: „Solche Projekte muss man nutzen, um Erfahrungen zu sammeln und Leute kennen zu lernen. Hier bekommt man eine Entscheidungshilfe vor Ort.“ Die 21-Jährige war vor drei Jahren selbst Mitglied eines Teams. Der Wettbewerb war für sie eine gute Erfahrung und ermöglichte ihr Einblicke in die Hochschule und das Studienumfeld. Außerdem habe sie dadurch für ihr Studium „die Richtung bekommen“. Einen Film zum Schülerwettbewerb finden Sie unter www.ikth.de.
Prof. Dr.-Ing. Holger Schmidt/Caroline Illhardt