Eine Ergänzung des Gesetzentwurfs um materiellrechtliche Änderungen des AGB-Rechts mit dem Ziel, die Inhaltskontrolle verwendeter Vertragsklauseln im unternehmerischen Geschäftsverkehr einzuschränken und damit den wichtigen Schutz vor unfairen Klauseln aufzuweichen, würde die Gerechtigkeit und den Rechtsfrieden im unternehmerischen Geschäftsverkehr in Deutschland gefährden.
Die Forderung nach einer Einschränkung des ordnungspolitisch wichtigen und praxisrelevanten Schutzes wirtschaftlich schwächerer Vertragspartner stehe in keinem nachvollziehbaren Zusammenhang mit der vorgesehenen Einführung spezieller Spruchkörper für große zivilrechtliche Wirtschaftsstreitigkeiten („Commercial Courts“). Die Behauptung, die Erfolgschancen von „Commercial Courts“ hingen von einer weniger starren AGB-Kontrolle ab, sei weder schlüssig noch belegbar. Im Gegenteil: Von der Rechtssicherheit und Verhandlungsklarheit des etablierten deutschen AGB-Rechts profitierten alle Geschäftspartner, indem Risiken bei Vertragsverhandlungen überschaubar blieben, Verlässlichkeit hinsichtlich unwirksamer Vertragsklauseln gewährleistet würde, kosten- sowie zeitintensive Rechtsberatungsleistungen im Rahmen blieben und gleichzeitig Spielraum für individuelle Abreden bliebe. Diese Faktoren machten das deutsche AGB-Recht attraktiv und zukunftssicher.
Eine Abkehr vom Grundsatz der Unwirksamkeit unfairer Vertragsklauseln würde für die Vertragspartner von Verwendern solcher Klauseln erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Nachteile, insbesondere immense Rechtsberatungskosten sowie verbleibende Rechtsunsicherheit mit sich bringen. Diese Betroffenheit beschränke sich keineswegs auf den gewerblichen Mittelstand.
Alle wesentlichen deutschen Berufs- und Wirtschaftssektoren wären von einer Einschränkung des bewährten AGB-Rechts nachteilig betroffen. Eine zusätzliche und in der Sache unnötige Schwächung des Wirtschaftsstandorts Deutschland sowie der standorttreuen und -abhängigen Unternehmen wäre die Folge.
Die in der Initiative pro AGB-Recht zusammengeschlossenen Verbände fordern den Deutschen Bundestag auf, das Justizstandort-Stärkungsgesetz und dessen richtige Zielsetzung nicht durch eine sachfremde und ordnungspolitisch verfehlte Einschränkung des AGB-Rechts zu beschädigen.
Bereits im März 2019 hatte sich die Bundesingenieurkammer zusammen mit über 30 Kammern und Verbänden aus unterschiedlichen Branchen zu der Initiative pro AGB-Recht zusammengeschlossen, die sich für den Erhalt des AGB-Rechts ausspricht. Dabei geht es darum, unfaire Vertragsbedingungen zu verhindern und den wirtschaftlich unterlegenen Vertragspartner vor einseitigen, unangemessenen Benachteiligungen und Risikoübertragungen zu schützen. Gerade bei Planer- und Bauverträgen ist die AGB-Kontrolle für die Kontrolle einseitig gesetzter, unangemessener Vertragsbedingungen im Interesse der Planer von großer Bedeutung. Mit einer Pressemitteilung hatten sich die Organisationen bereits 2019 gegen eine Aufweichung des AGB-Rechts im B2B-Bereich gewandt. Auch im Februar 2023 hatte sich die Initiative aufgrund eines Beschlusses der Justizministerkonferenz zur Überarbeitung des AGB-Rechts im BMJ und in der Politik mit einem neuen Positionspapier für die Beibehaltung der bisherigen Reglung einsetzen.
Aktuell hat das Thema neue Brisanz bekommen. Im Rahmen einer Anhörung zum Gesetzgebungsverfahrens zum Justizstandort-Stärkungsgesetz haben sich mehrere Sachverständige für eine Reform des AGB-Rechts und eine Aufweichung der strengen Kontrolle von Allgemeinen Vertragsbedingungen ausgesprochen, obwohl dieses im konkreten Gesetzesvorschlag gar keine Rolle spielte. Das AGB-Recht stehe nach Ansicht der Sachverständigen einer Wahl des Deutschen Rechts im internationalen Geschäftsverkehr regelmäßig entgegen und sollte daher angepasst werden.
Weitere Informationen zum Thema: http://www.pro-agb-recht.de/