Im Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels sind begrünte Dächer ein wichtiger Faktor: Die Vegetation entschärft Temperaturspitzen, bindet Schadstoffe, speichert Niederschlagsmengen, schafft neue Biotope und schützt darüber hinaus den baulichen Untergrund. Diese Argumente überzeugen nicht nur Bauherren, sondern auch die öffentliche Hand, die Dachbegrünungen finanziell fördert.
In den 1920er-Jahren verfasste Le Corbusier fünf Punkte als zentrale Merkmale einer neuen Architektur. Darunter auch der Dachgarten, der für die Bewohner zum bevorzugten Ort des Hauses wird und für die Stadt die Wiedergewinnung der bebauten Fläche bedeutet. Überlegungen, die heute aktueller denn je sind. Die bestimmungsgemäße Funktion und Langlebigkeit eines Gründachs hängen von vielen verschiedenen Faktoren sowie dem Zusammenspiel aller am Bau Beteiligten ab. Normen, Richtlinien, Bauartgenehmigungen, aber auch unabhängige technische Bewertungen von Praxisobjekten geben den Rahmen beziehungsweise den möglichen Spielraum vor.
Grundsätzliche Überlegungen
Ist eine ausreichende Tragfähigkeit sowie eine wurzelfeste, fachgerechte Dachabdichtung gegeben, können Gründächer in der Regel auf allen Dachkonstruktionen – Warm- und Kaltdach, Holz- und Betondach oder das Duo-Dach im Bestandsbau – aufgebaut werden. Eine weitere Grundvoraussetzung ist der dampfdurchlässige Gründachaufbau. So muss zwingend über der Wärmedämmung eine Drainageschicht liegen, die ausreichend belüftet ist und eine Wasserdampfdiffusion an die Umgebung zulässt. Nicht durchlüftete Holzkonstruktionen, bei denen die Wärmedämmung oberhalb der Dampfsperre angebracht ist, sind nicht als begrüntes Umkehrdach geeignet. Eine frühzeitige Zusammenarbeit von Statikern, Planern sowie Garten- und Landschaftsarchitekten ist dringend anzuraten. Um das Baugenehmigungsverfahren zu erleichtern und gegebenenfalls die Fördermöglichkeiten der Kommunen in Anspruch nehmen zu können, ist auch die genehmigende Fachbehörde frühzeitig ins Boot zu holen. Je nach Nutzungswunsch, örtlichen baulichen und klimatischen Bedingungen, umsetzbarem Pflege- und Wartungsaufwand sowie Finanzrahmen sind für die Gestaltung eines Gründachs vielfältige Ausgestaltungen möglich.
Fachgerechte Planung
In den 60er-Jahren galten Flachdächer und erst recht begrünte Dächer als Risiko für Feuchteschäden. Flachdächer sind sicher auch heute noch risikobehafteter als Steildächer, dies liegt dann aber meist an einer nicht fachgerechten Ausführung. Obwohl hochentwickelte Materialien und Technologien zur Verfügung stehen, werden oft ganz einfach die falschen Produkte eingesetzt oder diese nicht richtig verarbeitet. Grundsätzlich festzuhalten ist zunächst, dass Gründächer immer als Umkehrdächer ausgeführt werden sollten, also als Dächer, bei denen die Feuchtigkeitsabdichtung nicht über, sondern unter der Wärmedämmung liegt. Wasserresistente und druckfeste Dämmstoffe wie „Austrotherm XPS“ schützen die Abdichtung und bilden die Grundlage für den Aufbau.
Verwendbarkeit der Materialien und die richtige Ausführung
Die CE-Kennzeichnung oder auch die Europäische Technische Bewertung (ETA) geben Aufschluss über die einzusetzenden Materialien. Bei XPS-Dämmstoffplatten wäre als erstes Bewertungskriterium die EN 13164 zu nennen, die die Herstellung von XPS in Europa regelt. Die Verwendbarkeit der Dämmstoffe für den jeweiligen Anwendungsbereich wird jedoch mithilfe eines Bezeichnungsschlüssels nach DIN 4108-10 bestimmt. Der Code „DUK“ beispielsweise steht für die Verwendbarkeit des Dämmstoffes im begrünten Umkehrdach. Die für das Bauvorhaben benötigten Angaben sind in den Produktdatenblättern, auf den Produktetiketten sowie auf der Website der Hersteller zu finden.
In Deutschland wird die Ausführung eines begrünten Umkehrdaches durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) geregelt, das hierfür seit dem 1.10.2016 allgemeine Bauartgenehmigungen vergibt. Diesen wiederum ist eine ETA vorgelagert, die von notifizierten Prüfstellen erstellt wird. Den allgemeinen Bauartgenehmigungen sind die möglichen Aufbauten, die jeweiligen Ausführungen als auch die benötigten Berechnungen zu entnehmen. Darunter fallen die Bestimmungen für die Planung, Bemessung und Ausführung als auch die Bestimmungen für den Unterhalt und die Wartung. Die allgemeine Bauartgenehmigung Z-23.31-1292 beispielsweise regelt das Wärmedämmsystem Umkehrdach unter Verwendung von extrudierten Polystyrol-Hartschaumplatten „Austrotherm XPS TOP 30“, „Austrotherm XPS TOP 50“ und „Austrotherm XPS TOP 70“. In Punkt 2.3.2.1 wiederum ist die Ausführung mit Begrünung beschrieben. Ist beispielsweise keine Intensivbegrünung mit Wasserstau in der Dränschicht geplant, so ist grundsätzlich folgender Konstruktionsaufbau (von unten nach oben) vorzusehen:
- Abdichtung
- Schutzschicht gegen Wurzeldurchwuchs
(diese Funktion kann auch mit den Abdichtungslagen erfüllt werden, wenn diese wurzelfest sind) - Extruderschaumplatten einlagig
- Kiesschicht (mindestens 5 cm, Rundkorn 16 bis 32 mm) oder eine adäquate Dränschicht
(z. B. aus Kunststoff-Fadengeflechtmatten, deren Stauchung unter Auflast in eingebautem Zustand die Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigt; kein feuchtigkeitsspeicherndes Material verwenden) - Filterschicht
- Vegetationsschicht
Bezüglich der Anordnung der Dachbegrünung oberhalb der Extruderschaumplatten wird explizit auf einschlägige Fachregeln verwiesen, zum Beispiel die „Richtlinie für Dachbegrünung“, herausgegeben von der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL).
Wärmeleitfähigkeit
Die Extruderschaumplatten im „Austrotherm Wärmedämmsystem Umkehrdach“ dürfen, abweichend von DIN 4108-22, Abschnitt 5.2.2, beim rechnerischen Nachweis des Wärmeschutzes entsprechend den Bestimmungen der oben genannten allgemeinen Bauartgenehmigung berücksichtigt werden. Die anwendungsspezifischen Bemessungswerte, die beim rechnerischen Nachweis des Wärmeschutzes für die Extruderschaumplatten in Ansatz zu bringen sind, sind in einer Tabelle übersichtlich aufgeführt. Dächer mit Intensivbegrünung oder in Kombination mit Terrassenbelägen können im Standardaufbau mit 340 mm XPS-Dämmung einen U-Wert von 0,16 W(m2K) erreichen. Als Ausführung im Duo-Dach kann dieser Wert sogar noch verbessert werden.
Der weitere Aufbau
Wie bereits erwähnt, kann hinsichtlich der Dachbegrünung oberhalb der XPS-Dämmplatten von den Bauartgenehmigungen abgewichen werden. Als Leitfaden werden einschlägige Fachregeln wie die Flachdachrichtlinien herangezogen. Sie eröffnen eine größere Bandbreite an Spielmöglichkeiten, sodass Gründächer, bepflanzte Dachterrassen oder sogar ganze Dachgärten mit Bäumen, heranwachsenden Sträuchern und Teichen realisierbar sind. Unterstützung bieten beispielsweise der Bundesverband Gebäudegrün, ein Netzwerk aus Planer*innen, Industrie und Handwerk, aber auch Prüfinstitute.