Klimawandel: Lösungen zur Klimaanpassung gesucht

Meteorologe Frank Böttcher zur ersten KlimaManagementTagung

Deutsches Ingenieurblatt 03/2024
Konferenzen und Tagungen
Warum wir jetzt dringend in die Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen kommen müssen und weshalb dafür der etablierte „ExtremWetterKongress“ erstmals um eine Tagung für Lösungsfindungen zur Bewältigung der Klimafolgen ergänzt wird.
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Warum eine KlimaManagementTagung zum ExtremWetterKongress?

Beim ExtremWetterKongress geht es darum, die wissenschaftlichen Grundlagen zu vermitteln, mit der KlimaManagementTagung werden wir in die konkrete Umsetzung mit über 30 Workshops gehen. Uns Meteorologen besorgt besonders die Beschleunigung der globalen Erwärmung – nicht nur der Lufttemperaturen, sondern auch der Ozeantemperaturen. Es steht die Sorge im Raum, dass die globale Erwärmung noch vor 2050 auf über drei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit ansteigt. Das bedeutet, dass wir nicht nur die Aufgabenstellung des Klimaschutzes haben, sondern dass wir unmittelbare, wirklich jetzt beginnende, massive Aufgabestellungen bei der Klimaanpassung haben. Deshalb brauchen wir jetzt eine Veranstaltung, die wirklich eine Beschleunigung bringt.

Vor dem Hintergrund des verabschiedeten Klimaschutzgesetzes und des noch zu verabschiedenden Klimaanpassungsgesetzes beschleunigen wir im September den Transformationsprozess und wollen uns noch schneller vernetzen. Daher freue ich mich besonders über die Unterstützung und Beteiligung der Bundesingenieurkammer.

Wenn das Handeln so drängt, warum dann erst jetzt erstmals eine KlimaManagementTagung?

Jahrelang haben wir Wissen zusammengetragen, der Politik bereitgestellt und darauf gehofft, dass daraus Handlungen und Leitplanken erwachsen, die das Klimasystem nahe dem vorindustriellen Niveau stabilisieren bzw. dahin zurückbringen. Die Gründung des ExtremWetterKongresses vor 17 Jahren war von dem Gedanken getrieben, dass eine gut informierte Gesellschaft und Politik die richtigen Maßnahmen in der nötigen Zeit ergreift und umsetzt. Aber auch gut informierte Gesellschaften handeln nicht immer schnell genug.

Ende 2023 war nach einer Studie des Max-Planck-Instituts für Meteorologie klar, dass wir die 1,5-Grad-Erwärmungsgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überschreiten werden. Daher muss die Klimakommunikation jetzt aus drei Elementen bestehen: erstens der Wissensvermittlung, zweitens der Vermittlung von Handlungsoptionen und drittens der Akzeptanzkommunikation. Wir werden Veränderungen erleben, die wir nicht mehr verhindern können. Plötzlich treten Jahrhunderthochwasser alle paar Jahre auf.

Die Gewissheit, dass wir die 1,5-Grad-Erwärmung überschreiten, sehr wahrscheinlich auch die 2-Grad-Grenze und wahrscheinlich bis 2050 sogar die 3-Grad-Grenze, bedeutet für Mitteleuropa und für Deutschland Temperaturen, die dann im Mittel viereinhalb Grad über den globalen Werten im Vergleich mit der industriellen Zeit liegen können. Dann sieht auch ein Land wie Deutschland anders aus, mit extremen Hitzephasen, langen Dürrephasen und rasch wiederkehrenden Hochwassern und Starkregenereignissen.

Daraus ergeben sich viele technologische Fragestellungen. Das geht los mit Asphalten auf den Autobahnen und Betonplatten, die sich bei diesen extrem hohen Temperaturen verschieben. Die Aufgabe resilienter und damit bei extremer langer Hitze oder Hochwasserlagen sicherer Bahntrassen stellt sich teilweise völlig neu. Mit diesen Fragestellungen müssen wir uns jetzt unmittelbar schon beschäftigen, da wir in 30 Jahren dafür nicht nur die Antworten gefunden müssen, sondern die Umsetzung bereits erfolgt sein muss.

Befördern häufige Extremwetterereignisse und deren negative Auswirkungen die Planung und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen?

Tatsächlich wird eine imaginäre Bedrohung viel weniger gut verstanden als eine konkrete Bedrohung. Wir können den Klimawandel nicht sehen, hören oder schmecken. Wir haben kein Sinnesorgan für eine globale Erwärmung von 1,2 Grad in 50 Jahren. Extremwetterereignisse sind eigentlich Hilfsinstrumente, um den Klimawandel für uns spürbar und erlebbar zu machen. Wir wissen zum Beispiel sehr genau, wie groß die konkrete Gefahr bei einem Gewitter ist, unterschätzen aber oft noch die Gefahren durch den Klimawandel. Wir sagen, es ist nicht so schlimm, betrifft mich nicht. Wir haben im Januar 20 Grad und finden das eigentlich ganz angenehm. Dazu kommen dann Überschwemmungen, extreme Dürrephasen und in den letzten zwei Jahren extreme Hitze über 40 Grad, sogar bis nach Hamburg. Wir merken, dass sich etwas verändert, haben aber eine kognitive Schere im Kopf. Einerseits gefällt uns das schöne warme Wetter, andererseits passt es eigentlich gar nicht in die Jahreszeit. Wenn dann die Hitze so groß ist, dass der ganze Garten vertrocknet und die Oma kaum noch atmen kann, wenn plötzlich das Hochwasser das Haus von Onkel und Tante wegspült, also die Zahl der Betroffenen groß genug wird, fängt die Gesellschaft endlich an zu reagieren. Es entsteht eine kollektive Wahrnehmung und erst ab diesem Zeitpunkt beginnt die Gesellschaft zu handeln. Meine Wahrnehmung ist, dass wir diesen Punkt erreicht haben.

Wir werden vermehrt starke Unwetterlagen erleben. Wenn die Lufttemperatur nur ein Grad steigt, kann die Atmosphäre sieben Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Wenn die Wasser- und Lifttemperaturen jetzt im Mittelmeer vier Grad höher sind, dann kann die Luft darüber rund 30 Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen und in bei gleicher Wetterlage in 30 Prozent mehr Niederschlag umwandeln. Diese zusätzlichen Niederschläge verdoppeln aber das Risiko für große Schäden. Da bekommt man ein Gefühl dafür, dass diese Wetterveränderungen wirklich deutliche Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und Volkswirtschaft haben werden und wir dringend Lösungen finden und umsetzen müssen.

Besteht ein Zielkonflikt zwischen Klimaanpassungsmaßnahmen und Klimaschutz?

Nicht zwingend. Wir sollten es gleichzeitig denken. Wir werden zum Beispiel im Sommer erheblich mehr Aufwand betreiben müssen, um Gebäude zu kühlen. Der zusätzliche Energiebedarf kann durch erneuerbare Quellen erfolgen: Die Produktion, Speicherung und Verteilung von erneuerbaren Energien führt damit gleichzeitig zu Klimaschutz und Anpassung.

KlimaManagementTagung am 26./27.09.2024 in Hamburg: 
https://klimamanagementtagung.de/

und

ExtremWetterKongress am 25./26.09.2024 in Hamburg:
https://extremwetterkongress.org

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Die Bundesingenieurkammer ist Kooperationspartner der Tagung.

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