Hauswände aus Hanfkalk weisen einen effektiven Wärmeschutz und klimaregulierende Eigenschaften auf. Die Herstellung des Baustoffs zeigt eine negative CO2-Bilanz. Der Einsatz beschränkt sich bisher auf nicht-tragende Strukturen. Ein interdisziplinäres Projekt der TH Köln entwickelt nun Steine mit hochverdichteten Zonen, um diese Einschränkung aufzuheben.
„Hanfkalk ist ein hervorragendes Material für den nachhaltigen Hausbau. Beim Wachstum des Hanfs wird mehr CO2 gebunden, als beim Kalkbrennen und anderen Produktionsschritten freigesetzt wird. Durch seine niedrige Wärmeleitfähigkeit ist ab einer Wandstärke von circa 30 Zentimetern keine zusätzliche Dämmung erforderlich. Er reguliert die Raumfeuchte, ist schwer entflammbar und schimmelhemmend", erläutert Projektleiter Prof. Dr. Arne Künstler von der Fakultät für Architektur der TH Köln. Nach aktuellem Stand der Technik wird Hanfkalk in Kombination mit Stützen aus Stahlbeton oder Holz eingesetzt, da handelsübliche Hanfkalksteine aufgrund ihrer geringen Steifigkeit nur als nicht-tragende Wandelemente geeignet sind.
Für den mehrgeschossigen Gebäudebau ohne zusätzliche Tragstruktur sollen Zonen innerhalb der Steine verdichtet werden, um Lasten abzutragen. Diese Zonen bestehen wie die üblichen Hanfkalksteine ausschließlich aus Biomasse und mineralischen Bindemitteln. Das Projekt zielt auf eine Alternative zu Porenbetonsteinen oder leichten Hochlochziegeln, die einen einschaligen Mauerwerksbau aus nachwachsenden Rohstoffen ermöglicht.
Von Prüfkörpern zur Demonstrationsfassade
Nach ersten Vorversuchen zu hochverdichtetem Hanfkalk durch den wissenschaftlichen Mitarbeiter Jonathan Lunkenheimer im Prototypenförderprogramm „KickStart@THKöln" wurden Drittmittel der Forschungsförderung Zukunft Bau eingeworben. Das Labor für Baustofftechnik der TH Köln ermittelt die optimale Mischung aus Hanf, Kalk sowie weiterer Biomasse und mineralischen Bindemitteln. Am Institut für Bau- und Landmaschinentechnik der TH Köln entsteht eine Pressvorrichtung zur Fertigung verdichteter Mauersteine im Labormaßstab. Die Universität Bonn unterstützt durch Anbau und Aufbereitung von Miscanthusgras, dessen Fasern sich für die tragfähigen Zonen eignen könnten.
„In der zweiten Hälfte unseres Vorhabens widmen wir uns den praktischen Versuchen mit unseren Mauersteinen. Wir werden mehrere Wandmodule errichten und bautechnisch untersuchen. Neben Eigenschaften wie Tragfähigkeit, Wärmedämmung und Feuchteverhalten möchten wir ermitteln, welche Materialien wie Putze und Mörtel mit den Blöcken kompatibel sind und unter Beweis stellen, dass sich die Blöcke mit gewöhnlichen Werkzeugen gut verarbeiten lassen", sagt Künstler.
Technische Eigenschaften
Hanfkalksteine lassen sich auf der Baustelle bearbeiten. Sie sind sägefreundlich, und Schrauben halten ohne zusätzliche Dübel. Sonderformen wie Rundungen entstehen durch Ergänzung der Blöcke mit frischem Hanfkalk, der vor Ort aushärtet. Die äußeren, weniger verdichteten Schichten ermöglichen das Einschneiden von Installationsschlitzen für Kabel und Rohre. „Nicht zuletzt lässt sich Hanfkalk beim Rückbau eines Gebäudes umweltfreundlich entsorgen. Einfach zerrieben kann er als Dünger auf Felder gestreut werden", betont Künstler.
Über das Projekt
Das Vorhaben „Einfach Mauern mit Hanfkalk – Tragfähige Mauersteine durch selektive Verdichtung" wird seit Oktober 2024 über die Zukunft Bau Forschungsförderung des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen für zwei Jahre mit rund 280.000 Euro unterstützt. An der TH Köln sind die Fakultät für Architektur, Prof. Dr. Björn Siebert von der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik sowie Prof. Dr. Peter Erdmann von der Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme beteiligt. Weiterer Kooperationspartner ist Prof. Dr. Ralf Pude von der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn.