Tiefengeothermie: KIT und Partner errichten weltweit ersten Untertage-Reservoir-Simulator

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Lokal, emissionsfrei und grundlastfähig: die Geothermie gilt als ein essenzieller Baustein der Energiewende. Mit GeoLaB (Geothermie-Labor im Bergwerk) – einer neuen und einzigartigen Forschungsinfrastruktur direkt im Untergrund wollen das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ) und das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) die Forschung beschleunigen und die Technologie für einen breiten Einsatz vorbereiten. Das Projekt soll entweder im Schwarzwald oder Odenwald realisiert werden, die Helmholtz-Gemeinschaft fördert es mit 35 Millionen Euro.

Um Klimaneutralität zu erreichen und gleichzeitig unabhängiger von Energieimporten zu werden, eignet sich in den meisten Regionen Deutschlands der Einsatz von Tiefengeothermie. Wärme aus dem Untergrund steht unabhängig von Jahres- und Tageszeiten zur Verfügung, was die Geothermie grundlastfähig macht. Zudem ist sie erneuerbar, denn aufgrund der Temperaturverhältnisse und der Transportprozesse fließt Wärme in das Reservoir nach.

"Die Geothermie hat ein riesiges Potenzial. Alleine in Deutschland könnten wir damit ein Drittel des Gasbedarfs für unsere Wärme ersetzen – und angesichts der Klimakatastrophe und der geopolitischen Weltlage können wir darauf nicht mehr verzichten", sagt Professor Holger Hanselka, Präsident des KIT und Vizepräsident für den Forschungsbereich Energie der Helmholtz-Gemeinschaft. "Damit wir die dafür notwendigen Technologien aber auch sicher nutzen können und die Umweltauswirkungen minimal bleiben, werden wir die Geothermie nun mithilfe von GeoLaB entsprechend weiterentwickeln."

Experimente direkt im Untergrund

Mit der neuartigen Großforschungsinfrastruktur, dem Geothermal Laboratory in the Crystalline Basement, kurz GeoLaB, sollen grundlegende Fragen der Reservoirtechnologie und Bohrlochsicherheit von Geothermieanlagen direkt im Untergrund erforscht werden. Dazu fahren die Projektpartner der Helmholtz-Gemeinschaft gemeinsam mit externen Partnern unter Führung des KIT ein neues Bergwerk im Schwarzwald oder Odenwald auf. Nach dem Ausbau wird ein etwa ein Kilometer langer Stollen zu Kavernen führen. Vor dort aus werden in diesem weltersten Untertage-Forschungslabor für Tiefengeothermie kontrollierte Hochfluss-Experimente, also Strömungsversuche im Gestein mit für die Geothermie relevanten Fließraten, unter einer möglichst dicken Gesteinsschicht von circa 400 Metern durchgeführt.

Als gemeinsame Forschungsinfrastruktur der Forschungsbereiche Energie sowie Erde und Umwelt investiert die Helmholtz-Gemeinschaft 35 Millionen Euro in GeoLaB als strategische Ausbauinvestition. Zur Errichtung von GeoLaB geht das KIT (als koordinierendes Helmholtz-Zentrum und stellvertretend für die Partner GFZ und UFZ) mit der Bundesgesellschaft für Endlagerung GmbH (BGE) eine Kooperation ein.

Mit der Beteiligung der BGE sollen Synergien zwischen den beiden großen gesellschaftlichen Aufgaben, Energiewende und nukleare Endlagerung, genutzt werden. Die bergbaulichen Kompetenzen zur Errichtung des GeoLaB sollen auch der BGE zugänglich gemacht werden. Es wird am Standort aber kein Endlager errichtet, dafür wäre eine unruhige Geologie wie im oder am Oberrheingraben auch nicht geeignet. Die BGE möchte vielmehr grundsätzliche Erfahrungen und Kompetenzen beim Auffahren eines Bergwerkes im kristallinen Gestein aufbauen.

Weitere Informationen

Mehr zum geowissenschaftlichen Untertagelabor erfahren Sie unter www.geolab.kit.edu

Grundlagenforschung und ein rascher Wissenstransfer

"Mit dem Untertage-Labor betreten wir wissenschaftliches Neuland und bringen die Geothermieforschung weltweit einen entscheidenden Schritt weiter", sagt Professor Oliver Kraft, Vizepräsident für Forschung des KIT. "Durch modernste Methoden sind wir in der Lage, thermische, hydraulische, chemische und mechanische Parameter zu erfassen. Auf diese Weise erlangen wir ein grundlegendes Verständnis der geothermischen Transportprozesse und werden auch einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheitsforschung für die Geothermie leisten."

Mit Hinblick auf einen raschen Transfer der Forschungsergebnisse in die praktische Anwendung fügt die wissenschaftliche Vorständin des Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ, Professorin Susanne Buiter, hinzu: "Die Hitze aus der Tiefe ist ein Bodenschatz, den wir noch nicht ausreichend erforscht, geschweige denn in eine Nutzung gebracht haben. Wir brauchen hierfür aber nicht nur die Daten, sondern auch rasche Genehmigungsverfahren und einen offenen Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern. Auch hier wird die Forschung in GeoLaB wichtige Beiträge leisten und ein wissensbasiertes Vorgehen ermöglichen. So könnten unterschiedliche Formen der Geothermie bald in vielen städtischen Räumen einen großen Beitrag zur Wärmewende leisten."

Forschung hilft Risiken zu minimieren

Dass die Geothermie in Deutschland bislang nur punktuell zum Einsatz kommt, liegt unter anderem an der Sorge von Bürgerinnen und Bürgern vor künstlich verursachten Erdbeben. "Diese treten vor allem bei einer unsachgemäßen Injektion von Fluiden in ein Reservoir auf", sagt Professor Thomas Kohl vom Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) des KIT und wissenschaftlicher Koordinator des Projekts. Grundsätzlich sei die Anwendung von solchen Enhanced Geothermal Systems (EGS) aber notwendig, um das große Potenzial der Geothermie standortunabhängig auch in Regionen mit kristallinem Grundgebirge wirtschaftlich nutzbar zu machen. Diese Gesteinsschichten besitzen das größte Potenzial für die Geothermie und sind für die zukünftige Energiesicherheit elementar.

Meistens könne die notwendigen Fließraten dort aber nur durch entsprechende Ertüchtigungsmaßnahmen erreicht werden, erläutert der Experte. "Eine entscheidende Aufgabe der Forschung mit dem GeoLaB wird es deshalb sein, das Verständnis induzierter Seismizität zu verbessern und Maßnahmen zur Verhinderung experimentell zu demonstrieren", so Kohl. Er erwarte, dass die Experimente im GeoLaB das Wissen über die komplexen Prozesse im Kristallingestein unter erhöhten Fließraten wesentlich erweitern. Die Erkenntnisse wären dann auch auf andere kristalline Reservoire weltweilt übertragbar.

Anwendungsnahe Forschung mit modernen Methoden

GeoLaB werde auch deshalb gezielt im kristallinen Untergrund errichtet, so Professor Ingo Sass, Leiter der Sektion Geoenergie am GFZ und Professor für Angewandte Geothermie an der TU Darmstadt: "Weil wir wissen, dass die überwiegende Anzahl der deutschen Großstädte diesen Gesteinstyp in mit Bohrungen erreichbarer Tiefe haben. Die Transferwirkung von GeoLaB kann daher von enormer Bedeutung für die Wärmewende in den Ballungsräumen sein."

"Mit GeoLaB wollen wir auch neue Maßstäbe für die Digitalisierung von Untertagelaboren setzen", sagt Professor Olaf Kolditz vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ. "Mit einem digitalen Zwilling (Virtual GeoLaB) wird es eine moderne Datenhaltung kombiniert mit integrierten Prozessmodellen geben, um Experimente besser planen, auswerten und in die Zukunft schauen zu können. Dabei kommen auch Methoden der virtuellen Realitäten zum Einsatz, die sich schon in anderen Untertagelaboren bewährt haben – auch damit die komplexen Vorgänge untertage sichtbar und verständlich werden."

GeoLaB als Investition in die Zukunft

"Der Einsatz und die Entwicklung modernster Beobachtungs- und Auswertemethoden mit dem GeoLaB wird die sichere und ökologisch nachhaltige Nutzung der Geothermie und des unterirdischen Raumes für Generationen prägen", sagt die technische Koordinatorin von GeoLaB, Professorin Eva Schill, die das Geoenergie-Cluster am Institut für Nukleare Entsorgung (INE) des KIT leitet und sich auch mit der TU Darmstadt in GeoLaB engagiert. "Als interdisziplinäre und internationale Forschungsplattform wird GeoLaB in Kooperation mit unseren Forschungspartnern, der Industrie und den Fachbehörden Synergien erzeugen und Maßstäbe in der Forschung setzen."

Mit GeoLaB wird außerdem die Ausbildung einer neuen Generation von Forschenden sowie Technikerinnen und Technikern sichergestellt, wofür bereits unterschiedliche Maßnahmen in Planung sind. Außerdem werden umfangreiche Partizipationsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger geschaffen. Diese können beispielsweise gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie Interessengruppen der Region in einem Co-Design Prozess erarbeitet und umgesetzt werden.

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