Die standortübergreifende Zusammenarbeit von Planungsteams erfordert zukünftig neue Wege im Bereich Projektmanagement und -steuerung. Lief bis vor wenigen Jahren der Informationsaustausch hauptsächlich über E-Mails und persönliche Treffen, bietet die fortschreitende Digitalisierung andere Möglichkeiten. Der Einsatz von intelligenter Projektmanagementsoftware zur Aufgabensteuerung unterstützt in Kombination mit Videokonferenztools örtlich getrennte Planungsteams bei ihrer Arbeit. Zusätzlich finden agile Projektmanagementmethoden wie „Scrum“ (engl. Gedränge) Einzug in die Bauplanung.
Um die Vorteile der Digitalisierung und des agilen Projektmanagements gemeinsam zu nutzen, entwickelte die FC-Gruppe in Zusammenarbeit mit dem Institut für Technologie und Management im Baubetrieb einen digitalen Scrum Ansatz für die TGA-Planung. Dieser wurde nun in einem ersten Projekt pilotiert und ausgewertet. Dem zehnköpfigen Team gelang es mithilfe des digitalen Scrum- Ansatzes, TGA-Anlagen im Wert von 80 Mio. € fehlerfrei zu planen. Dabei war der Terminplan von Seiten des Bauherrn sehr eng getaktet. Die HOAI-Leistungsphasen 1 bis 5 mussten innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen sein.
In kleinen Zeitabschnitten denken
Ursprünglich stammt die Scrum-Methodik aus der Softwareentwicklung [1]. Der Ansatz zeichnet sich dadurch aus, dass er das fertige Produkt und dessen Entstehung frühzeitig in den Fokus rückt. Durch eine inkrementelle Arbeitsweise können sich Planungsteams schneller auf Änderungen oder wechselnde Rahmenbedingungen einstellen und diese in der fortlaufenden Planung berücksichtigen. Kurze Feedbackschleifen und das Denken in kleinen Zeitabschnitten ermöglichen es auch bei großen Projekten, den Überblick zu behalten. [2] Zusätzlich kam im Pilotprojekt eine „Issue-Tracking-Software“ (ITS) zum Einsatz. Die Software hilft dabei, Aufgaben und deren Abarbeitung zu verfolgen und auszuwerten.
Scrum-Struktur innerhalb der Projektorganisation
Innerhalb von Scrum gibt es fünf sich regelmäßig wiederholende Elemente (Sprint, Planungsmeeting, Daily Meeting, Reviewmeeting und Retrospektive), die den Rahmen der Methodik bilden. Der Sprint ist ein fest definierter Zeitabschnitt mit einer Dauer von einer bis vier Wochen. Zu Beginn des Sprints definiert das Planungsteam im sogenannten Sprint-Planungsmeeting die Aufgabenpakete und Ziele, die es im kommenden Sprint erledigen möchte. Während des Sprints trifft sich das Team jeden Morgen für maximal 15 Minuten zum Daily Meeting. Darin tauschen die Mitglieder neue Informationen aus und identifizieren mögliche Probleme bei der Abarbeitung ihrer Aufgaben.
Am Ende des Sprints präsentiert das Projektteam dem Bauherrn die Ergebnisse des Sprints im Sprint-Reviewmeeting. Dabei haben Bauherr, Projektleiter und andere Projektbeteiligte die Möglichkeit, Feedback zu den Ergebnissen (bspw. Pläne oder Berechnungen) zu geben. Die Erkenntnisse dieses Treffens fließen wiederum in die Planung des kommenden Sprints und dessen Aufgabenverteilung ein. Die Retrospektive findet ebenfalls am Ende jedes Sprints statt. In diesem Treffen entwickelt das Projektteam neue Ideen, wie es seine Arbeit in kommenden Sprints effizienter gestalten kann.
Um die Zusammenarbeit größerer Projektteams an mehreren Standorten zu ermöglichen, kam im Pilotprojekt ein Videokonferenztool zum Einsatz. Die Projektteams an den verschiedenen Standorten trafen sich dazu in ihrem jeweiligen Besprechungsraum, um gemeinsam an den Treffen teilzunehmen. Während der Covid-19-Pandemie konnten sich die Mitarbeiter zudem aus dem Home-Office zu den Meetings schalten.
Integratives Aufgabenmanagement mit ITS
Die Issue-Tracking-Software unterstützt das Projektteam bei der Verfolgung und Abarbeitung ihrer Aufgaben. Die gewählte Software zeichnet sich dadurch aus, dass neben der zentralen Aufgabenverwaltung auch der Scrum-Prozess – insbesondere die Sprints – abbildbar ist. Zusätzlich kann der Projektleiter definieren, welche Informationen eine Aufgabe zu enthalten hat. Neben einer kurzen Beschreibung der Aufgabe hat der Nutzer die Möglichkeit, weitere Felder, wie die zuständige Person, Fälligkeitsdatum, Checklisten, Anhänge und vieles mehr, zu ergänzen. Desweiteren ist es möglich, den aktuellen Status einer Aufgabe zu bestimmen. Ein weiterer Pluspunkt ist das Anlegen von Projektvorlagen mit der automatischen Generierung von Aufgabenpaketen, die sich in jedem Projekt wiederholen. Das spart bei neuen Projekten Zeit, da Aufgaben nicht jedes Mal neu eingepflegt werden müssen.
Neben der reinen Aufgabenverwaltung unterstützt die genutzte ITS das Projektteam auch bei der Auswertung ihrer Leistung in vergangenen Sprints. Mit dem Burn-Up-Diagramm (siehe Abbildung 1) kann es beispielsweise verfolgen, wieviele der Aufgaben, die man sich für den Sprint vorgenommen hatte, bereits erledigt sind. Zusätzlich kann es aus der Leistung vergangener Sprints Rückschlüsse auf die Aufgabenplanung zukünftiger Sprints ziehen.
Feedback der Mitarbeiter
Insgesamt war der Großteil der Mitarbeiter am Anfang im Hinblick der Einführung einer neuen Methodik und Projektmanagementsoftware sehr skeptisch. Dabei bestand bei vielen die Angst vor zu viel Transparenz und damit einhergehend eine verstärkte Kontrolle der Angestellten. Andere sahen wiederum den Nutzen der Methodik nicht und argumentierten, dass Projekte bisher auch gut verliefen. Diese Zweifel konnten allerdings im Lauf des Pilotprojekts ausgeräumt werden. Die Beteiligten merkten sehr schnell, dass sie innerhalb der Scrum-Methodik eine zentrale Rolle spielen. Dabei verhelfen das Expertenwissen der Beteiligten und ihre Ideen der Methodik zum Erfolg. Im Prozess entwickelte das Team auch eigene Vorschläge, wie die Software noch besser und effektiver genutzt werden kann. Mittlerweile nutzen die Planungsteams den digitalen Scrum Ansatz in all ihren Projekten.
Fazit
Scrum in Kombination mit einer Issue-Tracking-Software (ITS) können eine wichtige Unterstützung für jedes Planungsteam sein. Rückblickend war die Einführung des digitalen Scrum-Ansatzes ein großer Erfolg im Unternehmen. Durch die Anwendung der Scrum-Methodik in Kombination mit ITS konnte das Team im Pilotprojekt sämtliche vorgegebenen Meilensteine einhalten. Dies war durch den Fokus auf die wesentlichen und wichtigen Aufgaben in jedem Sprint möglich. Bei auftretenden Problemen konnte das Team durch die Daily Meetings schnell reagieren. Auch ließen sich Engpässe bei der Bearbeitung von Aufgaben schneller identifizieren und dadurch auch schneller beheben.
Jedes Unternehmen sollte allerdings seine eigenen Erfahrungen sammeln. Dazu müssen die Teams die Scrum-Methodik in Kombination mit einer ITS zuerst selbst ausprobieren. Dabei ist es wichtig, dass die Beteiligten das gesamte Potenzial austesten und anschließend die Methodik an die speziellen Bedürfnisse und Herausforderungen anpassen.