Digitalisierung: Datensilos kosten Geld

Ertrag aus alten Abläufen herausholen

Deutsches Ingenieurblatt 04/2018
Management

Keine Nachkalkulation, ungepflegte Daten oder fehlende Vertretungsregeln – viele kleine und mittlere Büros leiden unter veralteten Arbeitsabläufen. Wer diese nicht reflektiert, raubt sich Rentabilität. Einmal pro Jahr sollten daher Prozesse auf den Prüfstand, sagt Mittelstandsberater Manuel Marburger. Denn gerade intern vergeben viele Ingenieurbüros Geld, weil überkommene Strukturen konserviert sind.

Aufräumen – oder besser – erst einmal installieren, gilt für das Verwalten von Kundendaten. Denn hier schlummert Kapital. Heirat, Kündigung, neuer Job – persönliche Daten ändern sich im Leben. Hinzu kommen geänderte Straßen- und Ortsnamen (jährlich werden 45.000 Straßen in Deutschland umbenannt). Doch viele Büros sind nach wie vor schlampig im Umgang mit Änderungen. Hinzu kommt: Laut einer Uniserv-Studie liegen Kundendaten bei Dienstleistern vorrangig in den Systemen der Buchhaltung (49 Prozent), des Customer-Relationship-Managements (30 Prozent) und Marketings (17 Prozent) vor. In bis zu sieben verschiedenen Systemen lagern die Bestände. Das führt zu Datensilos. Zuständigkeiten bleiben ungeklärt, Rentabilitätsverluste sind die Folge.
Ein Spiel mit dem Feuer. Dass Datensammler wie Google & Co. Autos und Datenbrillen bauen, sollte Mittelständlern eine Warnung sein. Geschäftsprozesse der Old Economy zu adaptieren, ist für diese Spezialisten die kleinere Aufgabe. Beispiele für Angriffe und Übernahmen aus dem Netz gibt es viele: Uber gegen Taxis oder Amazon contra Quelle, um zwei prominente Beispiele zu benennen. Die Datensammler können vor allem eines gut: Kundeninfos analysieren und für den Vertrieb nutzen. Für Ingenieure heißt das zu verstehen, dass Käuferangaben wie Geld zu sehen sind. Jeder im Betrieb sollte dafür verantwortlich sein, diese zu sammeln und im Idealfall zentral zu pflegen. In der Folge steigt die Trefferfrequenz bei Marketingaktionen wie dem Newsletter-Versand und es sinken Retouren, weil Waren und Rechnungen Adressaten auf Anhieb finden.
Doch trotz Erfolgsgarantien in Vertrieb und Liquidität dämmern viele Büros ohne Kommunikationsplattformen vor sich hin. Oft hält sie die Angst vor einer Investition zurück oder es gibt eine Scheu vor dem Einpflege-Aufwand. Der ist zum Start zwar hoch, doch wer einmal den täglichen Suchbedarf addiert, der durch Adresschaos entsteht, erkennt rasch Amortisationspotenziale. Ein wichtiger Tipp für das Ablegen ist eine Baumstruktur, damit intuitive Datenpflege gelingt. Diese bekommt Ritual-Charakter, wenn der Chef das Einpflegen der Infos vorlebt und nach jedem Kundenkontakt eingesammelte Visitenkarten zur Eingabe schickt oder die Servicemitarbeiter bei jedem Kundenbesuch Stammdaten checken. Erfahrungen zeigen: Zu Beginn lohnt es sich, sich eine eigene Struktur zu überlegen. Wächst ein Unternehmen, ist die Plattform jedoch besser in Expertenhand. Diese muss organisiert und gecoacht werden, damit jeder im Betrieb die Struktur versteht und sie für sich passend anwenden kann.

Einzelkämpfer reißen Löcher
Dritter Renditekiller sind undefinierte Zuständigkeiten oder nur einfach besetzte Arbeitsplätze. Auf einer Großbaustelle mit einer Laufzeit von fünf Jahren hatte die Assistentin gekündigt, die für Pläne, Verträge und Kundenadressen zuständig war. Jeder, der Informationen suchte, wandte sich bisher an sie. Selbst der Chef schloss seine Wissens­lücken über einen Anruf bei ihr. Eine Übergabe an die neue Kollegin gab es nicht. Kommunikationswerkzeuge oder eine Ablagesystematik fehlten. Das Chaos war programmiert. Die Ex-Sekretärin war eine One-Woman-Show, die niemand vertreten konnte. Die Scham, so etwas zu benennen und die Kompetenz auf mehrere Kollegen zu verteilen, kostet ein kleines Büro viel Geld: Ein Bauverzug richtet finanziellen und Image-Schaden an.
Ertragsvernichter sind auch Chefs mit einem falschen Rollenverständnis. Sie sehen sich als Feuerlöscher, helfen überall da, wo es im Betrieb brennt. Folge Nummer eins: Sie entbinden Mitarbeiter von Verantwortung und Konsequenzen. Zweite Folge: Sie stecken in der Arbeitsebene fest, statt sich um strategische Fragen zu kümmern, wichtige Kundengespräche zu führen oder Arbeitsprozesse zu beleuchten. Mit Notfalltätigkeiten sollte ein Springer oder Assistent der Geschäftsführung betraut werden. Dessen Job ist es, den Laden am Laufen zu halten. Diese Personalentscheidung bringt Büros voran, weil der Chef Abstand zum Alltag gewinnt.

Nachkalkulation und offene Rechnungen
Der Auftragsdruck ist in vielen Ingenieurbüros hoch. Oft bleibt kaum Zeit nachzurechnen, ob abgeschlossene Projekte rentabel waren – oder nicht. Auch prüfen viele Büros nicht oder nur selten, ob und wie sich Basisdaten der Kalkulation verändern. Etwa ob Stundensätze gestiegen oder Gestehungspreise noch aktuell sind. Mancher Ingenieur vergisst zudem fiktive Kosten wie einen unternehmerischen Gewinn und kalkulatorische Zinsen in der Preisfindung. Spätesten einmal pro Jahr sollten daher alle Basiswerte auf den Prüfstand.
Ist ein Projekt abgeschlossen oder werden Abschlagszahlungen gefordert, ist mit der Rechnungsstellung die Finanzfrage nicht abschließend geklärt. Geld ist erst verdient, wenn es auf dem Konto liegt – ist eine alte Kaufmannsregel, die auch Ingenieure beherzigen sollten. Dazu gehört es auch, die Debitorenliste wöchentlich nach offenen Posten zu durchforsten. Oft weiß keiner im Büro genau, wieso ein Kunde nicht bezahlt. Viel schlimmer ist jedoch, dass sich häufig keiner für das Geldeintreiben verantwortlich fühlt. Um dem vorzubeugen, müssen Büroinhaber einen klaren Prozess für drohende Zahlungsausfälle definieren: Wer ruft wann an und spricht mit dem Kunden über dessen Gründe?
Ein weiterer Renditekiller ist das Arbeiten über der Auslastungsgrenze. Denn Zusatzaufträge, die angenommen werden, obwohl sie realistisch betrachtet nicht oder nur mit immensem Aufwand und Mehrkosten, wie das Einkaufen freier Kapazitäten von Freelancern, erbracht werden können, lassen die Rendite schmelzen. Wer bei Vollauslastung den Mut findet, sich von unrentablen, kleinen Auftraggebern oder Projekten zu verabschieden, gewinnt mehr Luft. Auch, wenn das im ersten Moment schmerzt, weil theoretisch nach jedem kleinen Projekt vom gleichen Bauherrn ein größeres folgen könnte. In der Retroperspektive zeigt sich aber, meist bleibt es bei kleinen Aufträgen – und dann ist die Ressourcenbindung vergebene Liebesmüh.
Etliche Ingenieurbüros leiden zudem unter „Excelitis“: Diese entsteht, wenn Kollegen ständig eigene Excel-Dateien anlegen und diese nicht zentral ablegen. Dokumentenmanagement gehört zu den zentralen Aufgaben im Büro. Katastrophal wird es, wenn nach alten Plänen und Vorgaben entwickelt wird – bzw. das Ordnungssystem Lücken lässt. Dann sind Fehler programmiert und Ausschuss ist gewiss.

Und wie sehen Sie aus?
Schlussendlich trifft ein Renditekiller den öffentlichen Auftritt der Büros. Viele lassen sich oft Webseiten von der Stange aufschwatzen. Doch wer eine Homepage vom Verband nutzt und dann auch noch Inhalte kopiert und auf seiner Seite veröffentlicht, wird im Netz nicht gefunden. Diese Werbeausgabe ist eine Fehlinvestition. Denn Redundanz wird von den Suchmaschinen bestraft. Büros sollten daher die eigene Website als Unikat erstellen (lassen). Texte stattdessen selbst schreiben und nichts kopieren sowie die Seite stetig aktualisieren. Dabei hilft ein eigener Blog-Bereich.

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