Entwirrung ist nicht grundsätzlich die Folge von Rechtsprechung. Hersteller und Anwender von Abscheidern haben diese Lektion zu lernen. Denn ausgelöst durch ein EuGH-Urteil wandelt nun das Regularium der Abscheider auf zwei unterschiedlichen Pfaden gleichzeitig.
Im Oktober 2014 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu Fragen der CE-Kennzeichnung Recht gesprochen. Aufgrund des ergangenen Urteils C-100/13 vom 16.10.2014 mussten die bauordnungsrechtlichen Vorschriften für Leichtflüssigkeitsabscheider grundlegend novelliert werden. Wie das Bundesministerium des Innern mitteilt, ist zulassungsrechtlich seither „zu unterscheiden zwischen:
- Abscheideranlagen für Leichtflüssigkeiten nach DIN EN 858-1, die zur Behandlung von Abwasser ohne Anteile von Leichtflüssigkeiten pflanzlichen und tierischen Ursprungs (ohne FAME-Anteil) vorgesehen sind sowie
- Anlagen zur Begrenzung von Kohlenwasserstoffen mit Anteilen an Biodiesel, Bioheizöl und Ethanol (mit FAME-Anteil).“
Während zuvor die vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt, Berlin) erteilten allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ) eine einheitliche und geschmeidige Genehmigungsroutine für Abscheider gewährleisteten, bringt die normative Neuordnung mancherlei Differenzierung und Aufwand mit sich.
Keine abZ für manche Anlagentypen mehr
Abscheideranlagen für Leichtflüssigkeiten nach DIN EN 858-1 tragen fortan nur das CE-Zeichen. Es weist die Konformität nach hinsichtlich der harmonisierten Produkteigenschaften gemäß DIN EN 858-1 und -2 (Abscheideranlagen für Leichtflüssigkeiten (z. B. Öl und Benzin) – Teil 1: Bau-, Funktions- und Prüfgrundsätze, Kennzeichnung und Güteüberwachung; Teil 2: Wahl der Nenngröße, Einbau, Betrieb und Wartung). Soweit entsprechende Anlagen zuvor mit einer abZ ausgestattet waren, ist deren Gültigkeit am 10. April 2020 abgelaufen. Neue abZ werden für Anlagentypen dieser Art nicht mehr erteilt. Stattdessen und zusätzlich zur CE-Kennzeichnung erfordert die Zulassung nach den maßgeblichen Regeln in Abschnitt B4 der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) – relevant auch für die Einhaltung wasserrechtlicher Anforderungen– verschiedene Nachweisführungen. Allgemeingültige Aussagen hierzu sind aber nicht möglich, weil die Erteilung wasserrechtlicher Genehmigungen im Zuständigkeitsbereich der Länder liegt. Antragsteller sind daher gehalten, Art und Umfang einzureichen der Unterlagen im Vorfeld mit der zuständigen Behörde zu klären.
Völlig anders reguliert sind die Anlagen zur Begrenzung von Kohlenwasserstoffen mit FAME-Anteil. Sie fallen nicht in den Anwendungsbereich der harmonisierten Norm DIN EN 858-1 und werden weiterhin bauaufsichtlich zugelassen. Dabei erteilt das DIBt die abZ in Verbindung mit einer allgemeinen Bauartgenehmigung (aBG), was neben der wasserrechtlichen auch die baurechtliche Eignung nachweist. Außerdem werden bei der Vergabe von abZ/aBG nun zwei Systemvarianten unterschieden:
- System A sind Anlagen mit Koaleszenzeinrichtung, die bei Prüfung der Abscheideeinrichtung in Anlehnung an DIN EN 858-1, Abschnitt 8.3.3 unter diesen Prüfbedingungen mit einem Gehalt an Kohlenwasserstoffen von ≤ 5,0 mg/l abschneiden.
- System B bezeichnet Anlagen, die bei entsprechender Prüfung einen Kohlenwasserstoffgehalt von ≤ 100,0 mg/l erzielen.
Anlagen, die auf dieser Regulierungsschiene fahren, können durchaus baugleich sein mit Anlagen, die nach DIN EN 858-1 zuzulassen sind. Für die Erteilung der wasserrechtlichen Genehmigung erübrigt sich allerdings die Beibringung zusätzlicher Nachweise.
Im Alltag der Hersteller und Betreiber von Abscheidern wirkt das alles nicht wirklich verschlankend. Manche Abscheiderspezialisten haben bereits auf die Veränderungen unmittelbar reagiert und bedienen seither beide Zulassungslinien. Besonderes Augenmerk gilt dabei der größtmöglichen Vereinfachung und Übersichtlichkeit für den Kunden.
Abscheideranlagen für Leichtflüssigkeiten, deren Zulassung unter das Regime der DIN EN 858-1 fällt, sind ergänzend zur CE-Kennzeichnung mit einer Leistungserklärung gemäß EU-Bauproduktenverordnung Nr. 305/2011 ausgestattet. Weitere Unterlagen, die die zuständige Behörde bei der zulassungsbezogenen Einzelfallprüfung darüber hinaus einfordert, können jeweils projektbezogen angeboten und dem Kunden zur Verfügung gestellt werden.
Eine weitere Anlagenserie bilden jene Abscheider, die im Regelwerk-Jargon „Anlagen zur Begrenzung von Kohlenwasserstoffen in mineralölhaltigen Abwässern mit Anteilen an Biodiesel, Bioheizöl und Ethanol“ heißen. Das ist lang und umständlich, weshalb ein Hersteller diese Produktreihe beispielsweise kurz als „ABKW-Abscheider“ bezeichnet. Gemeint sind jene Anlagen, die – ausgestattet mit der abZ/aBG-Kombination des DIBt – ohne weiteres Zulassungsprozedere vor Inbetriebnahme nur anzeigepflichtig sind. Darüber hinaus haben diese mit abZ ausgestatteten Abscheider einen Vorteil, der sich aus Anhang 49 der Abwasserverordnung (AbwV) ergibt. Anhang 49 bezieht sich im Kern auf die in den Betriebszweigen der Kfz-Branche üblichen mineralölhaltigen Abwässer und bestimmt, dass für die Gesamtfracht an Kohlenwasserstoffen am Ort des Anfalls ein Wert von 20 mg/l nicht überschritten werden darf. Diese Anforderung gilt nach Anhang 49 als eingehalten, wenn eine Behandlungsanlage mit abZ-Testat zulassungsgemäß eingebaut, betrieben und gewartet wird. Diese Abscheider erfüllen in technischer und formaler Hinsicht alle Anforderungen, wie sie sich typischerweise auf Tankstellen oder Umschlagplätzen ergeben, wo Kraftstoffe mit FAME-Beimischungen im Einsatz sind. Die technischen Anforderungen für den wirksamen Rückhalt abzuscheidender Stoffe sind– wie schon vor den EuGH-induzierten Veränderungen– in den nationalen Ergänzungsnormen DIN 1999-100 und -101 (Abscheideranlagen für Leichtflüssigkeiten) festgelegt. Deren Einhaltung attestiert das DIBt mittels abZ/aBG. Zusammenfassend ergibt sich zum guten Ende als entspannende Nachricht: Mit einem Abscheider aus dem Bereich „Anlagen zur Begrenzung von Kohlenwasserstoffen in mineralölhaltigen Abwässern mit Anteilen an Biodiesel, Bioheizöl und Ethanol“ bleibt eigentlich alles beim Altbewährten. Mehr noch: Der Kunde hat die freie Wahl. Denn technisch und funktional unterscheiden sich ABKW-Systeme nicht von jenen, die nach DIN EN 858-1 reguliert sind.