Globale Risiken und Erderwärmung

Die Klimakrise – Transformation der gebauten Umwelt

Deutsches Ingenieurblatt 1-2/2022
Videor E. Harting GmbH
Green Engineering: Umwelt, Energie, Mensch

Die Klimakrise ist momentan die größte Bedrohung für unseren Planeten. Um die Erderwärmung in beherrschbaren Grenzen zu halten, ist eine dramatische Reduktion der Treibhausgasemissionen erforderlich. Allein die Herstellung und der Betrieb von Gebäuden exklusive Infrastrukturen (Transport sowie Ver- und Entsorgung) verursachen ca. 38 % der weltweiten energiebezogenen CO2-Emissionen. Hier liegt somit ein enormes Potenzial für die Reduktion der Treibhausgasemissionen, dessen Ausschöpfung jedoch eine Transformation der gebauten Umwelt erfordert. In den kommenden Ausgaben des Deutschen Ingenieurblatts wird sich eine Artikelserie dieser Thematik annehmen. Ziel ist, das Bewusstsein für die dringende Notwendigkeit dieser Transformation zu stärken, relevante Hintergrundinformationen einfach zugänglich zu machen und einige Ansätze für einen positiven Beitrag aufzuzeigen. In ihrem Verlauf wird sich der Fokus zunehmend auf die durch die Baukonstruktion verursachten Emissionen richten.

Laut weltweiter Befragungen von Regierungs- und Wirtschaftsinstitutionen sowie der Gesellschaft werden Umweltrisiken momentan als die größten global vorherrschenden Risiken wahrgenommen. Die Risiken, die mit der größten Eintrittswahrscheinlichkeit und den stärksten Auswirkungen bewertet wurden, sind fast ausnahmslos Umweltrisiken, die mit der Erderwärmung im Zusammenhang stehen. In Deutschland wurden diese Umweltrisiken sogar als die drei größten von allen Risiken wahrgenommen.

Auswirkungen des Klimawandels
Unabhängig von den Ergebnissen solcher Umfragen warnt die Wissenschaft vor den umfassenden und teilweise irreversiblen Auswirkungen des zunehmenden Klimawandels, die keineswegs nur auf die Umwelt begrenzt sind. Nahezu alle dieser Auswirkungen sind bereits heute ein Problem und sie werden sich in der Zukunft verstärken. Bereits in Deutschland ergeben sich Auswirkungen auf die folgenden Bereiche, die in detailliert beschrieben werden:

  • naturnutzende und naturferne Wirtschaftssysteme
  • Menschen und soziale Systeme
  • Infrastrukturen und Gebäude
  • natürliche Systeme und Ressourcen

In letzter Zeit werden in zunehmendem Maß auch die Auswirkungen des Klimawandels auf unser Wirtschaftssystem untersucht. Dabei scheint sich die Sichtweise zu etablieren, dass Klimaschutz eine notwendige Voraussetzung für langfristiges Wirtschaftswachstum ist.

In [8] wird die aktuelle Situation eindrucksvoll zusammengefasst: „Das Handeln der Menschheit destabilisiert das Erdsystem auf eine Weise, welche die Existenz und die Chancen der heutigen und der kommenden Generationen sowie die Vielfalt des Lebens auf der Erde bedroht. … Bis spätestens Mitte des Jahrhunderts muss global Klimaneutralität erreicht werden, um das Klima zu stabilisieren und einen bewohnbaren Planeten zu erhalten. Klimaschutz wirkt sich auf praktisch alle 17 UN-Nachhaltigkeitsziele aus und ist ein notwendiger Beitrag zur Lösung der interdependenten Krisen.“

Erderwärmung
Die globale Mitteltemperatur liegt heute bereits ca. 1,2 °C über dem vorindustriellen Niveau um das Jahr 1850 . Bis zum Jahr 2100 wird eine weitere Temperaturerhöhung auf einen Bereich von 2,0 bis 3,6 °C prognostiziert, sofern lediglich die aktuell bestehenden politischen Klimaschutzrichtlinien umgesetzt würden. Die Einhaltung des im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarten Ziels, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf deutlich unter 2,0 °C und möglichst auf 1,5 °C zu begrenzen, wird damit zunehmend schwierig und erfordert global deutlich größere Anstrengungen.

Das brisante Ausmaß einer solchen Temperaturerhöhung wird deutlich, wenn man bedenkt, dass die globale Mitteltemperatur laut dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in den vergangenen drei Millionen Jahren nie mehr als 2,0°C über dem vorindustriellen Niveau lag.

Eine Erderwärmung über die Grenze von 1,5 bis 2,0°C hinaus erhöht signifikant das Risiko, dass sich kritische Teile des Erdsystems, die sogenannten Kippelemente, unumkehrbar verändern [12]. So werden bspw. die folgenden Kippelemente durch die Erderwärmung ausgelöst:

  • Abschmelzen der globalen Eismassen
  • Auftauen der Permafrostböden
  • Störung der globalen Meeres- und Luftströmungen
  • Absterben der Regenwälder und borealen Nadelwälder
  • Absterben der Korallenriffe

Diese Prozesse können ab der Überschreitung kritischer Kipppunkte nicht mehr gestoppt oder beherrscht werden und sie verstärken die Erderwärmung noch zusätzlich, da u. a. weitere Treibhausgasemissionen ausgelöst und Treibhausgassenken geschwächt werden. Die Begrenzung der Erderwärmung auf die zuvor genannten Grenzwerte ist daher eine äußerst wichtige Maßnahme, um diesen Risiken entgegenzuwirken.

In nächsten Teil dieser Artikelserie werden die Auswirkungen der von den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen auf die Erderwärmung und die Rolle der gebauten Umwelt dabei erläutert.

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