Spannbetondecken im Schulbau

Serielles Bauen

Deutsches Ingenieurblatt 06/2020
Baudetail

Im funktional geprägten Schulbau werden zunehmend Spannbeton-Fertigdecken eingesetzt. Ziel ist es, hohe Terminsicherheit zu gewährleisten, Kosten einzusparen und eine flexible Raumnutzung zu ermöglichen.

Bei vielen Schulgebäuden stehen derzeit Sanierungs-, Umbau- oder Neubaumaßnahmen an. Eine große Herausforderung ist dabei, die Projekte trotz steigender Baukosten und Personalengpässen wirtschaftlich, termingerecht und ohne Qualitätseinbußen zu realisieren. So sind allein in den vergangenen sieben Jahren die Baukosten in den Bereichen Personal, Material, TGA und Energieeffizienz um ca. 25 % gestiegen.
Als Lösung wird das serielle und modulare Bauen in den Blick genommen, weil Fertigteile schnell eingebaut sind, weniger Material und zugleich weniger Personal auf der Baustelle erfordern. Bei hoher werkseitiger Qualität können somit Kosten reduziert werden. Damit dies gelingt, müssen allerdings in der Planung und Ausführung die wesentlichen Voraussetzungen erfüllt werden.

Die Spannbetonkonstruktion im modernen Schulbau

Schulgebäude sind in verschiedener Hinsicht für das Bauen mit Spannbetondecken prädestiniert. So lassen sich ihre geometrischen, meist wenig verwinkelten Baukörper mit Spannbetondecken gut bemessen und planen. Hinzu kommt, dass über ihre großen Spannweiten eine beachtliche Tragkraft von bis zu 12,5 kN/m2 hergestellt werden kann. Die Decken in Schulgebäuden verfügen gemäß DIN 1055 über eine fast doppelt so hohe Tragkraft (5 kN/m2) wie z. B. in Wohngebäuden mit etwa 2,7 kN/m2. Das heißt, Spannbeton-Fertigdecken können die besonders hohen statischen Anforderungen wie lange Flure, große Räume, hohe Sicherheitsstandards sowie Verkehrs- und Ausbaulasten ohne zusätzlichen Aufwand (Stützkonstruktionen, Schalung etc.) erfüllen. Im Vorfeld der Planung werden die geeigneten Querschnitte und Deckentypen ermittelt und für das jeweilige Bauvorhaben passend produziert.
Unter den weit spannenden Decken ist dann eine freie Raumaufteilung jederzeit möglich. Da im Schulbau heute zunehmend mit Kompartiment-Bauweise geplant wird –offene oder flexibel teilbare Gemeinschaftsräume mit Arbeits- und Freizeitbereichen –, ist die Spannbetonkonstruktion hier ebenfalls eine Option. So liegen die Spannweiten der Decken in der Regel zwischen 8 und 16 Metern, teils bis zu 18 Metern.
Spannbetondecken verfügen zumeist über Hohlräume. Dadurch haben sie ein relativ geringes Eigengewicht, das bis zu 40 % unter dem Standard anderer Konstruktionen, wie etwa Filigran- oder Ortbetondecken, liegt. Die Statik der Spannbetonkonstruktion ist damit insgesamt weniger belastet und kann als schlankes System gelten, durch das sowohl Material als auch Arbeitsgänge einspart werden. Die Montage wird in nur wenigen Tagen (ca. 500 m2 proTag) umgesetzt, in der Regel witterungsunabhängig.
Montagestützen oder Joche sind dabei nicht erforderlich. Mit dem Fugenverguss der parallel verlegten Platten und dem Betonieren des Ringankers entsteht schließlich die tragende Fläche, auf der sofort weitergebaut werden kann. Je nach Projekt und Verlauf des Bauprozesses lässt sich so die Bauzeit um einige Tage reduzieren. Wenn es zur Architektur passt, können sowohl kleine Schulbauten als auch große Gebäudekomplexe vollständig mit Spannbetondecken realisiert werden.

Große Spannweiten für Schulkomplex

Ein rund 20.700 m2 BGF großer Schulbau für bis zu 1.800 Schüler wurde mit Spannbetondecken innerhalb von 1,5 Jahren umgesetzt. Zu dem Komplex gehörten zwei viergeschossige Gebäude, Gymnasium und Oberschule, sowie eine Zwei-Feld-Sporthalle. Für die polygonalen Schulbauten, die hauptsächlich auf rechteckigen Grundrissen basieren, wurden insgesamt rund 10.000 m2 Spannbetondecken eingesetzt. Bei 12,67 m Spannweite werden hier Verkehrslasten von bis zu 3,0 kN/m2 gewährleistet.
Bei einer wesentlich kleineren Grundschule in Wermsdorf (Rohbau-Fertigstellung im Oktober 2018) kamen Klimadecken zum Einsatz – eine Spezialdecke mit Betonkernaktivierung, die inwendig ein eigenes Heiz- und Kühlsystem mit durchgezogenen Wasserleitungen integrieren. Da das Schulgebäude als Null-Energiehaus realisiert werden sollte, wurden für 2.420 m² Gesamt-BGF ca. 240 Klimadecken-Elemente mit einer Deckenstärke von 26 cm und 8,3 Metern Spannweite eingebaut. Die Decken sparen dabei TGA-Anlagen und -Leistungen ein und bieten ein gesundes, natürliches Raumklima ohne Zugluft. Als ressourcenschonendes Bauteil hat die Klimadecke hier dazu beigetragen, die erheblichen Nachhaltigkeitsanforderungen (EnEV, Ökobilanz) zu erfüllen und die Kosten im späteren Betrieb niedrig zu halten. Zu beachten ist, dass unter dem Namen „Klimadecke“ unterschiedliche und qualitativ stark abweichende Produkte angeboten werden. Der Nachweis einer grundlegenden Zulassungskonformität ist daher zu empfehlen.

Richtige Anwendung entscheidend

Damit serielle Bauteile ihren Nutzen voll entfalten, braucht es eine korrekte Planung und Ausführung. Ein fachlich versierter Hersteller sollte in Kooperation mit dem verantwortlichen Statiker eine projektbezogene Lösung entwickeln. Werden dann einige wesentliche Aspekte bei Planung, Baustellenlogistik und Einbau beachtet, bietet sich die Chance, Abläufe sehr rationell zu gestalten, Projektkosten zu optimieren und zugleich eine nachhaltige Bauqualität mit großen Spannweiten umzusetzen.

Tipps und Hinweise

  • Frühzeitige Einbindung der Fachplaner und des Herstellers in den Planungsprozess.
  • Spezialisierte oder fachkompetente Montagefirma beauftragen.
  • Überhöhungen beachten: Bereits in der Planung sind Überhöhungen und die daraus folgenden Arbeitsabläufe (Aufbau Estrich) zu berücksichtigen.
  • Verlege- und Verarbeitungsaufwand richtig kalkulieren: Hier sollte der Hersteller unterstützen.
  • Baustellenlogistik: Terminplan mit dem Hersteller abstimmen, Tragkraft und Standort des Krans frühzeitig berücksichtigen.
  • Bauzeitberechnung: Im Winter kann die Verkürzung der Bauzeit durch das Fertigteil geringer ausfallen als im übrigen Jahr.
  • Baubegleitende Planung ist grundsätzlich möglich: In der Entwicklungsphase sind Änderungen kein Problem, solange die Decken noch nicht in die Produktion gegangen sind (i. d. R. zwei Wochen vor Einbau). Durchbrüche müssen hingegen gesamtheitlich betrachtet und auch vom Prüfstatiker gesondert freigegeben werden.
  • Anbohrungen: lassen sich einfach durchführen, sollten aber mit den vom Hersteller zu Verfügung gestellten Schablonen erfolgen, um Beschädigungen an den Decken zu vermeiden.
  • Rohbauteil: Spannbeton-Fertigdecken sind trotz der Vorproduktion im Werk reine Rohbau-Elemente, die – wie alles andere auch – bauseitig weiterverarbeitet werden müssen (Putz oder Abhängung etc.).

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