Frau Herbster, was ist für Sie das Besondere an Holz?
Chiara Herbster: Holz ist der nachhaltigste Baustoff, den wir kennen. In verbautem Holz wird eine erhebliche Menge Kohlendioxid langfristig gespeichert: Ein Kubikmeter Holz speichert rund eine Tonne CO2, somit leisten Holzbauten einen Beitrag zum Klimaschutz. Holz ist ein nachwachsender Baustoff, ein weiteres Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Materialien. Und mit Holz können große stützenfreie Spannweiten realisiert werden.
Was ist beim Bauen mit Holz zu beachten?
C. H.: Abgesehen davon, dass Holz brennt und damit dem Brandschutz besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, gibt es weitere zu beachtende Aspekte, zum Beispiel der Schutz vor Feuchtigkeit, da Holz stark quellt. Holz ist aber auch ein anisotroper Baustoff, das heißt je nach Faserrichtung weist er ein unterschiedliches Verhalten in Bezug auf Belastbarkeit, Kriech- und Schwindverhalten auf.
Ein brennbares Material wird als Baustoff eingesetzt. Ist das nicht problematisch?
C. H.: Aus Brandschutzsicht herrscht bei vielen Planenden, Bauaufsichtsbehörden und Feuerwehren Unsicherheit, wie damit umgegangen werden soll. Das ist einer der Hauptgründe, warum Holz bei mehrgeschossigen Gebäuden eine Neuheit ist, obwohl es einer der ältesten Baustoffe ist. Durch die im Juli 2021 veröffentlichte neue Muster-Holzbaurichtlinie ändert sich das hoffentlich.
Inwiefern?
C. H.: Die „Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise“ (M-HFHHolzR) wurde 2004 eingeführt. Es gibt also bereits seit geraumer Zeit eine Richtlinie für Holzbaugebäude. Die im Juli 2021 veröffentlichte neue Version enthält allerdings grundlegende Neuerungen und regelt die brandschutztechnischen Anforderungen an Bauteile und Außenwandbekleidungen in Holzbauweise. Sie heißt nun Muster-Holzbaurichtlinie (MHolzBauRL). Durch diese Neuerungen ergeben sich Möglichkeiten für den mehrgeschossigen Holzbau sowohl für die Holzrahmen- und Holztafelbauweise, aber vor allem für die Holzmassivbauweise sowie für Holz-Hybridbauweisen. Sie ist eine deutliche Erweiterung und Präzisierung ihrer Vorgängerversion.
Mehrgeschossiger Holzbau ist also kein Problem mehr?
C. H.: Es ist zumindest ein guter Anfang. Die neue Muster-Holzbaurichtlinie definiert verschiedene Vorgaben, die bei der Planung eines Holzgebäudes je nach Gebäudeklasse oder Bauart einzuhalten sind. Zum Beispiel ist in Kapitel 5 festgelegt, dass Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 (mehrgeschossige Gebäude bis zur Hochhausgrenze), die mit feuerwiderstandsfähigen Bauteilen in Massivholzbauweise errichtet werden, zulässig sind, sofern die Nutzungseinheiten maximal 200 Quadratmeter groß sind. Diese Vorgabe kann zwar das angedachte Nutzungskonzept und die Gebäudeflexibilität stark einschränken, es gibt den Planenden allerdings einen Rahmen in Bezug auf den Brandschutz.
Herr Dr. Festag, was bedeutet das für den anlagentechnischen Brandschutz?
Sebastian Festag: Den Regelungen der Muster-Holzbaurichtlinie liegen Schutzziele zugrunde, zum Beispiel soll die Ausbreitung von Feuer und Rauch verhindert werden. Auch andere Brandschutzvorgaben verfolgen immer ein spezifisches Schutzziel. Bei Gebäuden aus Holz ist eine frühzeitige Branderkennung besonders wichtig. Die Gefahren eines Brandes können sich verstärken, wenn das verbaute Holz anfängt zu brennen und zusätzlich zur Brandquelle gefährliche Stoffe freigesetzt werden. Nach einem Brand ist eine unter Umständen notwendige Instandsetzung der Tragwerkskonstruktion zudem nicht ganz einfach, da Löschwasser in die Holzkonstruktion eindringen kann. Eine Brandmeldeanlage ist hilfreich, denn ihr Schutzziel besteht darin, Brände zu einem frühen Zeitpunkt zu erkennen und gefährdete Personen und die Feuerwehr zu alarmieren. Statistisch ist der positive Effekt von Brandmeldeanlagen auf die eingesetzte Löschwassermenge bereits durch die vfdb-Brandschadenstatistik belegt.
Können Sie ein konkretes Beispiel für den Einsatz einer Brandmeldeanlage in einem Holzgebäude geben?
S.F.: Wie Frau Herbster bereits erklärt hat, legt eine Regelung in der Muster-Holzbaurichtlinie fest, dass feuerwiderstandsfähige Bauteile in Massivbauweise nur in Nutzungseinheiten bis zu 200 Quadratmetern zulässig sind. Eine Brandmeldeanlage sichert die frühzeitige Brandentdeckung und Meldung und ermöglicht die rechtzeitige Einleitung von Maßnahmen wie das Alarmieren der Feuerwehr. So kann sie eine Ausbreitung von Feuer und Rauch deutlich reduzieren. Auch bei der geforderten brandschutztechnischen Bekleidung von Holzbauteilen je nach Bauart und Gebäudeklasse kann eine Brandmeldeanlage, nach Absprache mit der zugehörigen Bauaufsichtsbehörde, eine sinnvolle Maßnahme sein. Um Flächen zu schonen, wird in Zukunft der Bau von Gebäuden in die Höhe notwendig sein. Die frühe und zuverlässige Detektion und Meldung von Bränden machen dies möglich.
Was ist beim Einsatz einer Brandmeldeanlage in einem Holzgebäude zu beachten?
S.F.: In der Regel wird bei einem Entstehungsbrand Rauch, Wärme und Brandgase wie Kohlenmonoxid freigesetzt. Die Art der Brandlast bedingt, welche Arten von Brandgasen vorliegen und wie hoch die Konzentrationen sind. In einem Holzgebäude kann es passieren, dass sich die Tragwerkskonstruktion bei dem Ausbruch eines Brandes an dem Brandgeschehen beteiligt, beispielsweise bei einem elektrischen Kurzschluss einer Steckdose, die in der Holztragkonstruktion verbaut ist. Der Unterschied zu demselben Szenario in einer Beton- oder Mauerwand ist, dass die Brandlast die Holzkonstruktion belastet und damit eine größere Konzentration Kohlenmonoxid freisetzt. Dieses Gas ist toxisch und ruft schwere Vergiftungserscheinungen hervor. Zugleich ist es farb- und geruchlos. Das macht Kohlenmonoxid so gefährlich.
Wie löst man dieses Problem?
S.F.: Zum Beispiel können Mehrfachsensor-Brandmelder neben Rauchpartikeln auch Kohlenmonoxid detektieren. Damit lassen sich die beiden Brandkenngrößen kombinieren. Die Industrie führt hierzu eine Reihe von Projekten durch. Verschiedene Versuche zeigen, dass Kohlenmonoxid neben Rauch eine relevante Brandkenngröße ist. Allerdings zeichnet sich ab, dass sich die Ausbreitung von Kohlenmonoxid zumindest im Detail anders verhält als Brandrauch. Es gibt Möglichkeiten, den mehrgeschossigen Holzbau in Zukunft unter Einhaltung der Schutzziele und des Schutzniveaus sinnvoll umzusetzen.
Frau Herbster, Herr Dr. Festag, vielen Dank für das Gespräch!
Brandschutzlösungen für Holzbauten
Whitepaper gibt Planungshilfen
Aus der seit Juni 2021 gültigen Muster-Holzbau-Richtlinie (MHolzBauRL) ergeben sich neue Möglichkeiten für den mehrgeschossigen Holzbau. Unter diesem Kontext beleuchtet ein Whitepaper von Hekatron Brandschutz das Thema „Brandschutzlösungen für Holzbauten“.
Die im Juli 2021 veröffentlichte neue Muster-Holzbau-Richtlinie (MHolzBauRL) löst die alte M-HFHHolzR aus dem Jahr 2004 ab. Die MHolzBauRL enthält grundlegende Neuerungen und regelt die brandschutztechnischen Anforderungen an Bauteile und Außenwandbekleidungen in Holzbauweise. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten für den mehrgeschossigen Holzbau, sowohl für die Holzrahmen- und Holztafelbauweise, aber vor allem auch für die Holzmassivbauweise sowie für Holz-Hybridbauweisen. Neben den Regelungen der neuen Muster-Holzbau-Richtlinie, in die Erkenntnisse neuester wissenschaftlicher Forschungsarbeiten einflossen, kann vor allem der anlagentechnische Brandschutz einen erheblichen Beitrag zur Förderung des Holzbaus bei mehrgeschossigen Gebäuden leisten.
Ein Beispiel ist die Regelung in der MHolzBauRL, dass feuerwiderstandsfähige Bauteile in Massivbauweise nur in Nutzungseinheiten bis zu 200 m² zulässig sind. Dieser Regelung liegt das Schutzziel zugrunde, die Ausbreitung von Feuer und Rauch bestmöglich zu verhindern. Mit dem Einsatz einer Brandmeldeanlage kann die Nutzungseinheit auch größer als 200 m² sein, da durch das Brandschutzsystem die Brand- und Rauchausbreitung durch eine frühestmögliche Detektion verhindert werden kann.
Ähnliches gilt auch für die Anforderungen aus der MHolzBauRL an die Brandschutzbekleidung für Bauteile in Holzrahmen- und Holztafelbauweise. Die Brandschutzbekleidung hat dabei die Aufgabe, eine Entzündung der tragenden und aussteifenden Bauteile aus Holz für einen Zeitraum von 60 Minuten zu verhindern. Allerdings sind diese Kapselung bzw. Verkleidung der Holzbauteile ein zusätzlicher Kostenfaktor. Mit dem Einsatz einer Brandmeldeanlage kann ein Teil der Brandschutzbekleidung reduziert werden, da die frühe Detektion durch die Brandmeldeanlage eine unkontrollierte Brandausbreitung verhindern und ein Brand somit wirkungsvoll und frühzeitig von der Feuerwehr bekämpft werden kann.
Beide beschrieben sogenannten Kompensationsmaßnahmen sind immer mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde und gegebenenfalls mit der örtlichen Feuerwehr abzustimmen.
Weitere Beispiele finden sich im Whitepaper „Anlagentechnischer Brandschutz für Holzbauten“. Hierin geht Hekatron Brandschutz der Frage nach, wie Architekt*innen, Bauingenieur*innen und Fachplaner*innen Brandschutz in Holzbauten effizient und objektspezifisch umsetzen können.
Über Hekatron Brandschutz
Menschen und Sachwerte im Ernstfall bestmöglich zu schützen, war, ist und bleibt der treibende Anspruch von Hekatron Brandschutz beim anlagentechnischen Brandschutz in Deutschland. Das Unternehmen mit Sitz im südbadischen Sulzburg gestaltet mit seinen innovativen Produkten, Dienstleistungen und Services seit über 55 Jahren die Entwicklung der Brandschutztechnik maßgeblich mit, übernimmt soziale Verantwortung und engagiert sich für den Umweltschutz. Die Hekatron Unternehmen, Brandschutz und Manufacturing, erwirtschafteten 2020 einen Umsatz von 204 Millionen Euro und beschäftigten rund 950 Mitarbeitende.