Der Dom St. Mauritius und Katharina zu Magdeburg verfügt seit 2022 über ein neues Beschallungssystem. Das Besondere: Das gesprochene Wort und der Gesang der Gemeinde werden während des Gottesdienstes über ein und dasselbe System wiedergegeben, gleichzeitig kann es aber auch zur Sprachalarmierung im Notfall genutzt werden. Dank verständlicher Durchsagen unterstützt die Anlage maßgeblich die sichere Evakuierung der Kirchenbesucher, wenn es brenzlig wird.
Anspruchsvolle Architektur und Nutzung
Die gotische Bauweise des Doms mit hohen Seitenschiffen und dem hohen Langhaus wirkt schlicht und imposant zugleich. Der helle Stein lässt eine angenehme Atmosphäre aufkommen. Das Langhaus besitzt eine Gesamtlänge von gut 71 Metern bei einer Höhe von etwa 31 Metern. Die Seitenschiffe sind 60 Meter lang und 12 Meter hoch. Seitenschiffe und Langhaus haben eine Breite von rund 10 Metern. Dadurch ergibt sich ein großes Raumvolumen, das im Dom eine entsprechende Nachhallzeit von 6,6 Sekunden im leeren Zustand mit sich bringt. Ist Publikum anwesend, verringert sich die Nachhallzeit des Domes auf 3,8 Sekunden im vollbesetzten Zustand.
Der Dom dient primär Messfeiern, Hochzeiten, Taufen und Gottesdiensten. Er wird darüberhinaus ebenso für kulturelle Zwecke wie Lesungen, Konzerte oder auch Preisverleihungen genutzt. Die Darbietungen der Domchöre und -bläser sowie das Orgelspiel haben in St. Mauritius und Katharina zu Magdeburg lange Tradition.
Projektanforderungen und Umsetzung
Die Aufgabenstellung im Magdeburger Dom bestand darin, die in die Jahre gekommene Beschallungsanlage - bestehend aus kompakten, passiven Linienstrahlern - zu modernisieren und zukunftsfähig zu gestalten. Neben der Erhöhung der Sprachverständlichkeit und der akustischen Abdeckung im Dom wurde eine moderne Signalverwaltung und Ab- beziehungsweise Zuschaltung von Beschallungsbereichen gefordert. Der Grundgedanke bei der Beschallung des Doms bestand darin, den Raum möglichst wenig akustisch anzuregen sowie energetische Schallreflexionen zu vermeiden, um mit einer gleichmäßigen Direktschallversorgung der Zuhörer und wenig Nachhall eine maximal gute Sprachverständlichkeit herzustellen.
Die Herausforderungen: Doppelfunktion und Denkmalschutz
Die Herausforderung bestand in diesem Projekt in zwei zusätzlichen Details: Zum einen sollte die Beschallungsanlage zugleich als Sprachalarmierungsanlage (SAA) dienen, zum anderen galt es, so wenig wie möglich in die Bausubstanz einzugreifen. Auch bei der Verlegung der Kabel mussten weitere Hürden im Hinblick auf die Vorgaben des Denkmalschutzes genommen werden.
Zupass kam dem Projekt, dass der Dom vor einigen Jahren im Bereich des Fußbodens saniert wurde. Vorausschauend geplant hat man in diesem Zuge Leerrohre zu den seitlichen Säulen des Langhauses im Boden verlegt, die in einem Gang unter dem Fußboden des Doms enden.
Diese Leerrohre und der Gang unter dem Fußboden konnten für die anstehende Baumaßnahme genutzt werden, auch wenn sich der Kabelzug aufgrund des geringen Querschnittes der Rohre als nicht trivial gestaltete. Um den Anforderungen der Musterleitungsrichtlinie (MLAR) zu entsprechen, wurden die Kabel im Gang unter dem Fußboden in Funktionserhalt E30 realisiert und mit geeigneten Abzweigdosen Stichleitungen zu den Säulen geführt.
Am Anfang stand die Planung
Der Realisierung der neuen Beschallungsanlage ging eine längere Planungs- und Evaluierungsphase voran, in der sich die Domgemeinde zusammen mit einem Fachplanungsbüro auf die Suche nach der bestmöglichen Beschallungslösung begab. Durch Probebeschallungen fand die Planungsgruppe schließlich passende Lautsprecher von Pan Acoustics, die durch ihre angenehme, natürliche Klangfarbe auffielen und eine gute bis sehr gute Verständlichkeit im Dom gewährleisten. Auserkoren wurden aktive Linienstrahler mit Beam Steering Technologie, die einfach zu bedienen sind und den Schall dank DSP-Steuerung je nach Anforderung (Gottesdienst, Konzert, vollbesetzte Kirche, Beschallung nur im vorderen Bereich) auf ausgewählte Zuhörerbereiche gezielt aussenden können. Aktive Linienstrahler benötigen neben der Audio- und Steuersignalzuleitung eine Zuleitung für die Versorgungsspannung. Zwei Leitungen in die bereits erwähnten Leerrohre im Boden ziehen zu müssen und diese Leitungen dann an den Steinsäulen entsprechend zu verlegen, hätte eine nahezu unlösbare Problematik dargestellt. Als maximaler Kabelquerschnitt war ein Verzug von J-Y(St)Y mit vier Adern in den Leerrohren zu den Säulen möglich.
Die Umsetzung: „minimalinvasiv“, platzsparend und dezent
An dieser Stelle kam die gewiefte Lösung vom Wolfenbütteler Unternehmen Pan Acoustics mit den Aktiv-Lautsprechern aus der Pan 2-Line-Serie ins Spiel: Über die Zweidraht-Netzwerktechnik werden Audiodaten, Versorgungsspannung und Steuerdaten übertragen. Somit war die passende Lösung für einen minimalen Eingriff in die Bausubstanz gefunden, da die Nutzung der schmalen Leerrohre und eine dezente Verlegung der Kabel im sichtbaren Bereich der Steinsäulen kein Hindernis mehr darstellte. Auch die exakte Montage der langen Lautsprecher gelang reibungslos, indem Halterungen mit sogenannten Langlöchern an den Steinsäulen mit Messerfugen verwendet wurden.
Sprachalarmierung für Veranstaltungen erforderlich
Nun galt es noch, das zweite Detail zu beachten: die Nutzung der Beschallungsanlage als Sprachalarmierungsanlage. In sakralen Bauten, die ausschließlich der Durchführung von religiösen Veranstaltungen wie Gottesdiensten dienen, wird keine solche Anlage gefordert. Werden diese Bauten allerdings auch für andere Veranstaltungsarten genutzt, gilt es für die veranstaltende Gemeinde, die Vorgaben der Versammlungsstättenverordnung oder geltenden Bauordnungen zu beachten. Meist wird es dann schwierig, eine passende Beschallungsanlage zu finden, die sowohl den Anforderungen des Gottesdienstes als auch einer SAA im Hinblick auf den Medienton und die geforderte Sprachverständlichkeit gerecht wird. Die bekannten Normen und Richtlinien lassen sich hier meist nicht eins zu eins anwenden. Wird vom Schutzziel nach Artikel 2 des Grundgesetzes - „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ - ausgegangen, so lassen sich in Anlehnung an die Normen DIN 0833-4, EN 54-Reihe, DIN EN 50849 bezahlbare und gute Konzepte auch für solche Bauten mit ihren unterschiedlichen Veranstaltungsformaten umsetzen.
Zusammen mit dem Planungsbüro, Vertretern der Gemeinde und des Dompersonals wurde auch hierfür eine Lösung gefunden. Die verwendeten Lautsprecher aus der Pan 2-Line Serie basieren auf der Pan Beam Serie. Die Pan Beam Serie kann nach DIN EN 50849 in ENS-Systemen und in Anlehnung an die DIN 0833-4 in Sprachalarmierungssystemen verwendet werden. Was den Pan Beam-Lautsprechern in Pan 2-Line-Ausführung fehlte, war der zu überwachende Kontakt für den Fehlerfall des Lautsprechers. Da dieser standardmäßig in den Lautsprechern vorhanden ist, musste dieser lediglich durch ein neues Anschluss-Interface nach außen geführt werden. Somit stand der Überwachung der Lautsprecher über die SAA-Zentrale nichts mehr im Wege. Die für den Betrieb notwendigen Central Control Units für die Pan 2-Line-Lautsprecher wurden ebenfalls modifiziert, sodass eine Einbindung in die Spannungspufferung via Batterie möglich ist.
Dank guter Planung: Zwölf Lautsprecher ausreichend
Nachdem diese zwei Hürden gemeistert wurden, konnte die weitere Planung in Sachen Anzahl der zu verwendenden Lautsprecher pro Beschallungszone fortgeführt werden. Im Langschiff kommen 4 x PB 16-P2L, in den Seitenschiffen je 4 x PB 04-P2L und im Hohen Chor 2 x PB 12-P2L zur Anwendung. Für den Bereich um den Taufstein wurden zwei weitere PB 08-P2L gewählt, um den akustischen Bezug explizit bei Tauffeiern zu gewährleisten.
Für die Signalverarbeitung im Bereich des Medientons wurde eine Yamaha Audio Matrix mit Expansion verbaut, die über eine Crestron-Mediensteuerung bedient wird. Im Bereich der SAA kommt ein Bosch-Controller zum Einsatz, der die Überwachung der Beschallungszonen übernimmt und die Ansagetexte für die Alarmierung durch die Brandmeldezentrale (BMZ) zur Verfügung stellt. Für die Signalverteilung im Bereich des Medientons wird ein redundantes Dante-Netzwerk mit einer Schnittstelle zur Sprachalarmierungszentrale verwendet.
Fazit
In denkmalgeschützten Objekten sind oft Sonderlösungen zu suchen. Durch das große Know-how von Pan Acoustics in den Bereichen Akustik, Signalisierung, Richtlinien und auch der Entwicklung und Fertigung von innovativen Beschallungslösungen erhielten die Nutzer und Betreiber des Doms kompetente Hilfe angeboten und es wurde eine Beschallungsanlage gefunden, die allen Anforderungen entspricht und sich definitiv hören und sehen lassen kann.