CO2-Einsparung: klimafreundliche Baustoffe per App entwickeln

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Die Produktion von Baustoffen ist bislang besonders energieintensiv. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) könnte bei der Entwicklung alternativer und klimafreundlicher Materialien helfen. Ein Team der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) hat dazu eine App entwickelt, die einen intuitiven Zugang ermöglicht. Sie könnte helfen, auch in anderen Bereichen CO2 einzusparen. 

Revolution der Materialforschung

Sequenziellen Lernens (SL) hat das Potenzial, die Materialforschung zu revolutionieren. Der entscheidende Unterschied zu bisheriger KI: SL sucht neue Endprodukte auch jenseits der bereits empirisch bekannten Materialien und kommt insgesamt mit deutlich weniger Daten aus. Wege, die nicht zum Ziel führen, werden frühzeitig verworfen und vielversprechende Experimente schneller identifiziert.

Ein Team der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) um Prof. Dr. Sabine Kruschwitz konnte in Zusammenarbeit mit Prof. Dietmar Stephan von der TU Berlin zeigen, dass der Einsatz von SL auch für die Zementforschung vielversprechend ist, obwohl dort Reaktionen deutlich langsamer ablaufen. „Wir konnten nachweisen, dass es möglich ist, zuverlässige und klimaneutrale Materialien in weniger als acht Monaten zu finden. Normalerweise hätte der Entwicklungszyklus mehrere Jahre gedauert“, erklärt Dr. Christoph Völker, Materialwissenschaftler an der BAM, der die App entwickelt hat. „Die Methode ließe sich auch auf CO2-intensive Bereiche wie die Stahl-, Aluminium- oder Asphaltproduktion übertragen.“

App erleichtert Erkundung von SL-Methoden

Um ihren Ansatz allgemein nutzbar zu machen, haben die Forscher:innen jetzt eine App programmiert, die der Materialcommunity die Erkundung von SL-Methoden erleichtern soll. Die Sequential Learning App for Materials Discovery (SLAMD) bietet einen niedrigschwelligen Zugang zu SL.  

Denn ähnlich wie bei den vielzähligen Kombinationen der Ausgangstoffe im Labor gibt es auch für KI schier unendliche Konfigurationsmöglichkeiten. Mit SLAMD können Wissenschaftler*innen viel schneller als bisher SL-Methoden an der Entwicklung klimafreundlicher Materialien über intuitive und interaktive Benutzeroberflächen erarbeiten.

App-Download

Die "SequentialLearningApp" steht zum kostenlosen Download bereit unter github.com

Hintergrund

Die Produktion von Baustoffen trägt erheblich zu den CO2-Emissionen auf dem Globus bei. Allein die Herstellung von Zement ist für rund acht Prozent des weltweiten Ausstoßes des Klimagases verantwortlich. Dabei könnten die energieintensiven Fertigungsprozesse durch selbstlaufende chemische Reaktionen ersetzt werden: Alternative und umweltfreundlichere Zemente müssen nicht im Hochofen gesintert werden. Die Ausgangsstoffe und Chemikalien reagieren ohne Wärmezufuhr zu Materialien, die fast identische Eigenschaften wie Zement besitzen. Und sie erzeugen nahezu keine CO2 Emissionen.

Dafür ist es jedoch unumgänglich, die Eigenschaften der alternativen Zemente und die Randbedingungen ihrer Reaktion genau zu kennen. Und hier beginnen die Schwierigkeiten: Denn Zement ist nicht nur das meistverwendete Material der Menschheit, sondern auch ein sehr komplexer Baustoff: Insbesondere die Ausgangsstoffe der CO2 freundlichen Zemente können sich, je nach geologischer Herkunft, stark voneinander unterscheiden und entsprechend unterschiedlich miteinander reagieren.

Rein rechnerisch ergeben sich so schnell Milliarden und mehr an Kombinationsmöglichkeiten. Gewöhnlich verbessern Forscher*innen Rezepturen auf Grundlage empirischer Beobachtungen im Labor. Die traditionelle Materialwissenschaften stößt hier allein wegen der Vielzahl an Kombinationen an Grenzen.

Helfen kann hier die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Vorhersage von Materialeigenschaften. Dabei werden empirisch beobachtete Eigenschaften von Materialproben oder Simulationen durch ein KI-Model erlernt, um so neue und potenziell bessere Endprodukte vorherzusagen.

Allerdings benötigen auch die KI-Modelle noch große Mengen an empirischen Informationen. Gerade bei Zement ist dieser „Datenhunger“ ein Problem, denn die Reaktionen laufen sehr langsam ab. Ob das gewünschte Ergebnis erzielt wurde, lässt sich oft erst nach mehreren Wochen Laborarbeit beurteilen. Die Entwicklung eines alternativen Zements würde so immer noch viele Jahre benötigen.

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