Wissenschaftler*innen und Praxispartner beenden Projekt "EnerRegio" mit wertvollen Erkenntnissen
Wie sieht das Energiesystem der Zukunft in der ländlichen Region aus? Dieser Frage ist ein Forschungsteam der FH Münster zusammen mit dem Gas- und Wärmeinstitut Essen e.V. (GWI) und B&R Energie GmbH auf den Grund gegangen.
Das Projektkonsortium hat in einem typischen, ländlichen Bestandsquartier in Recke, bestehend aus 22 Wohnhäusern, unterschiedliche Energiesystemmodelle entwickelt und damit gezeigt, wie ein System mit erneuerbaren Energiequellen – ein sogenanntes defossiliertes Energiesystem – gestaltet werden kann. "EnerRegio – Modellhafte und netzstabilisierende Energiesysteme in der ländlichen Region" heißt das Forschungsprojekt, das jetzt beendet wurde. "Wir haben wertvolle Erkenntnisse für die Gestaltung nachhaltiger Energiesysteme in ländlichen Gebieten gewonnen“, so Dr. Elmar Brügging, Forschungsteamleiter der FH Münster.
Analyse zweier Energiekonzepte: Power-to-Power und Power-to-X
Mit Hilfe eines Modellierungstools haben die Wissenschaftler*innen zwei Energiekonzepte analysiert und optimiert. "Das erste Konzept, Power-to-Power, beinhaltet die schrittweise Elektrifizierung der Wärmeversorgung", erklärt Philipp Sommer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FH Münster. Das bedeutet: Der Status Quo der Wärmeversorgung wird nicht mehr primär durch Gas, sondern durch eine Wärmepumpe bereitgestellt, die weitestgehend mit Strom aus Photovoltaikanlagen betrieben wird. Das zweite Konzept, Power-to-X, beschreibt die Integration eines zentralen Elektrolyseurs, um Wasserstoff zu erzeugen sowie die Rückverstromung und Wärmebereitstellung durch eine Brennstoffzelle. Beide Modelle umfassen zudem den Ausbau von Photovoltaik-Dachanlagen und eine zunehmende Durchdringung der Elektromobilität. "Als ökonomisch und ökologisch optimales Konzept für das ländliche Quartier erwies sich die Power-to-Power-Variante, da diese kosteneffizientere Treibhausgas-Einsparungen bei Strom und Wärme erzielte", so Sommer.
Auswirkungen auf das Stromnetz
In einem weiteren Modell untersuchte das Team die Auswirkungen auf das Stromnetz. "Hier ging es uns vor allem um die Wechselwirkungen durch den Ausbau von Photovoltaik-Dachanlagen, den Einsatz von elektrischen Wärmepumpen und die verstärkte Nutzung von Elektromobilität", sagt Nils Brücken, Projektleiter vom GWI. Auch diese Ergebnisse zeigen, dass eine weitgehende Defossilisierung ohne zusätzliche Änderungen an der bestehenden Stromnetzinfrastruktur möglich sei. Nur bei einem starken Ausbau der PV-Anlagen traten in den Sommermonaten Spannungsbandprobleme auf. Spannungsbandprobleme sind in diesem Zusammenhang unzulässige Abweichungen von der Nennspannung 230 Volt. "Für diese Herausforderung konnten wir aber unterschiedliche Lösungsansätze identifizieren, indem wir einen Batteriespeicher oder Elektrolyseur am Netzschwachpunkt integriert haben und mit einer netzdienlichen Betriebsweise das Stromnetz entlasten und somit stabilisieren konnten", so Brücken. Wenn zu viel Strom vorhanden ist, wird Wasser mittels Elektrolyse aufgespalten und so der überschüssige Strom in Form von Wasserstoff alternativ zwischengespeichert, um diesen bei Bedarf zu nutzen.
Die Ergebnisse des Projekts seien ein wichtiger Schritt für die Planung und Gestaltung zukünftiger energieeffizienter Systeme in ländlichen Regionen, so Brügging. "Die ganzheitliche Betrachtung von Treibhausgas-Einsparungen, Systemkosten und Netzstabilität ist entscheidend, um nachhaltige und effektive Lösungen zu entwickeln", sagt Brügging. Laut B&R Energie sei die Einbindung von Akteur*innen, die qualitative Erhebung von heterogenen Daten und die Modellierung im Quartier essenziell, damit die Methodik auf andere Regionen übertragen werden kann.
Weitere Informationen
Mehr zum Projekt "EnerRegio" unter enerregio.de