Die Fassadenelemente können aufgrund ihres geringen Gewichtes mit Leichtigkeit an Neubauten sowie bestehenden Gebäuden angebracht werden – und das in vielfältigen Designs. Zudem können die Textilien zu 100 Prozent rezykliert und sogar aus PET-Flaschenabfällen hergestellt werden.
Regenwasser aufnehmen und intelligent nutzen
Seit 2022 untersuchen Forschende der Universität Stuttgart, wie sich die Fassade bei Starkregen und extremer Hitze verhält. „Es zeigte sich, dass die HydroSKIN-Fassade mehr als das Doppelte an Regenwasser aufnehmen kann im Vergleich zu einer gleich großen Dachfläche desselben Gebäudes“, erklärt Christina Eisenbarth, die HydroSKIN im Rahmen ihrer Doktorarbeit am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren erfunden und entwickelt hat. „Dies trägt dazu bei, den sogenannten Oberflächenabfluss, sprich Regenwasser, welches durch asphaltierte und betonierte Flächen direkt in die Kanalisation geführt werden muss und bei Überschreiten der Aufnahmekapazität für Überschwemmungen sorgt, um ganze 54 Prozent zu reduzieren. Und das, wenn nur ein Viertel einer Gebäudefassade mit HydroSKIN ausgestattet ist.“
Das scheinbar „überschüssige Nass“ wird von der Fassade ins Gebäudeinnere geleitet und kann dort etwa für die Waschmaschine, für den, die Toilettenspülung und Pflanzenbewässerung genutzt werden. In einem Wohngebäude könnte so bis zu 46 Prozent Frischwasser gespart werden. „HydroSKIN ist damit mehr als nur eine Fassade – es ist ein aktiver Beitrag zum Umweltschutz und zur Ressourcenschonung in unseren Städten“, sagt Prof. Lucio Blandini, Leiter des Instituts für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren und stellvertretender Sprecher des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1244.
Natürliche Kühlung für Gebäude und Städte
An heißen Tagen wirkt die HydroSKIN-Fassade wie ein feuchter Wadenwickel bei Fieber: Durch den natürlichen Verdunstungsprozess kühlt HydroSKIN Gebäude und den Stadtraum. Während gewöhnliche Gebäudeoberflächen unter der sengenden Sommersonne Temperaturen von über 90 °C erreichen können, senkt HydroSKIN die Oberflächentemperatur auf bis zu 17 °C herunter. Ein einziger Quadratmeter dieser Fassade kann die Aufheizung von 1,8 Quadratmetern Beton oder 1,4 Quadratmetern Asphalt vollständig ausgleichen. „Stellen Sie sich vor, wir könnten dieses System weit verbreiten, so würden die rot leuchtenden, heißen Punkte unserer Städte auf einer Wärmebildkarte plötzlich wieder blau-grün und kühl werden, ohne dass wir dabei kostbare städtische Bauflächen verlieren“, erklärt Eisenbarth. Die Kühlleistung der Fassade ist beeindruckend: 5,7 Quadratmeter HydroSKIN kühlen so stark wie eine Klimaanlage – damit können auch Energiekosten eingespart werden.
HydroSKIN soll zur Baupraxis der Zukunft gehören
„Am Demonstratorhochhaus D1244 werden in diesem Jahr zwei Etagen mit der HydroSKIN-Fassade gebaut werden, um die Nachrüstbarkeit von konventionellen Fassaden mit den leichten HydroSKIN-Fassadenelementen und das dabei entstehende architektonische Potenzial zu zeigen“, erläutert Dr. Walter Haase, der das Projekt als Ingenieur der Luft- und Raumfahrt mitbegleitet hat und Geschäftsführer des SFB 1244 der Universität Stuttgart ist. Parallel soll weiter an der Technologie geforscht werden. „In unserem Sonderforschungsbereich möchten wir in Zukunft die globale Anwendbarkeit der HydroSKIN-Technologie in verschiedenen Klimazonen und im Zusammenspiel mit unterschiedlichen Bestandsgebäuden umfangreich untersuchen“, sagt Prof. Oliver Sawodny, Leiter des Instituts für Systemdynamik und Sprecher des Sonderforschungsbereiches 1244.
https://www.sfb1244.uni-stuttgart.de/projekte/c-integrative-bauelemente/c01-adaptive-gebaudehuellen/