DGNB-System für mehr Arten- und Ökosystemvielfalt
Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat in enger Zusammenarbeit mit der Bodensee-Stiftung und unter Einbindung zahlreicher Experten ein Zertifizierungssystem entwickelt, das im Baubereich Möglichkeiten für den Erhalt der Biodiversität integriert. Das DGNB-System für biodiversitätsfördernde Außenräume hilft Unternehmen, Kommunen und Quartiersentwickelnden dabei, Flächen auf bebauten Grundstücken, an Fassaden und auf Dächern so zu gestalten und zu pflegen, dass diese die Bewahrung der Arten- und Ökosystemvielfalt unterstützen. Die Zertifizierung hat einen starken Fokus auf ökologische Aspekte und ist mit neun Kriterien schlank gehalten. Aufgrund der besonderen Bedeutung einer adäquaten Pflege der Flächen basiert die Auszeichnung auf dem Prinzip der Rezertifizierung.
Ziele der Zertifizierung
Zielstellungen der neuen DGNB-Zertifizierung für biodiversitätsfördernde Außenräume sind v.a.:
- mehr Aufmerksamkeit für das Thema Biodiversitätsverlust generieren
- praxisnahe, effektive Bewertungsmethoden anbieten
- mehr Außenräume im ganzheitlichen Sinne nachhaltig und biodiversitätsfördernd gestalten
- Monitoring relevanter Informationen etablieren, um Pflege und Bewirtschaftung von Außenräumen zu verbessern
- Anwendung des Zertifizierungssystems soll für Unternehmen, Kommunen und Quartiersentwickelnde Investitionsrisiken minimieren und Transparenz stärken.
- Nutzen für Nachhaltigkeitsberichterstattung kann das Biodiversitäts-Zertifikat der DGNB nützlich sein
Schlankes System mit neun Kriterien
Inhaltlich fußt das DGNB-System für biodiversitätsfördernde Außenräume und positive Effekte für die Menschen auf folgenden Kriterien:
- Schaffung diverser Lebensräume und Strukturen
- Maßnahmen zur Förderung einer heimischen, artenreichen Pflanzenauswahl
- Anbau und die Verbreitung invasiver Arten vermeiden
- "Umgebungsbezug" stärkt Durchlässigkeiten und Verbindungen zur Umgebung und fördert die Auseinandersetzung mit Störfaktoren wie Beleuchtung oder Tierfallen
- Wasserhaushalt
- Entsiegelung von Böden
- Auswahl von schadstofffreien, zirkulären und klimaschonenden Materialien
- soziokulturelle Kriterien:
- Partizipation und Wissensvermittlung
- Aufenthaltsqualität und Barrierefreiheit
- Kosten und Werte: mehr Transparenz über langfristig erwartbare Kosten sowie größeres Bewusstsein für mögliche Risiken durch den Klimawandel am Standort
Angepasste Anforderungen an neu entwickelte und umgebaute Außenräume
Die Zertifizierung ist sowohl für Flächen in bereits gebauten Umgebungen als auch für neu entwickelte Außenräume anwendbar. Zertifizierbar sind die Liegenschaften erst, wenn ein bestimmter Mindestanteil der Flächen der Außenanlagen biodiversitätsfördernd gestaltet wird. Bei Bestandsprojekten beträgt dieser geforderte Mindestanteil 30 Prozent, bei Neubauprojekten sind es 40 Prozent. Angerechnet werden können auch die Flächen an den Gebäudefassaden und auf dem Dach, die einen Beitrag zur Biodiversität leisten.
Ein weiterer Unterschied zwischen neu gestalteten und umgebauten Flächen bezieht sich auf die Auszeichnungslogik der Zertifizierung. Neben den bekannten DGNB-Zertifikaten in Platin (höchstmögliche Bewertungsstufe), Gold und Silber gibt es für Bestandsprojekte das DGNB-Zertifikat in Bronze als Einstiegsstufe.
Besondere Bedeutung einer kontinuierlichen Pflege
"Eine finale Bewertung, ob die Maßnahmen erfolgreich umgesetzt wurden, kann erst nach einer gewissen Anwachszeit erfolgen. Zudem braucht es eine qualifizierte, professionelle Pflege der Außenräume, damit diese ihre Potenziale in puncto Biodiversität tatsächlich ausschöpfen können", erklärt Dr. Christine Lemaitre.
Aus diesem Grund hat das DGNB-Zertifikat für biodiversitätsfördernde Außenräume eine begrenzte Gültigkeit. Um die Auszeichnung über die Planungs- und Umsetzungszeit hinaus nutzen zu können, ist ein erster Pflege-Check nach einem Jahr obligatorisch. Alle weiteren drei Jahre muss eine Rezertifizierung erfolgen. Dabei können Projekte ihr Ergebnis entweder bestätigen oder sogar noch verbessern, je nachdem in welchem Umfang die Rezertifizierung erfolgt.
Fortbildung
Die Zertifizierung ist durchführbar von allen lizenzierten DGNB-Auditoren. Zusätzlich entwickelt die DGNB-Akademie derzeit einen Kompaktkurs, bestehend aus einem Grundlagenwissen zur Biodiversität, dem Systemwissen zur Zertifizierung sowie einem On-Demand-Modul zum Thema Einreichung und zum Zertifizierungsprozess. Wer diese Fortbildung mit einer Prüfung erfolgreich abschließt, ist ebenfalls zur Begleitung der Zertifizierung berechtigt. Konkrete Termine werden in Kürze bekanntgegeben.
Enge Zusammenarbeit mit breitem Expertennetzwerk
"Mit unserer Version 2018 des DGNB-Systems für Neubauten waren wir der erste Systemanbieter, der Biodiversität am Standort zum Kriterium im Rahmen der Nachhaltigkeitszertifizierung von Gebäuden gemacht hat. Wir haben gezeigt, dass die Bau- und Immobilienwirtschaft Einflussmöglichkeiten hat, um die Arten- und Ökosystemvielfalt zu stärken. Über zahlreiche Seminare haben wir bereits in den vergangenen Jahren zahlreiche Personen gezielt zur Biodiversität geschult. Dass wir jetzt mit dem neuen DGNB System für biodiversitätsfördernde Außenräume ein eigenes Planungs- und Umsetzungstool entwickelt haben, ist der nächste richtige Schritt für uns", sagt Dr. Christine Lemaitre.
Die Entwicklung der Zertifizierung erfolgte in enger Kooperation mit der Bodensee-Stiftung als Teil des Projekts "Unternehmen und Biologische Vielfalt (Ubi)". Zusätzlich haben sich rund 40 Expertinnen und Experten aus unterschiedlichsten Bereichen in den vergangenen zwei Jahren an der Konzeption des Systems beteiligt.
Fördermöglichkeiten der KfW
Wer eine DGNB-Zertifizierung für biodiversitätsfördernde Außenräume durchführt, hat die Möglichkeit, bessere Finanzierungskonditionen zu erhalten. So unterstützt das KfW-Umweltprogramm (240, 241) die Umsetzung entsprechender Maßnahmen, die zum Umweltschutz und zur Ressourcenschonung beitragen. Kleine Unternehmen können einen günstigen Zinssatz erhalten. Hinzu kommt ein Tilgungszuschuss für "Natürliche Klimaschutzmaßnahmen".
Weitere Informationen
Der vollständige Kriterienkatalog zur Zertifizierung kann kostenlos heruntergeladen werden unter dgnb.de/zertifizierung/biodiversitaet.
Für alle, die mehr über das neue Zertifizierungssystem der DGNB erfahren möchten, gibt es am 23. Oktober um 15:30 Uhr eine digitale Infoveranstaltung. Eine Anmeldung ist über dgnb.de kostenlos möglich.