Die Parteien wollen eine Honorarvereinbarung treffen oder die bestehende Honorarvereinbarung ändern? Kein Problem. Nach HOAI 2021 sind Honorarvereinbarungen mit beliebigem Inhalt jederzeit möglich und wirksam, wenn sie der „Textform“ entsprechen. Textform ist eine lesbare, unterschriftslose Erklärung, in der die Handelnden genannt sind.
Frage 1: Ein Planer: Ich habe ein schriftliches Angebot mit einem Honorar nach dem Mittelsatz abgegeben und erhalte von meinem Auftraggeber ein formalisiertes Bestellschreiben. Reicht das?
Frage 2: Eine Planerin: Eine Auftraggeberin schickt mir per Mail einen Auftrag über ein Pauschalhonorar für eine Planungsleistung. Ich hatte ihr das Pauschalhonorar am Telefon angeboten. Ist das eine wirksame Vereinbarung?
Frage 3: Eine Auftraggeberin: Ich bin mir mit meinem Planer einig, dass sich die Planung schwieriger gestaltet, als erwartet. Können wir den im Vertrag vereinbarten Mittelsatz auf Höchstsatz anpassen?
Frage 4: Ein Auftraggeber: Mein Planer schreibt in das Protokoll unserer regelmäßig stattfindenden Besprechungen, er solle eine Bestandsaufnahme durchführen und erhalte dafür 10.000 €. Das fällt mir erst später auf. Nun möchte ich die Bestandsaufnahme tatsächlich haben, nicht aber für den Preis. Habe ich ohne Widerspruch zum Protokoll die 10.000 € akzeptiert?
Frage 5: Ein Planer: Mein Auftraggeber hat von mir gewünscht, dass ich neben dem beauftragten Abwasserkanal auch ein Pumpwerk plane. Der Abwasserkanal ist im Vertrag in Honorarzone II bewertet, das Pumpwerk ist jedoch Honorarzone III. Der Auftraggeber will, dass ich auch das Pumpwerk mit Honorarzone II abrechne, er gehe von einer Vertragserweiterung zu denselben Konditionen aus. Muss ich das akzeptieren?
Frage 6: Eine private Auftraggeberin: Eine Tragwerksplanerin hat mir per Mail ein Angebot für eine Statik zum Mittelsatz angeboten, ich habe das Angebot per Mail bestätigt. Jetzt habe ich erfahren, dass ich gar nicht den Mittelsatz hätte vereinbaren müssen. Darauf angesprochen, meint die Planerin, sie habe mir am Telefon doch mitgeteilt, dass alle Tafelwerte der HOAI vereinbart werden könnten. Gilt die Vereinbarung?
Vorab: Die Honorarvereinbarung ist in § 7 Abs. 1 HOAI 2021 wie folgt geregelt: „Das Honorar richtet sich nach der Vereinbarung, die die Vertragsparteien in Textform treffen. Sofern keine Vereinbarung über die Höhe des Honorars in Textform getroffen wurde, gilt für Grundleistungen der jeweilige Basishonorarsatz als vereinbart, der sich bei der Anwendung der Honorargrundlagen des § 6 ergibt.“ Demnach genügt heute eine Honorarvereinbarung in „Textform“. Die Textform ist in § 126b BGB wie folgt geregelt: „Ist durch das Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das es 1. dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und 2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.“ Übersetzt in die Sprache der Planenden liegt dann Textform vor, wenn man die Parteien (die Person des Erklärenden und des Empfängers) und die getroffene Vereinbarung (Erklärung) jederzeit unverändert lesen kann. Dem genügen Briefe, Faxe, Computerfaxe, Mails, SMS aber auch Messenger-Nachrichten. All diese Nachrichten kann man jederzeit speichern, drucken oder unverändert anzeigen. Es genügt also in Zukunft, dass der übereinstimmende Wille beider Parteien auf getrennten Datenträgern erkennbar ist, damit eine im Sinn der HOAI wirksame Honorarvereinbarung geschlossen ist. Diese einfache Art ist vom Verordnungsgeber so gewollt. Das zeigt die Begründung zu § 7 HOAI 2021 (BR-Ds- 539/20), welche lautet: „Gleichzeitig wird die Möglichkeit, eine wirksame Honorarvereinbarung zu treffen, insofern erleichtert, als künftig eine Vereinbarung in Textform gemäß § 126b BGB ausreicht. Die Honorarvereinbarung muss damit künftig nicht mehr, wie bisher, schriftlich und zum Zeitpunkt der Auftragserteilung geschlossen werden, um wirksam zu sein. Diese Anforderung hat sich in der Praxis als schwer umsetzbar erwiesen, da schon die Bestimmung des genauen Zeitpunkts der Auftragserteilung nicht in allen Fällen zweifelsfrei möglich war.“
Eine wirksame Honorarvereinbarung zu treffen, war also zuvor deutlich formeller. So lauteten § 7 Abs. 1 HOAI 2013 und 2009 und § 4 Abs. 1 HOAI 1996/2002 übereinstimmend: „Das Honorar richtet sich nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung (…) treffen.“ Demnach gab es zwei Kriterien für eine wirksame Honorarvereinbarung, nämlich die gesetzliche (!) Schriftform und dies zum Zeitpunkt der Auftragserteilung. Die gesetzliche Schriftform ist in § 126 BGB geregelt und fordert ein Dokument mit zwei Unterschriften im Original (ausführlich dazu Kalte/Wiesner im Deutschen Ingenieurblatt 05-2009, S. 54). Anders als in der VOB/B (vertragliche Schriftform) genügte früher ein Fax nicht. Als Auftragserteilung gilt der Zeitpunkt, bei dem sich beide Parteien über Leistung und Vergütung einig sind. Deshalb waren spätere Honorarvereinbarungen bei Verträgen auf Basis der früheren HOAI-Fassungen vielfach umstritten und so auch Thema der Rechtsprechung. So durfte eine bei Auftragserteilung versäumte Vereinbarung eines höheren Honorarsatzes als der Mindestsatz nicht nachträglich geändert werden (BGH, Urteil vom 06.05.1985 - VII ZR 320/84), ausnahmsweise jedoch ein Umbauzuschlag (BGH, Urteil vom 27.11.2008 - VII ZR 211/07).
Die Textform als solche erfüllt also keine Warn-, Beweis- oder Identitätsfunktion mehr, sondern nur noch eine sichere Informationsfunktion (Ellenberger in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch § 126b BGB, Rdn. 1).
Antwort 1: Auf Nachfrage erläutert der Planer, dass er ein Bestellschreiben mit einer heute häufig anzutreffenden Bestellsoftware erhalten habe, welches ihm mit Bezug zu seinem schriftlichen Angebot den Auftrag erteile. Demnach liegen zwei Schriftstücke vor, die den Auftraggeber und den Auftragnehmer benennen und über den Bezug zum Angebot den Mittelsatz ausweisen. Zusammengefasst ist alles am Ende im Bestellschreiben. Das genügt heute für eine wirksame Honorarvereinbarung; die Textform ist eingehalten. Früher wäre alles in ein einziges Schriftstück aufzunehmen gewesen. Bei gleicher Situation wäre früher nur der Mindestsatz vereinbart worden, weil zwar mit der Bestellung ein wirksamer Auftrag, aber keine nach HOAI 2013, 2009, 2002, 1996 wirksame Honorarvereinbarung zustande gekommen wäre.
Antwort 2: Nein. Da es bei einer Honorarvereinbarung auch um einen Vertrag geht (genauer um den Teil des Vertrags, der die Vergütung betrifft) und ein Vertrag durch Antrag (Angebot) und Annahme zustande kommt (§§ 145 ff. BGB), müssen sowohl Angebot als auch Annahme der Textform entsprechen. Denn gem. § 7 Abs. 1 HOAI 2021 muss die gesamte Vereinbarung in Textform sein. Ansonsten sind grundsätzlich alle gängigen elektronischen Medien geeignet, der Textform nach § 126b BGB zu entsprechen.
Antwort 3: Ja. Der Honorarsatz kann, wie jede andere Honorarvereinbarung auch, heute zu jedem Zeitpunkt der Auftragsabwicklung geändert werden. Genau dies ist erkennbar Wille des Verordnungsgebers zu § 7 HOAI 2021. So heißt es in der amtlichen Begründung zu § 7 HOAI 2021 (BR-Ds. 539/20) hierzu: „Das Ziel der Neuregelung ist es, den Parteien auch im Sinn der Rechtssicherheit eine praxisnahe und einfach umzusetzende Möglichkeit zum Abschluss wirksamer Honorarvereinbarungen zu eröffnen. Im Hinblick darauf, dass sich im Rahmen entsprechender Planungsprojekte auch später immer wieder Änderungen an den Vertragsinhalten ergeben können, soll es den Vertragsparteien auch möglich sein, erst im späteren Verlauf der Vertragsbeziehung eine Honorarvereinbarung zu schließen oder eine bereits geschlossene später bei Bedarf anzupassen. Auf einen bestimmten Zeitpunkt, zu dem die Vereinbarung getroffen werden muss, kommt es deshalb künftig nicht mehr an.“ Jede Vereinbarung ist folglich jederzeit in Textform wirksam zu verändern. Beim öffentlichen Auftraggeber ist allerdings eine solche Änderung auch immer vergaberechtlich zu prüfen (ausführlich Kalte/Wiesner im Deutschen Ingenieurblatt 04/2020, S. 44).
Antwort 4: Nein. Ein vom Planer erstelltes Protokoll als solches entspricht zwar der Textform, lässt aber weder ein Angebot noch eine hierauf gerichtete Annahme erkennen. Das Protokoll gibt auch nicht ohne Weiteres den Willen des „Erklärenden“ wieder, hier des Auftraggebers. Der Protokollant hat wohl in der Besprechung aus dem Schweigen des Auftraggebers in einem unachtsamen Moment gefolgert, es sei ein Auftrag erteilt worden. Anders wäre es zum Beispiel, wenn der Auftraggeber das Protokoll unterschrieben hätte. Dann läge Einigkeit über Leistung und Vergütung in Textform vor. Jedenfalls ist dem Auftraggeber vorsorglich dazu zu raten, dass er rechtzeitig dem Protokollinhalt widerspricht und klarstellt, dass er den Bestandsplan wünscht, sich mit der angebotenen Vergütung jedoch nicht einverstanden erklärt. Alles Weitere ist über § 650b BGB geregelt (siehe ausführlich Kalte/Wiesner im Deutschen Ingenieurblatt 07-08/2018, S. 48). Ein solcher rechtzeitiger Widerspruch ist dann auch zwingend, wenn im Vertrag eine Klausel enthalten ist (die häufiger anzutreffen ist), dass Protokolle als Vertragsergänzung gelten, wenn diesen nicht innerhalb einer Woche widersprochen wird. Beim öffentlichen Auftraggeber ist neben dem Vergaberecht allerdings auch die Vollmacht zu beachten. Oft sind Aufträge zum Beispiel ab 5.000 € vom Gemeinderat abzusegnen.
Antwort 5: Nein. Fordert der Auftraggeber eine nicht im Vertrag vorgesehene Leistung, sind die Parteien, was die Honorarvereinbarung angeht, frei. So muss der Planer kein „Fortschreiben“ einer in diesem Fall für ihn „schlechten“ Honorarvereinbarung akzeptieren. Denn kommt es zu keiner Vereinbarung in Textform, greift § 7 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2021 und der Planer erhält den Basishonorarsatz nach den Regelungen von § 6 HOAI 2021, also den Basishonorarsatz aus den Tafelwerten der hier zutreffenden Honorarzone III. Hierzu wird § 650b BGB (siehe Hinweis zur Frage 4) in einem weiteren Artikel vertieft behandelt.
Antwort 6: Nein! § 7 Abs. 2 HOAI 2021 normiert, dass in diesem Fall die Tragwerksplanerin die Auftraggeberin, weil diese Verbraucherin ist, in Textform und nicht nur am Telefon hätte informieren müssen, dass auch ein anderer Satz hätte vereinbart werden können.
Zwar hält die Honorarvereinbarung selbst die Textform ein, der Hinweis jedoch ist nicht in Textform erfolgt. Die Tragwerksplanerin darf nur den Basishonorarsatz und nicht den Mittelsatz abrechnen.
Fazit
Die HOAI 2021 hat die Formvorschriften deutlich reduziert. Statt eines Dokuments mit zwei Unterschriften im Original (§ 126 BGB) bei Auftragserteilung ist heute nur noch die Textform (§ 126b BGB) erforderlich und jederzeit möglich. Der Textform genügen die üblichen Kommunikationsmittel wie Briefe, Bestellschreiben, Mail und selbst SMS und Messenger-Nachrichten, wenn Angebot und Annahme, getrennt oder zusammen, auch ohne Unterschrift lesbar vorliegen und die Parteien genannt sind. Ein Besprechungsprotokoll genügt dem nicht ohne Weiteres, wenn dieses keine beiderseitigen Willenserklärungen enthält. Bei Honorarvereinbarungen mit Verbraucherinnen und Verbrauchern ist zudem ein Hinweis in Textform erforderlich, dass auch höhere oder niedrigere Honorare, als in den Tafelwerten der HOAI ausgewiesen, hätten vereinbart werden können.