Natürliche Energievorkommen wie die Erdwärme stellen eine nahezu unerschöpfliche und fast allerorts zugängliche Ressource dar. Ihre überdurchschnittlich gute Öko-Bilanz resultiert aus dem Zusammenwirken mehrerer Vorteile: Geothermie ist eine CO2- freie Energiequelle mit kurzen Transportwegen und geringen Wärmeverlusten. Ob, in welchem Umfang und wie effektiv sich geothermische Versorgungslösungen einsetzen lassen, hängt demnach nicht von der Verfügbarkeit, sondern von der Erschließungs-, Speicher- und Verteilqualität ab, mit der Erdwärme-Kapazitäten integriert werden. Zwar ist der Entwicklungsstand Erneuerbarer- Energie-Technologien hoch, dennoch werden in der Praxis verbreitet wertvolle Potenziale auf dem Weg vom Erzeuger zum Verbraucher (und zurück) verschenkt. Speziell Niedertemperaturen aus regenerativen Quellen, Rückläufen und Abwärme können nur dann vollumfänglich und effizient nutzbar gemacht werden, wenn die Hydraulik des Versorgungssystems störungsfrei und präzise funktioniert und die Leistungsfähigkeit der installierten Speicherlösung hoch ist.
Bereits vor mehr als 30 Jahren entwickelte ein Unternehmen aus dem österreichischen Hohenems/Vorarlberg eine Schnittstellentechnologie, die sämtliche Kreislaufprozesse zwischen Erzeuger- und Abnehmerseite exakt nach Bedarf koordiniert und hydraulisch reguliert. Das Sammel-, Speicher- und Verteilsystem hat sich bis heute in mehr als 6.000 Energielösungen weltweit und branchenübergreifend bewährt.
Technologie für neue Herausforderungen
Das inzwischen patentierte Funktionsprinzip beruht auf drei grundlegenden Prozessen:
- der Entkopplung sämtlicher in das Versorgungssystem einzubindender Volumenströme aus unterschiedlichen Quellen,
- der Einspeisung von Vor- und Rückläufen in eine Speicheranlage mit Puffer und optionalem Gleitschichtraum mit exakter Trennung in beliebig viele Temperaturstufen,
- der bedarfsoptimierten Verteilung ohne wechselseitige Beeinflussung der integrierten Versorgungskreise selbst unter variierenden Lastfällen (Infokasten).
Funktionierende Hydraulik und Pumpenstromeinsparung im Test- und Forschungsbetrieb
Permanente Hydraulikstörungen bei der Forschungs- und Entwicklungsarbeit im Bereich der intelligenten Raum- und Gebäudesysteme am Fraunhofer-inHaus-Zentrum in Duisburg waren Anlass, das bestehende Hydrauliksystem auf eine 4-stufige Anlage umzubauen. Ziel der Neuinstallation war es, versorgungstechnisch optimale Voraussetzungen zu schaffen, um die wissenschaftlichen Tests am Institut zukünftig störungsfrei und gleichmäßig nach Testvorgaben durchführen zu können. Auf Grundlage des Entkopplungsprinzips der Volumenströme ließen sich die Hydraulikstörungen komplett beheben. Testverbraucher, die vormals energetisch unterversorgt waren, können nun nach Bedarf mit der benötigten Kälte bedient werden. Die Pumpenstromaufwände sanken um ca. 70 bis 85 %, sämtliche Kühlkreise, alle Anschlüsse von Durchmesser DN100 neben DN25 funktionieren gleichzeitig ohne jegliche gegenseitige hydraulische Beeinflussung.
Die Technologie ist so ausgelegt, dass jede Ausführung individuell an das zu versorgende Gebäude und seine Nutzer angepasst werden kann. Art (konventionell und/oder regenerativ; Kälte- und Wärmelieferanten) und Anzahl der integrierten Erzeuger und Verbraucher sind flexibel integrierbar. Die absolut präzise Trennung der Temperaturstufen und die jeweiligen Solltemperaturen werden durch die Leistung der Erzeuger konstant aufrechterhalten. Alle Vorläufe, insbesondere aber auch die niedertemperierten Rückläufe der verschiedenen Heiz- und Kühlkreise, lassen sich getrennt voneinander und hocheffizient durch Einbindung in die passende Temperaturstufe nutzen. Sowohl für die Erzeuger- als auch für die Verbraucherseite schafft die Technologie damit optimale Versorgungsbedingungen: Für den Wärmepumpenbetrieb etwa ermöglicht sie eine niedrige Taktungsfrequenz, optimale Arbeitstemperaturen und lange Laufzeiten.
Wirtschaftlich und öko-intelligent
Ein Planungsbüro, das bereits in der Vergangenheit positive Erfahrungen mit der Integration der Technologie-Lösung gemacht hat, ist das Ingenieurbüro Moser & Partner. Das Büro ist fokussiert auf besonders umweltorientierte gebäudetechnische Gesamtlösungen, die höchstmögliche energetische Einsparungen generieren. Für ihre nachhaltigen Konzepte und Ausführungen erhielten die Ingenieure wiederholt Auszeichnungen. Diese Philosophie und Umsetzungsqualität nutzen sowohl Unternehmen, die ihren Betrieb neu aufbauen oder die einen Standortumbau und -ausbau wirtschaftlich sinnvoll und zugleich öko-intelligent umsetzen möchten.
Das Unternehmen Berger Fahrzeugtechnik GmbH beispielsweise bietet Leichtbau-Lösungen und ist spezialisiert auf die Konstruktion und Fertigung von Sattelaufliegern und Chassis- Konstruktionen. Sie gehört zur österreichischen Berger Unternehmensgruppe unter dem Firmeneigner und Namensgeber Gerhard Berger (österreichischer Ex-Formel-1-Fahrer). In allen Sparten richtet sich das Unternehmen konsequent auf die neuen ökonomischen und ökologischen Anforderungen des Gütertransports aus – darunter fällt neben einer innovativen Produktentwicklung auch das Standortmanagement einschließlich seines Energiehaushalts.
Um Produktionskapazitäten für bis zu 3.000 Fahrzeuge jährlich bereitstellen zu können, investierte der österreichische Hersteller in einen umfangreichen Ausbau seines Produktionsstandorts Radfeld. Dabei wurden Bereiche der bestehenden Produktionshallen umgebaut oder ganz abgerissen und ein neues Verwaltungs- und Fertigungsgebäude auf einer Grundfläche von rund 11.500 Quadratmetern errichtet. Eine neue energetische Versorgung der Gebäude war zentraler Teil des Bauprojekts und wurde mit dem Ziel geplant, eine maximal effiziente, ressourcenschonende Deckung des ausgeprägten Heiz- und Kühlbedarfs vor Ort zu gewährleisten.
Speichersystem Grundwasser
Erzeugerseitig wählten die Ingenieure eine geothermische Versorgungslösung mittels Wasser-Wasser-Großwärmepumpe. Die Nutzung von oberflächennahem Grundwasservorkommen bietet entscheidende Vorteile gegenüber anderen regenerativ-basierten Verfahren: Da die Temperatur des Grundwassers kaum von Luft- oder Sonneneinwirkung beeinflusst wird, bewegt sich diese über den Jahresverlauf hinweg relativ konstant zwischen 8 und 12 Grad Celsius. Das Speichersystem Grundwasser kann somit je nach Bedarf sowohl für Heiz- als auch für Kühlzwecke eingebunden werden.
Um das Grundwasser aus Tiefen von bis zu 20 Metern thermisch nutzen zu können, wurden insgesamt drei Großwärmepumpen installiert: zwei Niedertemperaturwärmepumpen mit je 450 kW Heizleistung und eine Hochtemperaturwärmepumpe mit 185kW. Hinzu kommt ein Plattenwärmetauscher zur Grundwasser-Kühlung mit einer Leistung von 1.050kW.
Damit die Wärmepumpen nicht nur emissionsfrei, sondern auch maximal effizient arbeiten können, wurden die Erzeuger- wie auch die Verbraucherkreise an eine zweigliedrige Anlage gekoppelt, bestehend aus einer Technologie für Heizleistungen in fünf Temperaturstufen zwischen 35 und 70 Grad und einem 6-stufigen System, das Kälte zwischen 8 und 18 Grad Celsius bereitstellt. Die Temperaturen von bis zu 70 Grad werden von den beiden Niedertemperatur- und der Hochtemperaturwärmepumpe geliefert.
In den Sommermonaten ermöglicht ein Wärmetauscher, dass nahezu die gesamte Kälteleistung (1 MW) durch Geothermie gedeckt werden kann. Die Kältekapazitäten werden dafür in die exakt vordefinierte Temperaturschicht auf einem höheren Kühltemperaturniveau der Anlage geleitet. Eine Kältemaschine versorgt die Niedertemperaturkreise. Der Kältekreis „Kühlregister Lüftungsgeräte“ wird aufgrund der hohen Rücklauftemperatur von 17°C mit Grundwasser vorgekühlt und über eine Kältemaschine auf die gewählte Zieltemperatur nachgekühlt. Aufgrund der präzisen Dimensionierung des Hydrauliksystems lässt sich die Kältemaschine mit optimaler Laufzeit einsetzen. Die Wärmepumpe, welche die Niedertemperaturkälte zur Verfügung stellt (ca. 20 % der benötigten Kälteleistung, Rest Grundwasser), liefert gleichzeitig auch Wärme für die Warmwasser-Bereitung (150kW).
In der kalten Jahreszeit wird gezielt die Niedertemperaturabwärme der Druckluftkompressoren sowie der Kältetrockner zur (primärseitigen) Nacherwärmung des Grundwassers genutzt und so der COP (coefficient of performance: Verhältnis von Wärme/Kälte zu Antriebsleistung) der Wärmepumpen zusätzlich verbessert. Die Wärmepumpen verfügen über eine Gesamtleistung von sekundär 1085 kW. Da das Gebäude auf Niedrigtemperatur ausgelegt wurde, ist der Gesamtwärmebedarf mit einem besonders hohen Wirkungsgrad von den Wärmepumpen abdeckbar. Die exakte Schichtung im System unterstützt die effiziente Verteilung der Wärme sowie den Wirkungsgrad der Wärmepumpe selbst wesentlich, indem die von den Wärmepumpen erzeugte Temperatur von 45°C verlustfrei an den Abnehmer geleitet wird. Durch die hydraulische Entkopplung an beiden Anlagen (Kälte und Wärme) kann darüber hinaus eine Pumpenstromeinsparungen von bis zu 90 % erzielt werden (vgl. Infokasten Referenzprojekt Fraunhofer Institut Duisburg).
Fazit
Die drastische Senkung des CO2-Ausstoßes, der flächendeckende Einsatz erneuerbarer Energien und die maximale technologische Ausschöpfung von Effizienzpotenzialen zählen zu den drängendsten Herausforderungen unserer Zeit. Wie sich Energie- und Ressourceneffizienz mittels weitentwickelter Anlagentechnologien wirksam realisieren lassen, zeigen erfolgreiche Projekte auch und insbesondere in Einsatzfeldern mit hoher paralleler Wärme und Kältegrundlast, wie sie in der Fahrzeugindustrie vorliegt. Umweltorientierte Unternehmen können so wichtige Vorteile für die eigene Versorgungssicherheit nutzen, ihren Betriebskostenhaushalt stabilisieren und zugleich einen zentralen Beitrag für den Transformationsfortschritt leisten.