Ein ehrwürdiger Preisträger erstrahlt in neuem Glanz: In den 70er-Jahren errichtet und mit der Hugo-Härig-Auszeichnung bedacht, ist der „Glaspalast Sindelfingen“ seit mittlerweile 40 Jahren in Betrieb. Die rund 3.400 Quadratmeter umfassende Sport- und Veranstaltungshalle im Westen Sindelfingens beherbergte während dieser Zeit zahlreiche sportliche Großereignisse. Der bis heute geltende Weltrekord von Colin Jackson im 60-Meter-Hürdenlauf verschaffte der Halle 1994 auch internationale Bekanntheit. Um den Glanz früherer Zeiten für die Zukunft zu erhalten und die Versammlungsstätte im Hinblick auf Brandschutz und Energieeffizienz auf den neuesten Stand zu bringen, wurde das Gebäude im Jahr 2016 umfassend saniert.
Die 2.500 Quadratmeter große Veranstaltungsfläche wird von einer Vielzahl gläserner Sheddächer überspannt. Diese sowie die ausladenden, markanten Glasfassaden sorgen für eine lichtdurchflutete Umgebung und gaben damit dem Gebäude den Namen „Glaspalast“. Bereits 1977 erbaut, steht diese Sport- und Versammlungsstätte seit 2016 unter Denkmalschutz. Bis zu 5.200 Personen finden hier Platz. Neben sportlichen Großveranstaltungen beherbergte die Halle in den vergangenen 40 Jahren zahlreiche Messen, Kongresse und Konzerte. Doch die Halle kam zuletzt merklich in die Jahre; die Sanierung des Sindelfingener Glaspalastes war unausweichlich. Das undicht gewordene Dach ebenso wie die namensgebenden Glaselemente bedurften einer umfangreichen Erneuerung.
Schonend saniert
Besonders wichtig war es den beteiligten Planern, keine großen Eingriffe an dem bestehenden Design der Halle vorzunehmen. Der Charakter des Gebäudes sollte in jedem Fall erhalten werden. Nicht zuletzt auch, weil der Glaspalast bereits im Jahr seiner Eröffnung die Hugo-Häring-Auszeichnung des Bundes Deutscher Architekten (BDA) erhalten hatte. Die Sanierungsarbeiten sollten daher behutsam vorgenommen werden. Gerade bei den Sheddächern galt es, einige wichtige Anforderungen zu beachten. So musste das eingesetzte Tageslichtsystem beispielsweise in jedem Fall blend- und schlagschattenfrei sein, um störende Einflüsse bei Sportereignissen oder Veranstaltungen zu vermeiden. Zudem sollte ein unangenehmes Aufheizen im Sommer verhindert werden, gleichzeitig aber ein ausreichender Lichtdurchlass gewährleistet sein. Der Einsatz von Kunstlicht sollte auch weiterhin tagsüber nicht nötig werden. Neben dem Erhalt beziehungsweise der Verbesserung der Lichtverhältnisse hatten besonders die energetische sowie die brandschutztechnische Sanierung Priorität.
Ein spezielles Aufsatz-Verglasungssystem erfüllte genau die gestellten Anforderungen. Die Konstruktion ist einerseits höchst wärmedämmend, andererseits bietet sie große Flexibilität im Aufbau und konnte perfekt an die Gegebenheiten vor Ort angepasst werden. Bei dem Aufsatzsystem handelt es sich um eine Pfosten-Riegel-Konstruktion, bestehend aus EPDM-Dichtungs- und Aluminiumprofilen, die auf verschiedene Unterkonstruktionen aufgebracht werden können. Bei dem allgemein bauaufsichtlich zugelassenen System wird die Verglasung mittels Deckleisten in die Profile eingespannt. Dies beugt temperaturbedingten Spannungen vor. Mit einer Verglasungsdicke von 55 Millimetern können Uf-Werte bis 1,2 W/m²K – inklusive des Schraubenanteils – erreicht werden. Die Verglasung kann entsprechend den örtlichen Anforderungen gewählt werden, eine detaillierte Anpassung an die Bedürfnisse des Glaspalastes war daher kein Problem.
Besondere Anforderungen zuverlässig erfüllt
Zusätzlich zur Blend- und Schlagschattenfreiheit stellten die Planer weitere Anforderungen an die neue Verglasung: Um eine energetisch möglichst effiziente Gebäudehülle zu schaffen, fiel die Wahl auf eine gehärtete 2-fach-Isolier-Verglasung. Gefüllt mit Argon-Gas garantiert diese eine gute Wärmedämmung. Eine vollflächig in den Glaszwischenraum eingebrachte Kapillarschicht mit Wabenstruktur schafft einen zusätzlichen Zwischenraum und dient der Streuung des Lichts. Dank der bei den neuen Elementen verdoppelten Formatbreite wird zudem Hitze- und Formatspannungen vorgebeugt. Diese waren in den alten Gläsern immer wieder aufgetreten.
Einbau im laufenden Betrieb
In enger Absprache mit den Verantwortlichen vor Ort plante die JET-Gruppe die Glaselemente für die Sanierung in Sindelfingen. Die neuen Elemente mussten ab Werk genau an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden, um eine problemlose Montage auf der bestehenden Unterkonstruktion zu gewährleisten. Besondere Herausforderung beim Einbau war der eng gesteckte Zeitrahmen, da die Halle auf keinen Fall zu lange beeinträchtigt sein sollte. Außerdem war es wichtig, dass der normale Betrieb auch während der Sanierung weiterlaufen konnte. Die angedachte Bauzeit für die Erneuerung der Glaselemente lag daher bei gerade einmal acht Monaten – eine zügige und problemlose Montage war damit ein Muss.
Um den Betrieb in der Halle während dieser Zeit zu ermöglichen, wurde unter einer sogenannten Einhausung gearbeitet. Dabei schützte ein auf Schienen gelagertes Schutzdach das Montageteam und das Gebäude vor den winterlichen Witterungsverhältnissen. Aus den 60 Meter langen Sheddächern wurde so Stück für Stück die alte Verglasung entfernt und die neue eingebaut.
Was in einem lichtdurchfluteten Sportbau nicht fehlen darf, ist eine gute Frischluftversorgung. Durch ein spezielles Aufsatz-Verglasungssystem mit integrierten Systemflügeln ist eine tägliche Lüftung möglich. In regelmäßigen Abständen in die Lichtbänder eingelassen, sorgen die Flügel für einen natürlichen Luftaustausch über die gesamte Hallenfläche. Die insgesamt 36 Flügel haben jeweils Maße von 150 mal 60 Zentimetern und werden mittels eines Steuerpanels inklusive eines zugehörigen Antriebselements bedient. Um im Sommer eine ausreichende Verschattung der Sportstätte zu gewährleisten und damit eine Überhitzung der Halle zu vermeiden, wurden zudem innenliegende Sonnenschutzelemente jeweils auf der Nord- und Südseite innerhalb der Glasdächer eingebaut. Diese verschatten den Veranstaltungsraum im Bedarfsfall vollflächig. Mit seinen sieben umfassend modernisierten Sheddächern, welche jeweils 60 Meter lang und fünf Meter breit sind, sollte der Glaspalast Sindelfingen nun auch für die kommenden 40 Jahre gut belichtet sein.
Bautafel
Projekt: Glaspalast Sindelfingen
Objektadresse: Rudolf-Harbig-Straße 10, 71063 Sindelfingen
Bauherr und Projektsteuerung: Stadt Sindelfingen, Sindelfingen
Architekt: Behnisch Architekten, Stuttgart, Achim Buhse, Hie Gown Ooh und Kay Kohler
Planung und Fertigung Lichtbänder: JET Brakel Aero GmbH
Gesamtsanierungskosten: rund 6,5 Millionen Euro
Größe: 3.400 Quadratmeter
Kapazität: rund 2.500 feste Tribünenplätze, rund 5.250 Stehplätze
Fertigstellung: März 2016