Der Artikel „Geld oder Liebe“ in der Ausgabe 06/2020 des Deutschen Ingenieurblatts thematisierte die Vorteile von Geschenken gegenüber Sonderzahlungen und/oder Gehaltserhöhungen bei der Bindung von Mitarbeitern an das Unternehmen. Dabei wirkten auch „geldnahe“ Geschenke, wie Gutscheine über einen bestimmten Betrag. In diesem Beitrag wird die konkrete Ausgestaltung solcher Leistungen dargestellt. Vor allem dort, wo der Gesetzgeber steuerliche Möglichkeiten bietet, können entsprechende Lösungen eingeführt werden – zum beiderseitigen Vorteil von Arbeitgeber und -nehmer.
Unabhängig davon, ob dauerhafte Erhöhungen oder eine einmalige Zahlung erfolgen, wird seitens des Finanzamtes und der Sozialversicherungsträger zugelangt, durchaus kräftig.
Die individuelle Steuerbelastung des Mitarbeiters hängt von seinem steuerlichen Gesamteinkommen, der Steuerklasse und möglichen Sonderfaktoren ab. Dabei gilt es nicht den Durchschnitts- sondern den Grenzsteuersatz zu berücksichtigen, sprich die Prozentzahl, welche ein Mitarbeiter auf den letzten zusätzlichen Euro bezahlt.
Auch müssen die Sozialversicherungsbeiträge berücksichtigt werden, solange die jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen nicht überschritten werden, was wiederum nur bei Mitarbeitern der Fall sein dürfte, die hohe Steuersätze bezahlen. Dass sich Arbeitgeber und Mitarbeiter diese Kosten teilen, ist für keinen Betroffenen tröstlich. Es bedeutet aber für den Arbeitgeber, dass diese Kosten zusätzlich zur Lohnerhöhung anfallen. Da Beitrags- und Bemessungshöhen laufend angepasst werden, sei hier auf eine exakte Berechnung verzichtet, überschlägig kann aber ein Satz von 20 % einer Lohnerhöhung angesetzt werden, womit auf jeden Beteiligten ca. 10 % entfallen. Das heißt, dass bspw. eine Lohnerhöhung von 100,- € den Arbeitgeber 110,- € kostet und beim Mitarbeiter vielleicht 60,- € ankommen. Dieselbe Rechnung gilt bei Einmalzahlungen bspw. für Mehrarbeit oder eine Gratifikation am Jahresende.
Steuerliche Möglichkeiten und Grenzen von Geschenken
Es ist dem Fiskus bekannt, dass unter den beschriebenen Verhältnissen nach Auswegen gesucht wird. Aus diesem Grund sind der Gestaltungsfreiheit enge Grenzen gesetzt. Selbstverständlich darf jeder Mensch einem anderen etwas schenken. Dies ist grundsätzlich steuerlich nicht relevant, wenn von Regelungen im speziellen Schenkungs- und Erbrecht abgesehen wird. Problematisch wird die Angelegenheit nur, wenn ein Geschenk als Betriebsausgabe steuerlich angesetzt werden soll, wie das bei üblichen Lohnzahlungen selbstverständlich erfolgt.
Dennoch gewähren der Gesetzgeber bzw. die Rechtsprechung gewisse Möglichkeiten, mit denen der Ansatz als Betriebskosten durch den Arbeitgeber möglich ist, der Mitarbeiter jedoch die zusätzliche Leistung steuerfrei erhält. Dabei fließen verschiedene Aspekte wie die Fürsorge, die Gesundheitsvorsorge oder der Umweltschutz ein, woraus ein Sammelsurium von Möglichkeiten entsteht. Die folgende Auflistung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, enthält jedoch die wesentlichen Möglichkeiten.
Persönliche Anlässe
Zu besonderen Anlässen wie Geburtstag, Hochzeit oder Geburt eines Kindes sind Geschenke bis zu einem Wert von 60,- € steuer- und sozialversicherungsfrei. Damit kann diese Möglichkeit aber nur selten genutzt werden. Teurere Geschenke kann der Arbeitgeber pauschal versteuern, sodass beim Mitarbeiter keine Belastung auftritt, allerdings der Vorteil für das Ingenieurbüro entfällt.
Sachbezüge
Geschenke ohne besonderen Anlass sind monatlich bis zu 44,- € steuerfrei. Damit ergibt sich ein jährlicher Gesamtbetrag von 528,- €. Hier können durchaus „geldnahe“ Möglichkeiten gefunden werden, wie Geldkarten von Internetshops oder Warenhäusern als auch Tankgutscheine. Eine Auszahlung in bar muss jedoch ausgeschlossen sein.
Verpflegung
Die Verpflegung der Mitarbeiter darf ebenfalls unterstützt werden. Da die meisten Ingenieurbüros über keine Kantine verfügen, besteht die Möglichkeit, Kosten des Mitarbeiters zu übernehmen. Für 2020 liegt der steuerliche Sachbezugswerte bei 1,80 € für das Frühstück und 3,40 € für das Mittag- oder Abendessen. Daraus ergibt sich die monatliche Höchstsumme von 258,- € und über das Jahr ein signifikanter Betrag, auch wenn Urlaubs- und Krankheitszeiten nicht berücksichtigt werden können.
Diese Zuschüsse müssen sich tatsächlich auf ein Essen beziehen. Damit muss einerseits die Möglichkeit bestehen, entsprechende Mahlzeiten in der Nähe des Arbeitsplatzes oder auf dem Weg von Wohn- und Arbeitsstätte zu konsumieren, andererseits auch das Interesse beim Mitarbeiter vorhanden sein.
Ebenso ist es bei wechselnden Einsatzorten möglich, die Mahlzeit steuerlich geltend zu machen.
Wo früher jede Mahlzeit mit einem entsprechenden Beleg dokumentiert werden musste, gibt es mittlerweile auch Anbieter, die vereinfachte Lösungen internetbasiert offerieren.
Smartphones, Laptops, Tablets
Dass das Smartphone heute für fast jeden Menschen eine Selbstverständlichkeit ist und für viele Jüngere ein wichtiges Prestigegut darstellt ist bekannt. Nicht wenige streben nach dem jeweils neuesten Modell und verschulden sich, um die teilweise vierstelligen Produktkosten tragen zu können. Befindet sich das Smartphone im Besitz des Arbeitgebers und wird dieses dem Mitarbeiter überlassen, kann auch die private Nutzung erlaubt werden und diese steuer- und sozialversicherungsfrei erfolgen. Auch die laufenden Kosten für Betrieb und Unterhalt können vom Arbeitgeber getragen werden.
Hierbei gilt es allerdings zu beachten, dass einzelne Mitarbeiter unterschiedliche Wünsche haben. Der eine nutzt ein relativ einfaches Produkt möglichst lange, der andere möchte immer das neuste Smartphone verwenden, weshalb individuelle Lösungen notwendig sind. Weiterhin gilt es, mögliche Zusatzkosten im Auge zu behalten und deren Kostenübernahmen zu deckeln und/oder zu begrenzen.
Dienstwagen
Neben dem Wohnen ist das Fahrzeug für die meisten Menschen der größte Kostenfaktor. Häufig auch ein Prestigeobjekt; ist es doch das Gut, welches viele andere zu Gesicht bekommen. Die steigenden Kosten führen dazu, dass immer mehr Menschen Fahrzeuge fremdfinanzieren, von Fahrzeug zu Fahrzeug. Insbesondere, wenn die Zinsen wieder ansteigen, kann hieraus eine kritische Belastung entstehen. Wie viel einfacher erscheint dann die Nutzung eines Dienstwagens. Dabei gilt es allerdings im Vorfeld zu verdeutlichen, dass sich die Versteuerung des Wertes auf den Bruttolistenpreis bezieht und auch der Weg zwischen Wohnungs- und Arbeitsstätte der Versteuerung unterliegt.
Solange der Mitarbeiter nicht ausschließlich alte Gebrauchtwagen erwirbt und diese bis zum sprichwörtlichen bitteren Ende fährt, dürfte ein Dienstwagen attraktiv sein. Da dieser, wie auch andere Güter, mit Beendigung der Tätigkeit zurückgegeben werden muss, trägt dieses Angebot auch zur Mitarbeiterbindung bei.
Der Arbeitgeber trägt sämtliche Kosten, wozu neben Kraftstoff und Versicherung auch Wartung und Service sowie der Wertverlust zählen. Attraktiv ist ein Dienstwagen vor allem, wenn die private Nutzung, auch durch den Lebenspartner, eingeschlossen ist.
Damit sind die Kosten für den Mitarbeiter planbar, jedoch nicht für den Arbeitgeber. Wenn auch eine gewerbliche Nutzung meist ausgeschlossen ist, erhöhen nicht wenige Nutzer ihre Kilometerleistung beachtlich, da diese nicht zu zusätzlichen Kosten führt. Findet beispielsweise der Mitarbeiter in Wuppertal eine Freundin in Dresden, fallen künftig enorme Kilometerleistungen an. Nun kann zwar über den Nutzungsumfang gesprochen werden, rechtsverbindliche Erklärungen können aber nicht eingefordert werden.
Außerdem ist für alle Mitarbeiter offensichtlich, wer über welchen Dienstwagen verfügt. Rasch machen Neid und Missgunst die Runde, weshalb einer transparenten Regelung hohe Bedeutung zukommt.
Für einen Beratenden Ingenieur kann sich bei der Dienstfahrzeugvariante ein hoher Kapitalbedarf ergeben. Zwar kann neben einem Kauf auch ein Leasing durchgeführt werden, scheidet ein Mitarbeiter aber aus bleibt das Fahrzeug im Unternehmensbesitz, solange der Betroffene nicht das Fahrzeug erwerben und beide Seiten sich über den Kaufpreis einig werden. Ein solches Fahrzeug ist nur schwierig an einen anderen Mitarbeiter weiterzugeben. Nicht nur, weil Geschmack und Vorlieben unterschiedlich sind, sondern weil bei der Versteuerung immer die 1 %-Regel greift, die beim Bruttolistenpreis ansetzt– auch wenn das Auto acht Jahre alt ist und 150.000 km gefahren wurden. Besonders kritisch erweist sich diese Situation bei wirtschaftlichen Problemen: Werden Mitarbeiter entlassen, bleibt deren Fahrzeug im Unternehmensbesitz.
Werbeflächen
Eine vergleichsweise kleinere Lösung kann in der Vermietung von Werbeflächen auf dem Fahrzeug eines Mitarbeiters bestehen. Hierfür können bis zu 255,99 € jährlich bezahlt werden, wobei allerdings der Betrag einem Fremdvergleich standhalten muss. Weiterhin muss der Mitarbeiter selbstverständlich mit der Beschriftung seines Fahrzeuges einverstanden sein.
Fahrräder und Elektroautos
Die intensiven Bemühungen der CO2-Reduktion gehen bekanntlich mit steuerlichen Förderungen einher. So müssen Elektrofahrzeuge als Dienstwagen nur mit 0,5 % des Bruttolistenpreises versteuert werden. Die Überlassung eines Fahrrads oder E-Bikes ist für den Arbeitnehmer steuerfrei, der Kaufpreis kann aber vom Arbeitnehmer als Betriebskosten in voller Höhe angesetzt werden. Bleibt nur die Frage, ob der potentielle Nutzer ein solches Gefährt haben möchte.
Fazit
Die oben beschriebenen Leistungen bieten eine wirkungsvolle Möglichkeit der Mitarbeiterbindung, welche sich im wörtlichen Sinne für beide Seiten rechnen kann. Schnell gewöhnt sich der Einzelne an eine Extraleistung, was einem Wechsel des Arbeitgebers im Wege steht, wenn diese Leistungen dann entfallen würden. Da hier der Fiskus aber besonders hinschaut und im Zweifelfall eine missbräuchliche Nutzung unterstellt, sollten entsprechende Regelungen im Vorfeld mit dem Steuerberater abgesprochen werden.