In der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts lebten erstmals mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung in Städten – bis 2050 soll der Anteil laut den Vereinten Nationen sogar auf 70 Prozent steigen. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan nannte unsere Zeit also nicht unbegründet „das Jahrtausend der Städte“. Mit der Stadt verbindet sich seit ihren Anfängen die Hoffnung, als Städter ein besseres Leben führen zu können. Mit der einsetzenden industriellen Urbanisierung fanden die Menschen dort Arbeitsplätze und hatten die Hoffnung, sich aus ökonomischer, politischer und sozialer Beengung befreien zu können.
Heute stehen urbane Standorte meist für moderne Wissensökonomie und Fortschritt. Auch gewinnt die Kernstadt als Wohnort wieder an Bedeutung, da sie als moderne Dienstleistungsstätte fungiert und die Bewohner mit allem versorgen kann: Jobs, Bildungseinrichtungen, Kinderbetreuung, Pflege der Alten und Kranken sowie Freizeit- und Unterhaltungsangebote. Zukunftsforscher sehen ökonomisch betrachtet deshalb Chancen durch höhere Produktivität, Innovationskraft und sinkende Allgemeinkosten pro Einwohner. Gleichzeitig bringt die Urbanisierung jedoch auch Aspekte wie einen hohen Flächenverbrauch in den Ballungsräumen, knappen Wohnraum, dichter werdenden Verkehr und zunehmende Umweltbelastungen mit sich. Damit unter diesen Umständen die Lebensqualität der Stadtbevölkerung nicht sinkt, gilt es, moderne Städte flexibel und funktional zu entwickeln und zukunftsorientierte und nachhaltige Lösungen zu erarbeiten.
Urbane Regionen unter Druck
Urbane Gebiete stehen durch Bevölkerungswachstum, begrenzte Ressourcen und die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels verstärkt unter Druck. Im Gegensatz zu ländlichen Gebieten sind Städte durch die Wärmespeicherung in Stein und Beton sowie die Abwärme aus Wohnungen und Industrie meist wärmer. Außerdem gibt es eine verstärkte Luft- und Lärmbelastung. Grün- und Wasserflächen beeinflussen hingegen das Klima in Städten positiv.
Bäume und Grünflächen sowie Wiesen oder Gründächer sorgen für Abkühlung, dämpfen den Lärm, reinigen die Luft und speichern bei Starkregen Versickerungswasser. Für die Entwicklung neuer Wohngebiete spielt die Integrierung von Grünflächen also eine wichtige Rolle. Bei der Bebauung eines Grundstücks in Teltow stand deshalb Wohnen im Einklang mit der Natur im Fokus. Teltow im Landkreis Potsdam-Mittelmark gehört aufgrund seiner Kombination aus guter Infrastruktur und Natur zu den einwohnerstärksten Kommunen in dem Landkreis. Aufgrund der Nähe zu Berlin und der guten Anbindung haben sich in den letzten Jahren viele Menschen in Teltow niedergelassen, was auch zu einer hohen Nachfrage an Wohnraum führt.
Freiraum in der Natur schaffen
Um möglichst viel Wohnraum zu schaffen, gleichzeitig jedoch die Natur zu schützen, benötigen Städte kreative Lösungen für den Geschosswohnungsbau. Dieser sollte einerseits für Familien und andererseits für ältere Menschen attraktiv sein. Es gilt außerdem, möglichst viele Gelegenheiten für den Aufenthalt im Freien im direkten Wohnumfeld zu schaffen – sei es, um spazieren zu gehen, oder als Platz zum Spielen. In der Vergangenheit befand sich auf dem Grundstück in Teltow eine Villa, die über eine circa 100 Meter lange Allee zu erreichen war. Nachdem das Gebäude abgerissen worden war, blieb die Allee hingegen erhalten. Diese sollte nach Wunsch des Bauherrn auch in das neue Wohnquartier integriert werden. Drei Wohngebäude wurden deshalb so angeordnet, dass der Großteil des alten Baumbestands erhalten blieb. Um einzelne nötige Baumfällungen zu kompensieren, gab es Neupflanzungen. Zudem befinden sich auf dem Grundstück drei Spielplätze für unterschiedliche Altersgruppen von Kindern und Jugendlichen.
Entwicklung eines Quartiers
In den 2019 erbauten Häusern entstanden 44 Wohnungen, vier Ladengeschäfte und mehrere Kellergaragen. Das erste Haus verfügt über zehn Wohnungen auf drei Etagen sowie mehrere Kellerräume im Untergeschoss. Im Erdgeschoss wurde Platz für Ladengeschäfte eingeplant, da reine Wohngebiete nicht mehr zeitgemäß sind. Besteht die Möglichkeit, dass Anwohner in der Nähe Lebensmittel einkaufen, zur Post gehen oder ihre Wäsche in die Reinigung geben können, benötigen sie seltener ein Auto, was wiederum Emissionen einspart. Zudem beleben Geschäfte das Wohngebiet und stellen Treffpunkte für die Bewohner des Quartiers dar. Die Wohnungen umfassen zwei bis vier Zimmer mit einer Größe von 30 bis 100 Quadratmetern und bieten so Platz für alle Generationen. Haus 2 liegt in der Mitte des Grundstücks und beinhaltet 18 Wohnungen; drei von ihnen erstrecken sich als Maisonette über zwei Etagen. Das dritte Haus verfügt über insgesamt 16 Wohneinheiten. Im Untergeschoss befinden sich darüber hinaus 12 Pkw-Stellplätze sowie 16 Kellerräume.
Nachhaltige Gründächer und Luft-Wasser-Wärmepumpen
Für jedes Haus wurde eine Luft-Wasser-Wärmepumpe eingebaut. Die Pumpen befinden sich jeweils im Kellergeschoss des Gebäudes und sind mit dem Außengerät verbunden. Diese Anlagen bedienen auch den notwendigen Bedarf an Warmwasser. Dafür wurden separate Speicher in jedem Gebäude integriert. Die Anlagen entsprechen der Nummer III zum EEWärmeG als Umweltwärme, die mindestens 50 Prozent des Wärmeenergiebedarfs deckt. Außerdem stellen die Pumpen ohne CO2-Ausstoß „Null-Emissionen-Heizungen“ bei Bezug von Ökostrom dar. Mehrere Dachbereiche der Häuser sind außerdem Gründächer. Bei Haus 1 entstanden in allen Geschossen verschieden große Flächen mit extensiver Dachbegrünung, im Haus 2 wurden die bepflanzten Flächen in das dritte Obergeschoss integriert und im Haus 3 in das erste sowie das dritte Obergeschoss.
Sie bieten nicht nur ökologische, sondern auch bauphysikalische Vorzüge. Zum einen speichern die Pflanzen einen großen Teil des Regenwassers und lassen es anschließend verdunsten. Außerdem filtern sie Staub sowie Schadstoffe und verbessern somit die Luftqualität. Zum anderen funktionieren Gründächer im Winter als Wärmedämmung und schützen Wohnungen im Sommer vor hohen Temperaturen, sodass sich Energiekosten reduzieren lassen und bei hohen Temperaturen ein Kühleffekt entsteht.
Gleichzeitig vermindern die bepflanzten Dächer Schallreflexionen. Zudem wirken die Pflanzen als natürlicher Schutzschild für die Dachabdichtung: Die daraus reduzierte Belastung der Dichtung führt häufig zu seltener notwendigen Dachsanierungen.
Versprünge für Privatsphäre
Bei allen Gebäuden wurde mit Rücksprüngen und Laternengeschossen gearbeitet. Versprünge geben den Häusern nicht nur Individualität, sondern sorgen auch für mehr Privatsphäre der Anwohner. Sie sind dabei jedoch keine reinen Wiederholungen – sie lehnen sich an das jeweilige Raumkonzept an und fügen sich an den abtreppenden Fassaden zusammen. Alle einzelnen Etagen der drei Häuser liegen nämlich treppenförmig versetzt übereinander und auch die Balkone stehen hervor. Die Terrassengeländer stellen dabei eine Besonderheit dar. Für die Terrassen wurden Betonplatten verlegt, sodass eine ebenmäßige Fläche entsteht. Die Pfosten der Geländer wurden lediglich auf die Platten montiert und das Geländer an der Hauswand verankert. Durch das Aufstellen um die Terrasse herum ist die Konstruktion sehr stabil und eine Verankerung im Dach nicht notwendig. Diese Maßnahme ist sehr einfach, dabei aber wirtschaftlich und funktional. Große Fenster mit Dreifachverglasung wie auch die Terrassen und Balkone der Wohnungen ermöglichen einen idealen Lichteinfluss und lassen die Bewohner das Grün des Baumbestands sowie teilweise die Sicht auf das angrenzende Waldstück genießen. Die jeweils oberste, dritte Etage der Wohnhäuser entspricht einem Laternengeschoss.