Optik, Einbruchschutz, Schall- und Rauchschutz: Fluchttüren haben häufig weitere Funktionen zu erfüllen – je nach Wunsch des Planers oder Bauherren und dem spezifischen Einsatzort. Unterschiedlich sind zudem die Einbauorte, beispielsweise die Wandanschlüsse (Mauerwerk, Beton, Leichtbau). Baukastensysteme und digitale Planungshilfen eignen sich, um bei dieser Varianz den Planungsaufwand überschaubar zu halten.
Mit dem Baukastenprinzip wird ein Türenmodell durch eine einsatzgerechte Modifikation zur sinnvollen Lösung. Online-Kalkulations-Module sorgen dafür, dass die Bauelemente widerspruchsfrei konfiguriert werden. Dadurch sinkt die Planungszeit ebenso wie der Abstimmungsprozess unter den Baubeteiligten. Türen in Fluchtwegen müssen in der Regel nach außen bzw. in Fluchtrichtung aufschlagen, sich jederzeit leicht öffnen lassen und dürfen maximal eine Schwelle von fünf Millimeter haben. Diese Basisanforderung leuchtet auch sofort ein – schließlich ist sicherzustellen, dass Menschen selbst in Panik fliehen können. Oft kommen jedoch weitere Aspekte hinzu und damit steigt der Komplexitätsgrad bei der Planung einer Fluchttür. Ästhetische Ansprüche lassen sich noch vergleichsweise einfach umsetzen, Brand- und Rauchschutz sind naheliegende Qualifikationen. Besonders knifflig wird es, wenn der Durchgang auch gegen Einbruch zu schützen ist. Dann prallen die Anforderungen „muss von jedem und immer geöffnet werden können“ und „Durchtritt verboten“ aufeinander.
Blick auf die Normen
Schon ein Blick auf die Normen für Türen in Fluchtwegen zeigt: Das ist eine Aufgabe für Fachleute. Und es ist wichtig, stets auf dem aktuellen Normungsstand zu bleiben. Derzeit ersetzen die neuen „Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmung (VV TB)“ die ehemalige Bauregelliste des DIBt. Da diese Länderhoheit sind, wird die Planung wieder aufwändiger (zumindest für die, die in mehreren Bundesländern aktiv sind).
Einfluss haben:
DIN / EN / Bundes- und Landes-Verordnungen
- EN 179 – Notausgangsverschlüsse
- EN 1125 – Panikverschlüsse
- EN 14351-1 – Außentüren (Produktnorm)
- EN 14351-2 – Innentüren (voraussichtlich neue Produktnorm ab Q2/2019)
- EN 16034 – Produktnorm FSA
- DIN 4102-18/ EN 1191 – Fenster- und Türen-Dauerfunktionsprüfung - Prüfverfahren
- DIN 4102- 5 / EN 1634 – 1 (Brandschutz)
- DIN 18 095 / EN 1634 – 3 (Rauchschutz)
- Landesbauordnungen und landesspezifische VV TB
- Betriebsstätten-Verordnung
- DIBt-Richtlinien für Feststellanlagen
Außerdem ist darauf zu achten, welcher Bauwerkstyp vorliegt oder welches Schließsystem zum Einsatz kommen soll. Nicht zuletzt beeinflusst die individuelle Wahl bei Sicherheit, Komfort und Optik das Bauelement, was am Ende eingebaut wird.
Anforderungen
Erste Anforderung ist die Größe der Tür. Je mehr Personen im schlimmsten Fall flüchten müssen, desto breiter muss der Durchgang sein (selbstverständlich gilt das Gebot der Schwellenfreiheit). Auch der Gebäudetyp beeinflusst die Fluchtwegeplanung. In gewerblich genutzten Bauwerken gelten beispielsweise über die Betriebsstätten-Verordnung weitere Auflagen, einige Landesbauordnungen (LBO) legen Mindesthöhen für Durchgänge in öffentlichen Gebäuden fest (Beispiel Berlin: Lichter Durchgang mind. 2.000 mm). Zu unterscheiden ist auch zwischen Gebäuden, in denen nur autorisierte Personen Zutritt haben und öffentlich zugänglichen Bauwerken. Denn wer sich im Gebäude auskennt (z. B. am Arbeitsplatz), reagiert bei Gefahr in der Regel rationaler als bei Ortsunkenntnis.
Im zweiten Fall droht Panik. Das Gebäude muss für diesen Fall so ausgerüstet sein, dass jeder sofort und intuitiv den nächsten Ausgang ansteuert und diesen problemlos öffnen kann. Wichtig ist auch, dass jede Person die Tür in Fluchtrichtung ohne Schlüssel oder andere Hilfsmittel öffnen können muss. Vor der Festlegung von Feuerwiderstandsklasse, Elementgröße, Rauchschutz etc. ist also zunächst eine genaue Analyse der länderspezifischen und bauwerkstypologischen Aspekte durchzuführen.
Mit der Wahl der Tür ist es allein noch nicht getan: Auch die Beschläge sind unter dem Gebot der Fluchtwegsicherung zu definieren. Hierfür kommen nur Drücker-Schloss-Kombinationen (bzw. Panikstangen-Kombinationen) infrage, die als Einheit geprüft sind. Je nach Bauprojekt gelten die Eckwerte für Not- bzw. für Panikausgänge. Im Panikfall reichen konventionelle Türdrücker nicht aus! Hier bewähren sich Panikstangen. Besonders elegant sind „Touchbars“: Sie laufen über die gesamte Türbreite, stehen aber im Gegensatz zu konventionellen Stangengriffen rund ein Drittel weniger in den Raum. Diese Technik ist bereits nach der EN 1125 für Fluchtwege zugelassen. So bleibt vor der Tür mehr Platz und an der kompakten Bauform kann sich nichts verhaken.
Immer häufiger wird zusätzlich zum Feuerschutz auch Rauchschutz gefordert. Die Kombination von Feuer- und Rauchschutz kann mittlerweile als Stand der Technik angesehen werden und sollte möglichst immer so umgesetzt werden, um optimale Sicherheit zu gewährleisten. Selbst wenn nur eine dieser Leistungseigenschaften gefordert ist, sollte geprüft werden, ob nicht doch die Kombination zum Einsatz kommt, denn in der Regel sind Fluchtwege immer mit Rauchschutztüren versehen.
Sonderfall Außentür
Gerade bei Außentüren kommt es zum Interessenkonflikt zwischen der Fluchtvorgabe „unverschließbar“ und Zugangskontrolle bzw. Einbruchschutz. Eine einfache Lösung ist ein Knauf anstelle des Drückers auf der Außenseite. Selbstverriegelnde Anti-Panikschlösser (SVP) bieten höheren Einbruchschutz bis zur Widerstandsklasse RC4. Derart ausgestattete Türen lassen sich von innen einfach über den Türdrücker öffnen, schließen dann selbsttätig und verriegeln sofort – je nach Ausstattung auch mit Mehrfachverriegelung. Aufwändiger wird es, wenn ein Fluchtweg gewöhnlich geschlossen ist und nur im Brand- oder Panikfall als Ausgang dient. Beispiele finden sich in Kaufhäusern: Damit Diebe nicht einfach mit der Ware durch den Notausgang marschieren, sind zusätzliche Sicherheitsmodule erforderlich. Alarmanlagen, die das Öffnen einer Tür melden und geschützt liegende Fluchttüröffner, die das „versehentliche“ Öffnen verhindern, sind geeignete Schutzvorrichtungen. Noch individuellere Lösungen lassen sich mit elektronischen Steuereinheiten realisieren, zum Beispiel zeitabhängig freigegebene bzw. geschlossene Türen.
Beispiel Kindergarten: Der freie Zugang wird auf die Bringzeiten am Morgen und die Abholzeiten am Mittag beschränkt, vormittags bleibt die Tür verschlossen. Das schützt vor unkontrolliertem Zutritt und verhindert, dass die Kinder den Kindergarten alleine verlassen. Ein entsprechend hoch montierter Taster erlaubt das Öffnen der Tür von innen nur durch die Eltern und das Personal.
Besonderheiten bei Innentüren
Auch bei Innentüren kommt oft ein Zugangsschutz als zusätzliche Funktion hinzu. Auch hierzu ein Beispiel: Fluchtwege können durch Gebäudeteile führen, die im Normalbetrieb nur von ausgewählten Mitarbeitern betreten werden dürfen. Bei einer Katastrophe muss der Durchgang jedoch für jeden sofort frei sein. Für dieses Profil gibt es die Zugangskontrolle mit Fluchtwegterminal: Ist er „scharf“, ist die Tür verschlossen und nur durch einen Schlüssel oder eine Chipkarte zu entsperren. Im Notfall lässt sich ein Deckel am Terminal einschlagen. Das unterbricht die Scharfstellung, die Tür lässt sich öffnen, löst aber auch sofort Alarm aus. Anders liegt der Fall, wenn ein Feuerschutzabschluss im Normalbetrieb offen stehen soll. Beispiel hier: Flure in Altenheimen und Krankenhäusern. Dann eignen sich Feststellanlagen mit autarker Rauch- und Branderkennung, die die Flügel bei Feuer selbstständig schließen. Liegen die Türen im Fluchtweg, gelten die Normen für die Öffnungsmöglichkeiten (im Brandfall) zusätzlich. Generell sind dafür Verschlüsse einzusetzen, die die Tür auch ohne elektrische Energie brandschutztechnisch zuhalten.
Einfache und schnelle Planung mit digitalen Tools
Die Konfiguration einer Tür im Fluchtweg kostet schnell eine halbe Stunde Zeit. Schneller geht das mit digitalen Online-Planungstools wie dem Programm TEO („Teckentrup einfach online“). Damit ist nicht nur die Auswahl der Tür bequemer, sie wird auch sicherer: Plausibilitätsroutinen stellen sicher, dass das Bauelement widerspruchsfrei zusammengestellt wird. Weitere Features wie Stücklisten und technische Zeichnungen erleichtern die Arbeit zusätzlich und verkürzen den Planungsaufwand erheblich.
Weitere Vorteile bieten Baukastensysteme sowohl mit Blick auf die Montagezeit als auch mit Blick auf die zahlreichen Ausstattungsmöglichkeiten. Ausgereifte Türmodelle (wie die „62-er Serie“ von Teckentrup) bieten eine breite Palette an Farben, Größen, Zusatzausstattungen und weiteres Zubehör. Wer sich innerhalb dieser Serie bewegt, hat dabei immer die Sicherheit, ein zugelassenes Bauelement zu planen.
Ästhetik im Fluchtweg
Besonders in öffentlich zugänglichen Bereichen gelten hohe Ansprüche an die Ästhetik und das Design einer Tür. Attraktive Türen in Fluchtwegen sind längst kein Problem mehr. Zudem gibt es mittlerweile wirtschaftliche Lösungen wie das spezielle Designprofil-FB von Teckentrup, das eine ästhetische flächenbündige Ansicht von Tür und Zarge ermöglicht. Auch sonst sind der Kreativität kaum noch Grenzen gesetzt: Farbtöne, Glaseinlässe (in Fluchtwegstüren sogar besonders sinnvoll), elegante Beschläge– normgerechte Angebote gibt es für jeden Wunsch.
Ausblick
Digitalisierung und Smart Home treiben die Entwicklung auch bei Fluchttüren voran. BUS-Systeme binden Türen in Facility-Management-Systeme ein, Zugangskontrolle geht schon heute auch mit Iris-Kennung. Montagesysteme mit einer Arbeitsspannung von 12/24 Volt dürfen auch von Nicht-Elektrikern installiert werden. Damit können Verarbeiter umfassende „Alles aus-einer-Hand-Angebote“ formulieren (die Tür ist dann nur bauseitig von einer Elektrofachkraft an das Stromnetz anzuschließen).