Der Trend in der Architektur geht zum Gebäude als flexibel anpassbares Habitat, das langfristig und multifunktional nutzbar ist. Anlagentechnische Lösungen des Brandschutzes sollen Betreibern und Nutzern von multifunktionalen Gebäuden nicht nur Sicherheit, sondern darüber hinausgehende Mehrwerte bieten.
Multifunktionale Gebäude sind eine Antwort von Planern und Investoren auf die sich immer schneller verändernden gesellschaftlichen Strukturen. Für die Nutzer bieten multifunktionale Gebäude den Vorteil, dass Arbeit, Wohnen und Freizeit leicht gekoppelt werden können. Brandschutz- und Elektroplaner sowie Errichter stellt diese Entwicklung jedoch vor so manche Herausforderung. Nicht zuletzt müssen baurechtliche Vorgaben und die wirtschaftlichen Interessen der Gebäudebesitzer und Investoren unter einen Hut gebracht werden.
Die Bedeutung des Nutzungskonzepts
In multifunktionalen Gebäuden findet sich heutzutage ein mannigfaltiger Nutzungsmix. Teile desselben Gebäudes dienen beispielsweise als Tiefgarage, Verkaufsstätten, Büros, Wohnungen, Restaurant oder als Hotel. Um den Anforderungen an ein solches Gebäude aus Sicht des Brandschutzes gerecht zu werden, ist das Nutzungskonzept von besonderer Bedeutung. Es ist eine der wichtigsten Grundlagen zur Erarbeitung des Brandschutzkonzeptes und des späteren Brandmelde- und Alarmierungskonzeptes. In das Brandmelde- und Alarmierungskonzept fließen neben den bauordnungsrechtlichen Vorgaben aus dem Brandschutzkonzept auch weitere Anforderungen an Brandmeldung und Alarmierung ein, zum Beispiel Versicherungsauflagen, architektonische Bedürfnisse oder Anforderungen der Feuerwehr.
Gesetze, Verordnungen und individuelle Schutzziele
Multifunktionale Gebäude werden bauordnungsrechtlich in der Regel als Sonderbau eingestuft. Damit gelten unter anderem Sonderbauvorschriften, welche die Regelungen der jeweiligen Landesbauordnung ergänzen. Dazu gehören etwa die Hochhausrichtlinie, Verkaufsstättenverordnung, Versammlungsstättenverordnung oder die Beherbergungsstättenverordnung. Nahezu alle diese Sonderbauvorschriften fordern anlagentechnische Lösungen zur Branderkennung und Alarmierung. Zudem sind auch alle weiteren Vorgaben der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB) des jeweiligen Bundeslandes einzuhalten, beispielsweise die jeweils gültige Leitungsanlagenrichtlinie (LAR). Neben den bauordnungsrechtlichen Schutzzielen an den Brandschutz können sich weitere privatrechtliche Schutzziele ergeben. Das sind zum einen Versicherungsauflagen, zum anderen zivilrechtliche und betriebswirtschaftliche Überlegungen wie die Verkehrssicherungspflicht, Produktionssicherheit, Arbeitsplatzsicherung oder der Sachwertschutz. Für die Betreiber und Investoren von modernen Gebäudekomplexen ist es neben diesen Faktoren jedoch auch wichtig, dass das Gebäude zweckgemäß und ohne Einschränkungen (u. a. für Instandhaltungszwecke) genutzt werden kann. Zudem besteht oft der Wunsch nach maximaler Flexibilität, etwa bei Nutzungsänderungen. Die Anforderungen des Bauordnungsrechts hinsichtlich des anlagentechnischen Brandschutzes sind entsprechend komplex. Multifunktionale Gebäude erfordern Lösungen, die die bauordnungsrechtlichen Vorgaben in vollem Umfang erfüllen und auch den Erwartungen nach Wirtschaftlichkeit, Planungssicherheit und Zukunftsfähigkeit gerecht werden.
Wohnungen
Aufgrund der Vorgaben der Landesbauordnungen müssen Schlafzimmer, Kinderzimmer und Flure innerhalb von Wohnungen mit Rauchwarnmeldern ausgestattet werden. Die Muster-Hochhaus-Richtlinie fordert darüber hinaus für Hochhäuser Rauchwarnmelder mit Netzstromversorgung. Rauchwarnmelder mit 10-Jahres-Batterie können hierfür als gleichwertige Lösung eingesetzt werden, da sie sich bezogen auf das Schutzziel nicht von solchen mit Netzstromversorgung unterscheiden. Dieser Aspekt wurde beispielsweis auch bei der Überarbeitung der Sonderbauverordnung in NRW berücksichtigt, die zum 15.11.2019 in Kraft trat. Die Tauschverpflichtung des Melders gemäß der gültigen Anwendungsnorm DIN 14676-1 gilt im Übrigen sowohl für netzstromversorgte als auch für batteriebetriebene Rauchwarnmelder.
Garagen
Gemäß der Garagenverordnung (MGarVO) sind geschlossene Mittel- und Großgaragen mit einer Brandmeldeanlage auszustatten, wenn auch für die damit verbundenen Gebäude eine solche verlangt wird. Zur Überwachung solcher Garagen bieten sich linienförmige Wärmemelder an, die nach EN 54-22 geprüft und zugelassen sind. Sie weisen eine hohe Detektionssicherheit auf. Je nach eingesetztem Produkt können diese Melder sowohl vor Ort als auch aus der Ferne konfiguriert und analysiert werden.
Aufzugsschächte
Zur Überwachung von Aufzugsschächten eignen sich Ansaugrauchmelder. Die nach EN 54-20 geprüften Geräte verfügen über eine hohe Täuschungsalarmsicherheit und sind auch für geräuschsensible Umgebungen geeignet. Erforderliche Steuerungen, zum Beispiel für die Brandfallsteuerung des Aufzugs, können durch die Nutzung von Voralarmen frühzeitig und ohne Drittsysteme ausgelöst werden. Die Montage der Auswerteeinheit außerhalb des Aufzugsschachtes lässt eine einfache und schnelle Instandhaltung zu – der Aufzug kann in Betrieb bleiben. Auch Ansaugrauchmelder können je nach eingesetztem Produkt sowohl vor Ort als auch aus der Ferne konfiguriert und analysiert werden.
Küchen
Bei der Überwachung von Küchenbereichen kommt es beim Einsatz von Rauchmeldern häufig zu Täuschungsalarmen. Wärmemelder lösen dagegen oft zu spät aus, insbesondere wenn es beispielsweise außerhalb der Betriebszeiten zu einem Kurzschluss bei einem der Küchengeräte kommt. In kleinen bis mittelgroßen Restaurantküchen empfehlen sich daher Mehrfachsensormelder, die neben Rauch und Wärme auch Kohlenmonoxid (CO) detektieren können. Dank ihrer CO-Sensorik und intelligenter Algorithmen gehen sie weit über die Anforderungen an Rauchmelder (EN-54-7) und Wärmemelder (EN 54-5) hinaus und bieten eine frühzeitige und täuschungsalarmsichere Branderkennung. Während der Betriebszeiten der Küche empfiehlt sich der Betrieb nach EN 54-30 (Wärme und CO). Außerhalb der Betriebszeiten kann über eine Zeitsteuerung die Rauchdetektion nach EN 54-29 als unabhängiges zusätzliches Kriterium zugeschaltet werden. Es gibt bereits seit einiger Zeit Melder am Markt, die die Normen EN 54-5, EN 54-7, EN 54-29, EN 54-26 und EN 54-30 ganzheitlich abdecken. Dies ermöglicht eine maximale Flexibilität bei Nutzungsänderungen.
Offenhalten brandschutzrelevanter Türen
Brandschutzrelevante Türen müssen bestimmungsgemäß geschlossen gehalten werden, um die Ausbreitung tödlicher Rauchgase über das gesamte Gebäude zu verhindern. Sie dürfen jedoch offen gehalten werden, wenn sie mit einer bauaufsichtlich zugelassenen Feststellanlage ausgestattet sind. Normalerweise sind Feststellanlagen autarke Systeme (FSA Typ 1).
Sprachalarmierung
In zahlreichen Sonderbauten werden Alarmierungsanlagen gefordert, die über die Möglichkeit verfügen, im Gefahrenfall Anweisungen an Personen zu erteilen. Gleichzeitig ergibt sich bei den unterschiedlichen Nutzungen des Gebäudes der Bedarf, flexible Beschallungssysteme einzusetzen. Sprachalarmanlagen ermöglichen nicht nur im Gefahrenfall eine sichere Räumung, sondern auch die Weiterleitung wichtiger Durchsagen und Informationen im Normalbetrieb des Gebäudes. Auch eine Musikbeschallung ist möglich. Für höreingeschränkte Personen können induktive Höranlagen integriert werden. Zudem erlauben einige Systeme am Markt auch die Steuerung von Uhrenanlagen.
Planungsunterstützung –so wichtig wie das Produkt
Multifunktionale Gebäude stellen hinsichtlich des Brandschutzes hohe Anforderungen an Ingenieure, Architekten, Fachplaner und Errichter. Nicht nur die passenden Produkte, sondern auch die persönliche, projektspezifische Beratung und Planungsunterstützung vor Ort ist eminent wichtig. Aus diesem Grund setzen einige Hersteller auf einen intensiven Austausch mit ihren Kunden und Partnern. Sie bieten Planern und Errichtern Dienstleistungen rund um das Thema Planen und viele digitale Tools, die die tägliche Arbeit erleichtern. Ein Beispiel ist ein Ausschreibungsassistent von Hekatron Brandschutz. Er führt Nutzer in wenigen Schritten zu einer vollständigen Ausschreibung sowohl für Brandmelde- und Sprachalarmanlagen als auch für Feststellanlagen und Rauchwarnmelder – und dies ohne detaillierte herstellerspezifische Produktkenntnisse. Dabei stellt er nicht nur die Ausschreibungstexte in den gängigen Formaten zur Verfügung, sondern vervollständigt die Ausschreibung auch mit der technischen Dokumentation, Produktbildern und vielem mehr.
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