Ein Dachgewächshaus in Köln-Ehrenfeld

Vertical Farming

Bauplaner 07-08/2023
Gebäudetechnik
Stadt- und Raumplanung
Green Engineering: Umwelt, Energie, Mensch
Energie • Klima • Dämmung
Inmitten des Kölner Stadtgebiets, dem Lichthof in Köln Ehrenfeld, entsteht ein Vertical Farming Konzept: Auf einem bestehenden Wohngebäude wird ein Gewächshaus errichtet. Die Bewohnenden des Lichthofs organisieren die Pflanzenanzucht und profitieren im Gegenzug von den Erträgen.

Einen bilanziell klimaneutralen Betrieb ermöglicht eine Photovoltaik-Anlage, die den Strombedarf deckt. Das innovative Konzept macht eine Doppelnutzung der bereits bebauten Fläche möglich und leistet einen Beitrag zur nachhaltigen und ressourcenschonenden Nahrungsmittelproduktion in urbanen Räumen.

Gewächshauskonstruktion
Das etwa 87 Quadratmeter große Gewächshaus ist in zwei Nutzungsbereiche unterteilt. Der Eingangsbereich dient der Voranzucht der Pflanzen. Im hinteren Bereich befindet sich der Hauptanzuchtbereich mit den Vertical Farming Systemen. Das Gewächshaus wird mit einer tragenden Struktur aus Konstruktionsvollholz mit feuchtebständigem weißen Anstrich errichtet. Die hellen Oberflächen sollen zur optimalen Tageslichtverteilung beitragen. Um das Gewächshaus ganzjährig nutzen zu können, werden für die Außenfassade wärmeisolierende und recycelbare Polycarbonat-Doppelstegplatten verwendet. Die Versorgungsleitungen verlaufen im Bodenzwischenbereich, weshalb ein Systemboden mit revisionierbaren Platten für das Gewächshaus vorgesehen ist.

Zur Steigerung der Ertragszahlen besteht die Möglichkeit, den bestehenden Anzuchtbereich um eine zweite Ebene zu erweitern.
 

Photovoltaik
Das Projekt setzt auf klimaneutrale Stromversorgung, indem es semitransparente Photovoltaikmodule mit einem Transparenzgrad von 51 Prozent auf dem Dach des Gewächshauses installiert. Diese BIPV-Module ermöglichen es, den Strombedarf des Betriebs durch die Sonnenenergie bilanziell zu decken. Durch die transparenten Module wird eine Synergie aus Stromerzeugung und Tageslichtnutzung für die Pflanzenanzucht erzielt.

Hydroponik
Hydroponik ist eine Methode des Pflanzenanbaus, bei der Pflanzen in einer wasserbasierten Nährstofflösung ohne Erde wachsen. Durch optimale Steuerung von Wasser, Nährstoffen und pH-Wert lassen sich auf kleinem Raum höhere Erträge erzielen.

Nährstoffilmtechnik (NFT)
Bei der verwendeten Nährstofffilmtechnik (NFT) wachsen die Pflanzen in flachen Kanälen. Eine Nährstofflösung wird zyklisch durch die Kanäle gepumpt und gelangt über die Wurzeln zu den Pflanzen. Die Technik eignet sich ideal Umluftventilator und die LED-Beleuchtung nach Bedarf angesteuert.
 

Vertical Farming ist eine Methode zur landwirtschaftlichen Produktion, bei der Pflanzen in vertikalen Schichten in einem kontrollierten Umfeld wachsen. Durch die vertikale Anordnung lassen sich auf begrenztem Raum mehr Nahrungsmittel produzieren und Transportwege reduzieren. Die Methode kann den ganzjährigen Anbau von Gemüse und Obst ermöglichen, spart zudem Wasser und verringert den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.


Um das Gewächshaus ganzjährig nutzen zu können, ist im Winter eine Innentemperatur von mindestens 5°C angestrebt. Die Abwärme der darunterliegenden Wohnnutzung kann einen Teil der benötigten Wärmelast abdecken. Der restliche Wärmebedarf wird durch Abwärme der LED-Pflanzbeleuchtung und eine zuschaltbare Fernwärmeheizung bereitgestellt. Die Beleuchtung wird bei kleiner Sonneneinstrahlung bedarfsgerecht durch die Klimasteuerung angeschaltet und verlängert den für schnellwachsende Pflanzen mit kurzer Lebensdauer, beispielsweise Salate, Blattgemüse und Kräuter.

Systemkonstruktion
Die Installation der NFT-Kanäle erfolgt in einem A-Frame-System, bei welchem die Pflanzrinnen auf einer spitz zulaufenden Stahlkonstruktion angeordnet sind. Der Aufbau spart Platz und bietet den Pflanzen ausreichend Licht.

Zusätzlich können an der Unterseite der NFT-Kanäle LED-Leisten angebracht werden, um auch bei ausbleibendem Sonnenlicht ein optimales Wachstum zu garantieren.

Die Ausführung der Stahl A-Frame-Systeme und der NFT-Kunststoffrinnen erfolgt als Stecksystem, um Erweiterungen, Reparaturen und die Wiederverwertung zu gewährleisten.
 

Gebäudetechnik
Anfallendes Regenwasser wird über umliegende Dachflächen in einer unterirdischen Regenzisterne aufgefangen und für die Bewässerung im Gewächshaus genutzt. Das periodisch auszuwechselnde Wasser der Hydroponiksysteme mit noch enthaltenen Düngerresten wird zentral gesammelt und für die umliegende Bepflanzung im Außenbereich verwendet.

Für optimale Wachstumsbedingungen im Gewächshaus sorgt ein spezieller Klimacomputer. Durch Messung der Innen- und Außentemperatur, Luftfeuchte und Lichteinstrahlung werden die motorgesteuerten Lüftungsklappen, ein Wachstumszyklus der Pflanzen. Hierdurch lässt sich eine saisonunabhängige Ernte gewährleisten.
 

Key-Facts

  • etwa 78Prozent Platzersparnis gegenüber konventioneller Landwirtschaft
  • 58Quadratmeter Photovoltaik – Jahresertrag: 5.100 kWh/a – bilanzielle Deckung des Gesamtstrombedarfs 
  • etwa 87Prozent Wasserersparnis gegenüber konventioneller Landwirtschaft
  • Monatlicher Ernteertrag von rund 920 Pflanzen

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